Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Ravensburg legt Förderprogramm für Innenstadt auf
Vor allem Handel und Gastronomie sollen wegen Corona gestützt werden
RAVENSBURG - Mit sehr großer Mehrheit hat der Ravensburger Gemeinderat in seiner Sitzung am Montagabend ein Zwölf-Punkte-Programm zur Unterstützung von Handel, Gastronomie, Hotellerie, Kultur und Dienstleistern in der durch Corona angeschlagenen Innenstadt beschlossen. Kostenpunkt: rund 250 000 Euro.
Es gehe um „schnelle Handlungen“, wie es Oberbürgermeister Daniel Rapp formulierte. Heißt: Zeitnah Rahmenbedingungen schaffen, die eine Ravensburger Innenstadt erhalten, wie sie die Bewohner vor Corona-Zeiten kannten. Denn die Lage vieler Unternehmer ist aufgrund des Lockdowns schwierig bis katastrophal. Viele Geschäfte sind nicht nur im Moment geschlossen, sie werden auch nie wieder aufmachen.
Daher hat die Stadtverwaltung jetzt ein Paket geschnürt, dem die Mehrheit des Gemeinderates grundsätzlich zustimmte. So möchte die Stadt Sondernutzungsgebühren für Außenbereiche (Aufsteller, Tische und Bänke) Handeltreibenden vorerst erlassen, Außengastronomie großflächiger erlauben, Ravensburg als Einkaufsstadt massiver als bisher in der Region bewerben, mit mehr Events im Zentrum Besucher in die Stadt locken, auch mit mehr verkaufsoffenen Sonntagen als bisher. An den Adventswochenenden soll der öffentliche Verkehr in der Altstadt kostenlos werden, die Parkgebühren für Autos flexibel angepasst an die Situation. Das heißt: Wenn die Parkhäuser leer sind, wird es billiger, bei großem Andrang nicht.
Gegen die städtischen Ideen regte sich im Ravensburger Gemeinderat kein massiver Widerspruch. Einwände und weitere Anregungen gab es dennoch.
Stadträtin Maria Weithmann (Grüne) signalisierte Zustimmung für das städtische Unterstützungspaket, bezeichnete aber eine „Ravensburg first“-Werbekampagne als kritisch. Kommunen sollten sich nicht gegenseitig Besucher und Kunden abwerben, meinte Weithmann. Zudem erwarte sie nicht nur ein Hilfsangebot für den Handel und die Gastronomie, sondern auch ein Paket zum Thema Klimaschutz.
August Schuler (CDU) sprach sich für weitere verkaufsoffene Sonntage aus, Kirchen und Gewerkschaften sollten das angesichts der bedrohlichen Situation für den Corona-beschädigten Handel akzeptieren. Schuler regte zudem an, auch im Frühjahr und Sommer die erste Gratis-Stunde für das Parken in den städtischen Parkhäusern zu verlängern, um das Beleben der Innenstadt anzukurbeln.
Stadtrat Ulrich Höflacher (Bürger für Ravensburg) warb dafür, ein Ravensburger Online-Einkaufsportal in Angriff zu nehmen, damit die Menschen bei den Geschäften vor Ort ihre Ware bestellen und nicht im Internet. Weiteren Events gegenüber positionierte er sich kritisch – schließlich lebten viele Menschen in der Altstadt, das wolle man nicht ändern, aber deren Recht auf Ruhe müsse man respektieren. Dass der Oberbürgermeister künftig über die Genehmigung weiterer verkaufsoffener Sonntage allein entscheiden solle, wie geplant, lehnte Höflacher ab.
Auch Heike Engelhardt (SPD) wollte über das Thema weiterer verkaufsoffener Sonntage noch einmal im Gemeinderat debattieren. Sie wünschte sich darüber hinaus ein kommunales Familien- und Schülerprogramm für die, „die bei Corona abgehängt werden“. Das müsse der nächste Schritt sein. Joachim Arnegger (Freie Wähler) stimmte den Vorschlägen der Stadtverwaltung „uneingeschränkt“zu. Oliver Schneider (FDP) hingegen nicht. Sondernutzungsgebühren für Händler sind nach seiner Ansicht grundsätzlich zu überdenken und nicht nur akut. Schneider regte an, für den öffentlichen Nahverkehr im November und Dezember, in den umsatzstärksten Zeiten des Handels, grundsätzlich ein Ein-Euro-Ticket einzuführen und nicht nur samstags.
Kritik gab es auch von weiteren Gremiumsmitgliedern. Michael Lopez-Diaz (Bürger für Ravensburg) gefiel nicht die aus seiner Sicht unklare Finanzierung des Unterstützungspakets. Wilfried Krauss (Bürger für Ravensburg) kritisierte, dass in dem Förderprogramm zu stark die Interessen des Handels im Vordergrund stünden. Und Hans-Dieter Schärfer (SPD) kam auch das Thema Klimaschutz zu kurz.