Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
ESC-Starter Jendrik
Ein Lied gegen den Hass mit Ukulele und guter Laune
FREIBURG - Ohne Hass, aber mit Ukulele: So will der 26-jährige Jendrik Sigwart aus Hamburg dieses Jahr Deutschland beim Eurovision Song Contest (ESC) in Rotterdam vertreten. „I Don’t Feel Hate“heißt sein Songbeitrag, der gestern auf diversen Kanälen, darunter als Clip direkt vor der Tagesschau, vorgestellt wurde – und sich heute schon in ebenso vielen Ohrgängen festgesetzt haben dürfte. Denn die eingängige Absage an jede Form von Hass, Mobbing und Diskriminierung kommt als überdrehte Partynummer mit einigen schrägen Brüchen daher.
Damit passt sie sie bestens zur Persönlichkeit des hibbeligen Hanseaten, der das Lied auch geschrieben hat. An ihm scheiden sich klar die Geister, was aber schon mal keine schlechte Eigenschaft ist, um beim ESC-Finale am 22. Mai aus dem Teilnehmerfeld herauszustechen.
Vom Konzept, die Zuschauer an der Auswahl des deutschen Beitrags zu beteiligen, scheint sich der ausrichtende NDR wohl längerfristig verabschiedet zu haben. Auch dieses Mal gab es ein mehrstufiges Auswahlverfahren mit Jurys, Songwriting-Camps und mehr. Im letzten Jahr ging daraus der slowenische Popsänger Ben Dolic als Sieger hervor, der nach dem abgesagten Wettbewerb
schließlich beschloss, es nicht noch einmal zu versuchen. Sein Beitrag „Violent Thing“kam als professioneller Popsong daher, der Interpret hinter der Nummer blieb aber recht blass.
Da ist Jendrik schon von einem anderen Kaliber – der Musical-Darsteller strahlt viel Präsenz aus und fällt mit seiner mit 4000 Strasssteinchen beklebten Ukulele auf. Dass das Instrument ganz grundlegend für gute Laune sorgt, arbeitete er bereits in seiner Bachelor-Arbeit heraus, mit der er das Studium am Institut für Musik der Hochschule Osnabrück abgeschlossen hat. Die Ukulele bildet aber nur das Fundament des Songs, zwischendurch brechen recht krachige Passagen herein, dann wird wieder gepfiffen, es gibt Zwischenrufe, eine Stepeinlage – und am Ende sogar eine Ansage auf Deutsch: „Ich hoffe, Sie haben noch ein derbe nices Leben!“
Ähnlich kunterbunt präsentiert sich das Video, das Jendrik mit mehreren Freunden und Waschmaschinen inszeniert hat. Einen Mittelfinger gibt es auch zu sehen, der aber in Rotterdam wohl durch ein „Peace!“Zeichen ersetzt werden soll. Mehr konnten die NDR-Verantwortlichen noch nicht über die geplante Inszenierung sagen, weil noch nicht endgültig entschieden ist, wie der ESC ablaufen soll. Nur eines steht fest – noch einmal soll er nicht abgesagt werden. Um das zu ermöglichen, gibt es drei Szenarien: Austragung vor Ort unter Einhaltung der Abstandsregeln, Moderation vor Ort mit Liveeinspielungen vom Band oder unter Lockdown-Bedingungen und somit weitgehend virtuell.
Was sicher entfällt, ist die rund zweiwöchige Ouvertüre vor dem Wettbewerb, bei der die Kandidaten sich bekannt machen und Sympathien sammeln können. Hier hätte Jendrik wohl gepunktet. Er verkündete durchaus glaubwürdig: „Das Ziel ist natürlich Platz 1, aber an erster Stelle steht Spaß und Freude.“Etwas zurückhaltender gab sich ARDKoordinator Unterhaltung Thomas Schreiber: Nach dem durchwachsenen Abschneiden der vergangenen Jahre wäre er mit einem Platz in den Top 10 ausgesprochen zufrieden.
Heute, Freitag, gibt es ab 22 Uhr eine in der ARD Mediathek zu sehen. Erstmals live auftreten wird der Musiker am Tag darauf dann bei Florian Silbereisens „Schlagerchampions“(20.15 Uhr ARD).
Jendrik-Dokumentation