Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Messungen bestätigen massiven Motorradlärm
Landesverkehrsministerium fordert Konsequenzen
BEURON (sz) - Motorradlärm verursacht weiterhin Konflikte. In Erholungsgebieten, wo Menschen Ruhe suchen, geht von Motorrädern dröhnende Lautstärke aus. Um Daten dazu zu erhalten, hat das Land Leitpfostenmessgeräte aufstellen lassen, die die Lautstärke von vorbeifahrenden Autos und Motorrädern erfassen. Auch die vom Land geförderten Motorradlärm-Displays der Kommunen erfassen Lärm und Verkehrsdaten. Einige der dort gesammelten Daten hat das Verkehrsministerium analysiert. Das Ergebnis: Die meisten Motorräder sind lauter als Autos. Der Lärmschutzbeauftragte der Landesregierung, Thomas Marwein: „Die meisten Motorräder sind so laut wie eine Motorsäge oder ein Presslufthammer – leider nicht nur einige wenige.“
Wie das Landesverkehrsministerium mitteilt, wird mit Leitpfostenmessgeräten neben den Verkehrszahlen auch der Fahrzeuglärm erfasst, wie dieser auf der Straße zu hören ist. Die Auswertungen zeigen, dass bei den besonders lauten Fahrzeugen Motorräder besonders aus dem Gesamtverkehr hervorstechen. So war an der Bundesstraße 39 bei
Löwenstein (Landkreis Heilbronn) im betrachteten Zeitraum etwa jedes zweite Motorrad mit 87 Dezibel oder lauter unterwegs, jedes dritte sogar lauter als 90 Dezibel. Bei den Autos kam nur eins von acht beziehungsweise eins von 30 Fahrzeugen auf diese Lautstärke. An anderen Straßenabschnitten mit sehr unterschiedlichen Verkehrsverhältnissen ergibt sich ein vergleichbares Bild.
Thomas Marwein erinnert an die vom Bundesrat am 15. Mai 2020 verabschiedeten Forderungen an EU, Bund und Hersteller, gegen unzumutbaren Motorradlärm vorzugehen. „Motorräder müssen leiser werden, ganz gleich, in welcher Art sie gefahren werden“, fordert der Lärmschutzbeauftragte. In diesem Punkt sei die EU gefragt, die Zulassungsvorschriften für Motorräder zu ändern – und die Hersteller, leisere Motorräder anzubieten.
Verkehrsminister Winfried Hermann kündigt an, das Thema im Bundesrat erneut zur Sprache zu bringen: „Das Problem Motorradlärm ist ungelöst. Der Bund muss endlich handeln. Eine künftige Bundesregierung muss sich dafür einsetzen, dass das real messbare Geräusch von Motorrädern
zu einem entscheidenden Kriterium der Zulassung wird und die europäischen Zulassungsregeln entsprechend geändert werden.“
Laut Verkehrsministerium zeigt gerade das Corona-Jahr 2020, wie wichtig es ist, frühzeitig auf gesundheitsschädliche Belästigungen zu reagieren. Um eine Verbesserung für lärmgeplagte Anwohner zu erreichen, sei eine schnelle Umsetzung von geeigneten Maßnahmen notwendig, heißt es in der Pressemitteilung. EU, Bund, Länder, Hersteller und Motorradfahrer seien zum Handeln aufgefordert.