Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Hettingen hebt Gebühren für Trinkwasser und Abwasser an
Kritische Gemeinderäte lassen sich am Ende doch noch überzeugen
HETTINGEN - In Hettingen steigen ab dem kommenden Jahr die Gebühren für Wasser und Abwasser. Diese Entscheidung fiel in der Sitzung des Gemeinderats am Dienstag, obwohl die Räte zunächst Bedenken gegenüber dem entsprechenden Vorschlag der Stadtverwaltung äußerten: Sie verwiesen auf die wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie, ließen sich dann aber nach eingehender Debatte von der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Preiserhöhung überzeugen.
Zunächst stand die Entscheidung über die Abwassergebühren auf der Tagesordnung. Wie Kämmerer Werner Leipert berichtete, waren diese zuletzt 2014 angehoben worden – von 3,04 auf 3,50 Euro pro Kubikmeter. Damals entschied sich der Gemeinderat für eine Erhöhung, die geringer ausfiel als von der Verwaltung vorgeschlagen. Seit 2014 investierte die Stadt fast 450 000 Euro in die Abwasser-Infrastruktur. Leipert legte die Ergebnisse der vergangenen Jahre vor: 2016 wurde im Abwasserbereich ein Überschuss in Höhe von 32 600 Euro erwirtschaftet, im Jahr darauf waren es noch 17 300 Euro. Dann aber folgten drei Jahre mit Defiziten: 2018 in Höhe von 56 000 Euro, 2019 in Höhe von 36 500 Euro und 2020 in Höhe von 40 100 Euro.
Die Stadt müsse reagieren und die Gebühren erhöhen, sagte der Kämmerer. Er schlug vor, die Gebühr für Schmutzwasser von 3,50 auf 3,90 Euro anzuheben und die für Niederschlagswasser von 35 auf 30 Cent zu senken. Wie Leipert betonte, verzichtete die Stadt darauf, die Defizite der Vorjahre in diese Berechnung mit aufzunehmen: Verluste aus den Vorjahren spielen dabei keine Rolle.
Anschließend entzündete sich eine Debatte über die vorgeschlagene Erhöhung. Holger Bohner und Werner Steinhart gaben zu bedenken, dass die Haushalte im kommenden Jahr durch die Folgen der CoronaPandemie wirtschaftlich belastet werden – etwa durch höhere Kosten für Strom und Heizung. Viele Menschen seien in Kurzarbeit, für das kommende Jahr werde mit einem deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit gerechnet. Deshalb regten sie an, die Gebühren etwas geringer anzuheben. Auch Gertrud Schüle sprach sich für moderate Steigerungen in kürzeren Abständen aus.
Wie Werner Leipert erläuterte, sollten Städte und Gemeinden bei den Gebühren kostendeckend arbeiten. Sonst drohe ihnen die Nichtberücksichtigung bei der Bewilligung von Zuschüssen, sagte er. Bürgermeisterin Dagmar Kuster trug weitere Argumente vor: „Wir holen nicht rein, was wir in den vergangenen Jahren an Defiziten hatten. Das hat der Haushalt getragen. In den vergangenen sechs Jahren haben wir die Bürger sparen lassen und die Defizite übernommen“, sagte sie. Wegen hoher Steuereinnahmen habe die Stadt dieses Vorgehen verantworten können. Nun aber stünden hohe Investitionen bevor. Um für 2021 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen zu können, müssten demnächst auch die Steuersätze angepasst werden. „Ansonsten werden wir überlegen müssen, welche Investitionen wir streichen“, sagte die Bürgermeisterin. Nach sieben Jahren mit konstanten Abwassergebühren sei es nun an der Zeit nachzujustieren.
Gerhard Sprißler konnte die Argumente nachvollziehen: „Für mich schließt sich der Kreis. Eine Erhöhung von 13 Prozent in sieben Jahren macht zwei Prozent im Jahr“, sagte er. „Das ist vertretbar und entspricht der Inflation.“Sprißler schlug vor, die Gebühren in drei Jahren erneut anzupassen. Auch Holger Bohner fand die Argumentation schlüssig. „Es wäre aber wichtig, die Bürger über die Hintergründe zu informieren, damit sie wissen, was wir uns für Gedanken gemacht haben“, sagte er.
In einem zweiten Beschluss befassten sich die Gemeinderäte mit dem Frischwasser. Werner Leipert erklärte, dass mit der Einrichtung eines Notverbunds bei der Wasserversorgung und mit der Erneuerung des Wasserhochbehälters in Inneringen hohe Investitionen auf die Stadt zukommen. Wie der Kämmerer berichtete, war der Kubikmeterpreis für Frischwasser zuletzt vor vier Jahren erhöht worden. Ab dem kommenden Jahr solle er von 2,12 auf 2,50 Euro angehoben werden. Das entspreche einer Erhöhung von 18 Prozent in fünf Jahren. Dagmar Kuster rechnete vor, dass diese Preiserhöhung für eine vierköpfige Familie eine zusätzliche Belastung von etwa 45 Euro im Jahr bedeutet. Beim Abwasser seien es 80 Euro, sagte sie. Damit beschloss das Gremium auch diese Erhöhung einstimmig – ohne weitere Debatte.