Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Ein würdiger Nachfolger“
Manuel Neuer stellt mit seinem 95. Länderspiel im DFB-Trikot den Torhüter-Rekord von Sepp Maier ein
LEIPZIG (SID/dpa) - Sepp Maier verneigte sich vor seinem „würdigen Nachfolger“Manuel Neuer. „Das hat er verdient. Wenn’s jetzt 40 Jahre gedauert hat, bis wieder einer kommt – ja dann hat’s eh lang genug gedauert“, sagte Maier und fügte lachend an: „Da sieht man, was das für eine großartige Leistung von mir war.“Es hat sogar über 41 Jahre gedauert, bis ein deutscher Nationaltorhüter den Rekord von 95 Länderspielen der Katze von Anzing erreicht. Neuer wird im Nations-League-Duell in Leipzig gegen die Ukraine gleichziehen und Maier am Dienstag (beide 20.45 Uhr/ZDF) in Spanien überholen.
Bundestrainer Joachim Löw stimmt vor Neuers Rekordspiel eine Hymne auf seine Nummer 1 an. „Manuel Neuer ist ein Ausnahmetorhüter, ein Glücksfall für den Fußball in Deutschland. Für die Entwicklung unseres Spiels und für die Erfolge in der vergangenen Dekade war er einer der größten Faktoren“, schwärmte der Bundestrainer: „Rekord-Nationaltorhüter im Torhüterland Deutschland – das ist eine besondere Leistung.“
Und ein Ende von Neuer im DFBTor scheint nicht in Sicht. Maier ist überzeugt davon, dass Neuer als erster deutscher Torwart auch die magische Hunderter-Marke überbieten wird: „Manuel Neuer wird bestimmt über 120 Länderspiele bestreiten.“Der 76-Jährige sieht schließlich keinen Grund, warum Neuer in absehbarer Zeit abtreten sollte: „Warum denn? Dem fehlt ja nichts.“Wie lange es noch so weitergeht? „Er wird noch mit 39 Jahren hervorragende Leistungen bringen. Das traue ich ihm zu“, sagte Maier bei Sport1. So weit will der 34-Jährige vom deutschen Rekordmeister Bayern München aber noch nicht denken. Nach Verletzungen am linken Mittelfuß fürchtete Neuer vor der WM 2018 sogar um die Fortsetzung seiner glanzvollen Karriere. Doch der viermalige Welttorhüter hat zu seiner absoluten Bestform zurückgefunden und treibt die gegnerischen Stürmer wieder zur Verzweiflung.
Sein Debüt in der DFB-Auswahl gab Neuer am 2. Juni 2009 im Rahmen einer Asienreise. Beim 7:2-Erfolg in Dubai gegen die Vereinigten
Arabischen Emirate musste der damals 23-Jährige nach zwei Distanzschüssen hinter sich greifen. Auf seinen berühmten Reklamier-Arm nach Gegentoren verzichtete Neuer damals noch. Oft musste er den Arm im Nationaltrikot ohnehin nicht heben. Im Schnitt kassierte der gebürtige
Gelsenkirchener weniger als ein Gegentor pro Spiel. Doch Neuer begeistert nicht nur mit seinen Reflexen. Seine Interpretation des Torhüterspiels ließ ihn zu einem elften Feldspieler werden. Im WM-Achtelfinale 2014 gegen Algerien glänzte er als Manu, der Libero. „Er hat das Torhüterspiel
auf eine höhere Ebene gehoben“, sagt Bundestorwarttrainer Andreas Köpke. Als Feldspieler, so Köpke, könne Neuer locker in der 3. Liga mitspielen. Das hatte auch Pep Guardiola während seiner Zeit in München erkannt. Der Spanier ließ sich angeblich nur mit Mühe abbringen, Neuer im Mittelfeld auszuprobieren.
Im Tor verkörpert Neuer aber weiterhin Extraklasse. „Es ist ein bisschen Wettbewerbsverzerrung“, sagte Trainer Thomas Tuchel von Paris St. Germain nach Neuers Paraden im Champions-League-Endspiel gegen den FC Bayern im August (0:1).
Für Neuer war es der zweite Triumph in der Königsklasse. Sepp Maier gewann den Europapokal der Landesmeister sogar dreimal. Auch da möchte Neuer einen seiner Vorgänger im Bayern-Tor noch einholen. An ein Ende seiner Laufbahn denkt er daher noch nicht. „Jeder Profi hat nur eine Karriere. Wenn man die beendet, gibt es kein Zurück mehr“, sagte Neuer, dem im Gegensatz zu Maier noch ein großer Titel fehlt: Europameister. Diese Lücke kann er im kommenden Jahr schließen.