Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Landwirten stehen schwere Zeiten bevor
Die Zukunft der Landwirtschaft hängt von mehreren Faktoren ab.
SIGMARINGEN - Wie sieht die Landwirtschaft der Zukunft aus? Fragt man Niklas Kreeb, Kreisgeschäftsführer des Bauernverbandes Biberach-Sigmaringen, so wird digitale Technik eine immer größere Rolle spielen.
„Digital Farming zum Beispiel ist bei uns groß im Kommen“, sagt Kreeb. Was er damit meint, ist zum Beispiel der Einsatz von Satellitentechnik bei der Steuerung von Landmaschinen, womit etwa Pestizide und Herbizide genauer und sparsamer ausgebracht werden können.
Damit die Technik funktioniert, muss ein solides Mobilfunknetz verfügbar sein, doch damit hat der ländliche Raum zur Zeit noch ein Problem: Funklöcher. Von denen gibt es auch im Kreis Sigmaringen ein paar zu stopfen.
„Wir begreifen den technischen Fortschritt als Chance für die Landwirtschaft“, sagt Kreeb. Chancen sieht der Vorsitzende auch im Bereich landwirtschaftlicher Direktvermarktung: „Von Lupinenkaffee bis zum japanischen Rind gibt es in der Region ein paar vielversprechende Experimente“, sagt er. Und wie entwickelt sich die Bauernschaft
personell? Zuverlässige statistische Daten zum Geschlechterverhältnis und der Altersstruktur in der Bauernschaft im Kreis Sigmaringen liegen weder dem Bauernverband noch den zuständigen baden-württembergischen Landesbehörden vor. Landesweit sind laut Bauernverband jedoch rund ein Drittel der Landwirte im Haupterwerb, zwei Drittel im Nebenerwerb tätig. Jährlich verliere der Bauernverband 1,5 bis 2 Prozent seiner Mitglieder.
Einen Rückgang beobachtet Kreeb bei der Tierhaltung. Insbesondere bei den Schweinebauern, die im Kreis Sigmaringen traditionell stark vertreten sind, habe es in den vergangenen Jahren einen Bruch gegeben. „Ein Grund dafür, dass viele aufgeben, ist die afrikanische Schweinepest“, sagt der Vorsitzende. Aber auch ein großer Preisdruck in Kombination mit immer höheren Ansprüchen und gesetzliche Auflagen an die Haltung machten den Schweinebauern das wirtschaftliche Überleben schwer. Kreeb bedauert diese Entwicklung. „Wir versuchen, diesen Trend so gut es geht zu bremsen“, sagt er, „aber am Ende werden wir trotzdem weniger regionales Fleisch haben.“
Gerhard Gommeringer, Leiter des Landwirtschaftsamtes Sigmaringen, sagt dazu: „Mein Eindruck ist: Die Landwirte wären sehr wohl bereit, das zu leisten, wenn der Verbraucher es auch honoriert“, sagt er. Entscheidend sei deshalb, ob sich genügend Verbraucher teureres Fleisch leisten könnten und wollten. Denn „Bio zum Discounter-Preis“könne es nicht geben.
Auch beim Trinkwasserschutz glaubt Gommeringer, dürfe man die Verbraucher nicht aus politischen Überlegungen ausklammern. Alle wollten sauberes Trinkwasser, das sei klar. Doch für die Landwirte sei der reduzierte Düngereinsatz nur dann eine attraktive Option, wenn die Allgemeinheit dies honoriere – auch finanziell.
Tendenziell attestiert der Amtsleiter der Landwirtschaft ein großes Problem: „Die vornehmste Aufgabe der Landwirte ist die Lebensmittelerzeugung – doch diese Aufgabe wird durch den europäischen und globalen Wettbewerb zunehmend unattraktiver.“Angesichts dieser Situation und aufgrund von üppigen finanziellen Anreizen hätten sich viele Landwirte daher der Energieerzeugung zugewandt. Doch inzwischen sei auch die Biogasbranche auf dem absteigenden Ast.
„Die Politik will künftig bei der Energieerzeugung verstärkt auf Solar
und Wind setzen“, sagt er. Im Zuge dessen würden Rufe nach Verringerung der Einspeisevergütung laut. Das würde auch die Landwirte im Kreis Sigmaringen treffen, denn der Kreis liegt bei der Produktion von Biogas im Landesvergleich im oberen Drittel.
„Der Markt allein gibt es schlicht nicht her, Mais zur Energieerzeugung anzubauen“, sagt Gommeringer. Eine dringliche Frage müsse die Politik daher in Kürze beantworten: „Was ist das tragfähige Produktionsmodell für die Zukunft der Landwirtschaft: Tank, Trog oder Teller?“, so Gommeringer. MEHR AUF SEITE 19 UND SEITE 20