Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Flick schimpft über Politik und Experten
Trainer platzt angesichts der Kritik am Katar-Trip von Bayern München der Kragen
MÜNCHEN (SID) - Hansi Flick scherzte gut gelaunt über das „Faschingsoutfit“von Thomas Müller, doch beim Namen Karl Lauterbach platzte dem Trainer von Bayern München plötzlich der Kragen. Statt ewig Kritik an der Sonderrolle des Fußballs zu üben, sollten sich die Politik und „sogenannte Experten“wie der SPD-Mann jetzt doch bitte endlich mal „zusammensetzen und eine Strategie entwickeln, dass man irgendwann Licht am Ende des Tunnels sieht“, schimpfte Flick: „Das ist aktuell zu wenig.“
Der Münchner Erfolgscoach redete sich vor dem Bundesliga-Heimspiel gegen Aufsteiger Arminia Bielefeld (20.30 Uhr/DAZN) regelrecht in Rage. Er habe das Gefühl, „dass jeder aus der Situation seinen Profit schlagen will und darauf schaut: Wie kann er bei der nächsten Wahl ein paar Prozentpunkte mehr machen“, führte Flick sichtlich aufgebracht aus: „Das ist weit an dem vorbei, was sie als Aufgabe haben: Gemeinsam zu arbeiten, dass es irgendwann zu einer Normalität kommt.“Angela Merkel nahm Flick bei seiner Kritik ausdrücklich aus. Die Bundeskanzlerin nehme sich „nicht zu wichtig“. Es sei aber „krass“, wie ihr Handeln von Experten und Politikerkollegen ohne Unterlass bewertet werde. „Da sollte man ein Miteinander finden, um den Menschen wieder Zuversicht zu geben. Das ist aktuell nicht der Fall.“
Ja, sagte Flick, der Fußball genieße einen Sonderstatus. Aber allein er sei „an die 100-mal“getestet worden. Dass es dabei wie zuletzt bei der Club-WM in Katar bei Müller zu positiven Ergebnissen kommen könne, könne bei aller Diszipliniertheit „mal vorkommen“. Aber Reisen wie jene in die Wüste seien „unser Job, unser Business, eine Sache, die wir machen müssen“. Kritik daran wie von Lauterbach könne er nicht nachvollziehen: „Der Herr Lauterbach hat immer zu allem einen Kommentar abzugeben. Wenn ich nicht in der Verantwortung stehe und mir nur das Ergebnis anschaue, kann ich das immer leicht bewerten“, meinte Flick.
Der Politiker und Epidemiologe reagierte via Twitter. „,Sogenannte Experten’ äußern sich, weil Journalisten sie um Einschätzung bitten“, schrieb er. Sollte Flick anderer Meinung sein, dürfe er diese gerne kundtun. „Aber als Amateur-Sportler sage ich: nicht unfair sein!“
Flicks Ausbruch wirkte nicht kalkuliert, vielmehr schien bei ihm lange Aufgestautes auszubrechen. Grundsätzlich hatte er vor der Rückkehr in den grauen Ligaalltag nach dem historischen „Sixpack“gute
Laune. Er witzelte über Spätheimkehrer Müller und dessen Ganzkörperanzug ebenso wie dessen Quarantäne: „Ich kann mir Thomas in Isolation gar nicht vorstellen. Er ist ein Mensch, der gerne und viel kommuniziert.“ Deshalb schaltete Flick seinen Wortführer auch per Video zur Teamsitzung zu. Müller war dabei längst nicht der einzige Profi, der nicht selbst zugegen sein konnte. Gleich sieben Spieler werden gegen Bielefeld fehlen. Darunter sind Leon Goretzka (Wade) und Javi Martinez (nach Corona) ebenso wie Serge Gnabry (Muskelfaserriss) und Jérôme Boateng (private Gründe).
Neu hinzu kommt neben dem Noch-Leipziger Dayot Upamecano (siehe Kasten; d. Red.) zur neuen Saison wohl auch Omar Richards vom englischen Zweitligisten FC Reading. Laut Kkicker“wechselt der 23jährige Linksverteidiger ablösefrei an die Isar. Flick aber wollte noch nicht zu viele Worte über die fernere Zukunft verlieren.
„Wie hat ein bekannter Torhüter gesagt? Es geht weiter, immer weiter. So ist auch die Devise bei uns“, betonte er in Anlehnung an einen berühmten Satz des früheren BayernKapitäns Oliver Kahn. Die Belastung ist hoch, die Kritik nervt – aber auch siegen, sagte Flick, „ist unser Job“.