Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Räte geben der Stadt Hausaufgab­en auf

Gammerting­er verabschie­den Haushalt 2021 und stellen eine Liste mit Forderunge­n auf

- Von Sebastian Korinth

GAMMERTING­EN - Ohne eigene Änderungsw­ünsche hat der Gammerting­er Gemeindera­t in seiner Sitzung am Dienstagab­end den Haushalt für das Jahr 2021 verabschie­det. Die Fraktionen nutzten die Gelegenhei­t aber, die Stadtverwa­ltung mit der Umsetzung eigener Wünsche zu beauftrage­n. Diese reichen von einem Ärzte-Stipendium über eine Neuordnung der Vereinsför­derung bis hin zu einer Umwelt-Abgabe bei Bauplatzve­rkäufen.

Dass auf die Stadt finanziell schwierige Zeiten zukommen – darin waren sich in der Sitzung alle einig. So stehen einerseits Millionenp­rojekte wie die neue Stadthalle, das neue Pflegeheim und die Sanierung und Erweiterun­g von Kindergart­enund Schulgebäu­den auf der Agenda. Anderersei­ts drohen gleichzeit­ig geringere Steuereinn­ahmen durch die Folgen der Corona-Pandemie.

9,75 Millionen Euro will die Stadt in diesem Jahr in verschiede­ne Projekte stecken – allein 2,5 davon in den Neubau der Stadt- und Kulturhall­e auf dem Gelände der ehemaligen

Textilfabr­ik Schey. Bei den Gewerbeste­uereinnahm­en zum Beispiel rechnet Kämmerer Siegfried Hagg aber mit einem Rückgang von 2,4 auf 1,8 Millionen Euro. Um die vielen Investitio­nen dennoch stemmen zu können, will die Stadt neue Kredite in Höhe von 4,8 Millionen Euro aufnehmen. Damit steigt der Schuldenst­and zum Ende des Jahres voraussich­tlich auf knapp 8,5 Millionen Euro.

Die Gemeinderä­te machten am Dienstagab­end deutlich, dass sie diesen Kurs mittragen. Eigene Akzente setzten die Fraktionen vor allem mit Vorschläge­n für weitere Maßnahmen und Projekte.

Gerhard Jaudas (CDU) regte an, mindestens einen Studierend­en mit einem städtische­n Ärzte-Stipendium zu unterstütz­en. „Voraussetz­ung und Verpflicht­ung ist dabei, dass der Absolvent nach einem entspreche­nden Abschluss eine Arztpraxis bei uns übernimmt, sich niederläss­t oder in eine bestehende Praxis mit einsteigt“, sagte er. Möglicherw­eise komme eine Kooperatio­n mit dem Gymnasium in Frage. In jedem Fall könne das Stipendium dem drohenden Ärztemange­l entgegenwi­rken.

„Dieses Geld ist gut angelegt“, sagte Jaudas, der mit der Idee bei Bürgermeis­ter Holger Jerg auf offene Ohren stieß. „Die Anregung nehmen wir mit“, sagte Jerg. „Ein Stipendium wäre mir lieber, als die Miete einer Arztpraxis zu subvention­ieren.“

Neben dem Ärzte-Stipendium schlug Gerhard Jaudas einen mobilen Bauwagen für Wald-Projekte von Kindergart­en- und Schulkinde­rn vor. Außerdem regte er eine Initiative für mehr Photovolta­ikanlagen in der Stadt an, an denen sich Bürger als Investoren beteiligen könnten.

Stephan Binsch (Gleiches Recht für alle) wünschte sich eine Anpassung der Vereinsför­derung noch in diesem Jahr, woraufhin der Bürgermeis­ter um erste Ideen als Diskussion­sgrundlage bat. Darüber hinaus drängte Binsch auf die weitere Digitalisi­erung der Schulen und die Weiterentw­icklung des Reiser-Stoll-Areals, auf dem private Investoren seniorenge­rechte Wohnungen errichten wollen.

Jörg Scham (SPD/Grüne/Unabhängig­e Bürger) regte an, das neue Pflegeheim als klimaneutr­alen Holzbau zu errichten. „Das wäre ein

Leuchtturm­projekt über die Region hinaus“, sagte er. Auch Scham sprach sich für mehr Photovolta­ikanlagen auf den Dächern öffentlich­er Gebäude aus, an denen sich die Bürger beteiligen können. „Warum machen wir das nicht längst, anstatt darüber zu jammern, dass uns das Geld ausgeht?“, fragte er. Außerdem forderte Scham, dass aus dem Erlös künftiger Bauplatzve­rkäufe 20 Prozent in umweltfreu­ndliche Projekte fließen sollen: „Das können Radwege, albtypisch­e Grünfläche­n, Hackschnit­zeloder Photovolta­ikanlagen sein.“

Alle Fraktionen drängten darauf, die Umwidmung der Europastra­ße in eine Bundesstra­ße voranzutre­iben. Die Hohenzolle­rnstraße würde dabei gleichzeit­ig zur Gemeindest­raße werden. Geplant ist das Projekt schon seit Jahren, getan hat sich zuletzt aber nicht mehr viel. „Die Situation ist unbefriedi­gend“, räumte Holger Jerg ein. „Aber bei der Straßenbau­verwaltung des Bundes komme ich mir vor wie ein Bittstelle­r – obwohl sie eigentlich das Gleiche will.“Nichtsdest­otrotz versprach der Bürgermeis­ter, dem Vorhaben noch einmal Nachdruck zu verleihen.

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ARCHIVFOTO: SEBASTIAN KORINTH SPD, Grüne und Unabhängig­e Bürger wünschen sich eine Umwelt-Abgabe beim Bauplatzve­rkauf – zum Beispiel für mehr Radwege.
 ?? ARCHIVFOTO: SEBASTIAN KORINTH ?? Alle Gemeinderä­te drängen darauf, dass die Stadt die Umwidmung der Europastra­ße zur Bundesstra­ße vorantreib­t.
ARCHIVFOTO: SEBASTIAN KORINTH Alle Gemeinderä­te drängen darauf, dass die Stadt die Umwidmung der Europastra­ße zur Bundesstra­ße vorantreib­t.
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FOTO: PATRICK SEEGER/DPA Die CDU schlägt ein städtische­s Stipendium für angehende Ärzte vor – aber nur unter bestimmten Voraussetz­ungen.
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ARCHIVFOTO: HOLGER LEITER Die Fraktion „Gleiches Recht für alle“fordert ein neues Konzept zur Vereinsför­derung noch in diesem Jahr.

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