Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Die Beamten fürs leibliche Wohl
In Karlsruhe befindet sich der Sitz des Bundesverfassungsgerichts. Daher ist die Stadt also schon von Rechts wegen ein Ort der Gerechten. Und unter den Polizisten sind da ganz besonders rechtschaffene Menschen. Diese nämlich haben gemäß hochoffiziellem Polizeibericht die Ehre ihres Berufsstandes als Freund und Helfer gerettet. Und zwar in der kleinen Wohnung einer hungrigen Rentnerin, die bereits auf 90 lange Jahre Lebenserfahrung zurückblicken kann. Und der solche Ordnungshüter trotzdem bislang noch nicht untergekommen sind.
Diese menschliche Anekdote beginnt mit einem telefonischen Hilferuf der Seniorin, der der Magen knurrte, die aber selbst aufgrund einer Gehbehinderung nicht in der Lage ist, etwas zu besorgen. Ihre Betreuerin konnten die Beamten zunächst nicht erreichen, sodass sie der alten Damen kurzerhand selbst den Kühlschrank füllten. Darüber hinaus reparierten die Engel in Uniform auch noch den widerspenstigen Fernseher der Rentnerin. Sozusagen zum Dessert.
Allerdings – so muss man nun leider mahnend einschränken – ist die bekannte Rufnummer 110 nicht zu verwechseln mit einer behördlichen Hotline fürs leibliche Wohl oder den TV-Blitz-Reparaturservice. Die Polizeidienststelle bittet darum, von solchen Anfragen trotz des Zeichens Karlsruher Menschlichkeit tunlichst abzusehen. Dass die zwei beherzten Helfer natürlich dennoch Helden sind, ist ja vollkommen unbestritten. Wo kämen wir auch hin, wenn es nicht mehr in der Zeitung stehen müsste, dass der eine dem anderen etwas Gutes getan hat. (nyf )