Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Kimmich kehrt zurück in die Zentrale
Bayern-Trainer Hansi Flick fordert in Gladbach eine andere Einstellung und ein Ende der notorischen Rückstände
MÖNCHENGLADBACH (dpa/SID) Im legendären Bundesliga-Klassiker bei Borussia Mönchengladbach will Hansi Flick nicht den nächsten Stotterstart erleben. Genervt von permanenten Rückständen seines von Defensivschwächen geplagten Teams fordert der Trainer des FC Bayern im Duell am Freitag (20.30 Uhr/DAZN) drei Punkte – ohne großes HalloWach-Signal. „Wir brauchen eine andere Einstellung von Anfang an und nicht erst ab der 48. oder 49. Minute“, mahnte der Trainer vor der Rückkehr an den Ort, an dem er eine von nur drei Niederlagen kassierte.
„Wir müssen mit einer anderen Haltung, einer anderen Dynamik, einer anderen Intensität ins Spiel gehen, in den Zweikämpfen präsenter sein als in den Spielen zuvor und gegen den Ball auch mal den Meter mehr machen“, lautete die klare Flick-Ansage an seine Serien-Titelgewinner. Man dürfe nicht „viel mit Auge machen und den Meter weniger“.
Neuzugänge im Winter, wie spekuliert, brauche es für besseren Fußball nicht, stellte Flick klar. Das vorhandene Personal solle „das zeigen, was wir im Stande sind zu leisten“. Das wollen aber auch die zuletzt im direkten Duell immer wieder aufmüpfigen und erfolgreichen Gladbacher, die nach einer Schwächephase vor Weihnachten im Kampf um die Champions-LeaguePlätze unter Druck stehen.
Einen Monat vor der Club-WM als nächstem Münchner Titelziel thronen die Bayern zwar gewohnheitsgemäß an der Spitze, aber der Glanz des Triplejahres fehlt. Achtmal in Folge musste Manuel Neuer, der seit Wochen vergeblich den Oliver-Kahn-Rekord von 196 Zu-Null-Spielen jagt, den Ball nach einem 0:1-Rückstand aus dem Tor holen. „Wir gucken da schon hin. Es ist ja jedem bekannt, dass die Bayern gerne sehr hoch verteidigen“, sagte Gladbach-Coach Marco Rose.
Seine Moral und die Fähigkeit, wenn nötig einen Gang hochschalten zu können, brachte den Bayern immerhin einen Rekord – fünf Siege und drei Remis nach Rückstand schaffte bisher keiner. Ausgebaut werden soll er nicht: „Wir würden uns leichter tun, wenn wir wieder in Führung gehen würden. Das muss auch das Ziel sein, dass wir uns nicht so viele Probleme selbst schaffen“, mahnte der nach mehrwöchiger Verletzungspause wieder als Leistungsträger auftrumpfende Joshua Kimmich.
Der Mittelfeldchef stand beim 5:2 gegen Mainz erstmals seit November wieder in der Startelf und rückte nach einem 0:2-Pausenstand auf die Rechtsverteidigerposition, wo er prompt glänzte. Angesichts des schwächelnden Weltmeisters Benjamin Pavard und des bisher nicht überzeugenden Backups Bouna Sarr wäre Kimmich hinten rechts sicher auch gegen Gladbach ein Stabilitätsfaktor. Aber der 25-Jährige ist eben in der Zentrale elementar. „Joshua wird auf der Sechs spielen“, betonte Flick. Wer rechts hinten aufläuft, verriet er nicht. Niklas Süle wäre eine Option.
Mentalitätsspieler Kimmich ist wie der nach Muskelverletzung wieder fitte Kingsley Coman ein Muntermacher für die eingeforderte Demonstration der Stärke. „Die Mentalität hat die Mannschaft – ohne Frage“, sagte Flick. Der Einsatz des angeschlagenen Serge Gnabry ist fraglich.
Seit Sommer 2014 holte kein anderer Bundesligist so viele Punkte gegen die Münchner wie Gladbach (17 aus 12 Spielen). Vor 13 Monaten bejubelte der damalige Tabellenführer dank Doppeltorschütze Ramy Bensebaini einen 2:1-Erfolg. Der genesene Bayern-Schreck soll den in dieser Saison etwas launenhaften Gladbachern wie auch Comebacker Jonas Hofmann neuen Schwung bringen. „Hoffi in sehr guter Form ist für uns ein sehr wichtiger Faktor“, sagte Rose. Möglicherweise dürfe sich Bensebaini, der nach einer Corona-Zwangspause zurück ist, in der Startelf „austoben“. Auch Alassane Pléa könnte nach einer Zerrung wieder von Beginn an ran.
Nach Auftritten in Europa gegen Inter Mailand und Real Madrid ist die Bayern-Kraftprobe ein weiterer Schritt im Gladbacher Reifeprozess. „Gute Spiele auf Top-Niveau helfen immer“, erklärte Rose.