Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Württembergs geliebter Herr
Vor 525 Jahren starb Eberhard im Bart – Er hat das Land geeint und die Universität Tübingen gegründet
STUTTGART/TÜBINGEN (epd) - Er hat Württemberg geeint, die Universität Tübingen gegründet und die Kirche erneuert: Am 25. Februar 1496 starb Graf Eberhard im Bart. Auch 525 Jahre nach seinem Tod zählt er noch zu den bekanntesten württembergischen Fürsten. Der erste Herzog des Landes ist bis heute mit ungezählten Denkmalen, nach ihm benannten Straßen, Brücken und weiteren Bauwerken fast allgegenwärtig. Von ihm ist die Rede in der schwäbischen Nationalhymne „Preisend mit viel schönen Reden“als jenem Fürsten, „der in Wäldern noch so groß / sein Haupt kann kühnlich legen / jedem Untertan in Schoß“.
An ihn erinnern etwa in Tübingen die Eberhardsbrücke über den Neckar und die von ihm gegründete Eberhard-Karls-Universität mit dem ersten Teil ihres Namens. In der Uracher Amanduskirche steht sein Beichtstuhl, und er selbst ist dort mit einer 1904 aufgestellten Statue verewigt. Sogar in der bayerischen Walhalla bei Kelheim ist „Württembergs geliebter Herr“mit einer Büste vertreten.
Wohl sind die meisten Erinnerungsstätten erst im denkmalfreudigen 19. Jahrhundert entstanden, doch schon kurz nach seinem Tod rühmte Kaiser Maximilian I. bei einem Besuch der damaligen Eberhard-Grabstätte Einsiedel bei Tübingen den Verstorbenen als einen Fürsten, „dessen Rat er oft gebraucht und dem er an Verstand und Tugend keinen im ganzen Reich zu vergleichen wisse“. Beim württembergischen Volk war der letzte Graf und erste Herzog des Landes so beliebt, dass man von ihm sagte: „Wenn Gott nicht Gott wäre, dann müsste unser Eberhard Gott sein.“
Eberhard wurde am 11. Dezember 1445 im Schloss Urach bei Reutlingen als dritter Sohn des Grafen Ludwig I. und der Pfalzgräfin Mechthild geboren. Nach dem frühen Tod seiner beiden älteren Brüder und seines Vaters übernahm er bereits mit 14 Jahren formell die Regierung des Landesteils Württemberg-Urach. 1468 unternahm er eine Pilgerfahrt nach Jerusalem. Dort wurde er zum Ritter vom Heiligen Grab geschlagen, von dort brachte er sein Lebensmotto „Attempto“(„Ich wag’s“) und eine Barttracht mit, der er seinen Beinamen „Eberhard im Bart“verdankt.
Von 1474 an war er mit Barbara Gonzaga von Mantua verheiratet; das einzige Kind, ein Mädchen namens Barbara, starb in der Wiege. Eberhard starb am 25. Februar 1496 in Tübingen. Seinem Wunsche entsprechend wurde er in der Kutte der „Brüder vom Gemeinsamen Leben“im Stift Einsiedel bei Tübingen bestattet. 1537 wurden seine Gebeine auf Weisung von Herzog Ulrich in die Tübinger Stiftskirche überführt, wo aus diesem Anlass die erste evangelische Leichenpredigt in Württemberg gehalten wurde.
Der letzte Graf und erste Herzog des Landes wurde zur prägenden Leitfigur Württembergs, weil es ihm 1482 gelang, die 40 Jahre zuvor in einen von Stuttgart und einen von Urach aus regierten Landesteil gespaltene Grafschaft wieder zu vereinigen und zu einem Herzogtum zu erhöhen. Er hat damit die Grundlage für den Aufstieg zu einem späteren Königreich gelegt.
Als ebenso folgenreich erwies sich die 1477 von ihm gegründete Universität Tübingen. Die eigene Landesuniversität sicherte die Ausbildung qualifizierter Theologen und Juristen und trug nach der Reformation wesentlich zur geistigen Unabhängigkeit des Landes bei. Schließlich hat Eberhard die „Brüder vom Gemeinsamen Leben“ins Land gerufen, eine in den Niederlanden entstandene vorreformatorische
Laienbewegung, die sich früh um die Verbesserung der damals desolaten kirchlichen Zustände bemühte.
Nach einer Überlieferungen zufolge „ungestümen Jugend“wurde Eberhard wahrhaft fromm und hat mit seinem eigenen, vom Glauben bestimmten Lebenswandel beispielgebend und prägend in das Land hineingewirkt. Der zu Lebzeiten vielbewunderte und von seinem Volk wirklich geliebte Fürst wurde nach seinem Tod von den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Kräften als Vorbild in Anspruch genommen. So reihte ihn die württembergische Landeskirche in die Gruppe der Vorreformatoren ein, weil er die „Brüder vom Gemeinsamen Leben“zur Reform der Kirche ins Land gerufen hatte. Der katholischen Kirche diente er als Namensgeber für die Domkirche und heutige Konkathedrale in Stuttgart, weil ihn der Papst 1482 mit der sehr selten verliehenen „Goldenen Rose“ausgezeichnet hatte.
Die späteren württembergischen Fürsten beriefen sich gerne auf Eberhard: Als das Land 1806 zum Königreich aufstieg, sah sich König Friedrich I. in der Tradition des ersten Herzogs. Die Volkstümlichkeit von „Württembergs geliebtem Herrn“zeigte sich in 15 historischen Schauspielen über ihn. Im Neuen Schloss in Stuttgart waren ihm acht von 16 Freskenzyklen gewidmet. Sie sind allerdings beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg fast alle zerstört worden.
Diese Volkstümlichkeit hat bis ins 20. Jahrhundert angehalten: 1905 brachte die Trossinger Firma Hohner eine sehr erfolgreiche Mundharmonika „Graf Eberhard“heraus.