Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Antragsdebakel verzögert den Breitbandausbau
Warum in der Flachsstraße noch keine Glasfaserkabel verlegt wurden und was die Telekom im Stadtgebiet macht
MENGEN - Welchen Stellenwert eine schnelle Internetverbindung im Alltag der meisten Menschen hat, zeigt sich gerade jetzt während der Corona-Pandemie. Wenn Elternteile im Homeoffice arbeiten, Kinder OnlineUnterricht haben und mangels alternativer Freizeitgestaltung mehr gestreamt wird als sonst, kommen viele Anschlüsse an ihre Kapazitätsgrenzen. Gern hätten Bürgermeister Stefan Bubeck und Tobias Weidlich, der technische Leiter der Stadtwerke Mengen, deshalb dem Gemeinderat einen optimistischen Bericht zum Thema Breitbandausbau im Stadtgebiet gegeben. Stattdessen ging es um eklatante Verzögerungen bei der Stellung von Förderanträgen und Aktivitäten der Telekom, die die Pläne der Stadt untergraben könnten.
Einen Sachstandsbericht zum Breitbandausbau hatte CDU-Stadtrat Volker Lutz bereits mehrmals eingefordert. Auch, weil er die Auswirkungen der seit Ende 2020 stattfindenden Telekom-Arbeiten auf die Maßnahmen der Stadt gern eingeordnet haben wollte. Die Stadtverwaltung hatte extra einen Vertreter der Breitbandversorgungsgesellschaft im Landkreis Sigmaringen (BLS) zur Sitzung eingeladen. Aufgrund eines Infektionsfalls innerhalb der BLS war dies dann doch nicht möglich, sodass Tobias Weidlich den neueren Räten im Gremium die Gesellschaft vorstellte.
Nachdem die Stadtwerke Mengen in die BLS eingetreten sind, haben sich Stadtverwaltung und Gemeinderat 2019 ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Innerhalb von zehn Jahren sollen in Mengen alle Unternehmen und Haushalte, die den Wunsch dazu haben, Glasfaser für schnelles Internet direkt ins Haus verlegt bekommen. Das Ursendorfer Ingenieurbüro Koschmieder hat einen Masterplan aufgestellt, in dem genau abzulesen ist, wie viele Knotenpunkte und Netzverteiler dafür eingerichtet werden müssen. Überall, wo Tiefbaumaßnahmen stattgefunden haben, sind schon in den vergangenen Jahren Leerrohre verlegt worden. In jedem der zehn Jahre werden eine halbe Million Euro für den Breitbandausbau im Haushalt der Stadt eingestellt. Kosten wird er aber insgesamt wahrscheinlich doppelt soviel, der Rest soll über Fördermittel finanziert werden.
Doch gerade da hapert es gewaltig. Die Landesregierung habe zwar ein großzügiges Förderprogramm aufgelegt, so Bürgermeister Bubeck in der Sitzung, aber es habe erhebliche Verzögerungen gegeben. „Den Anfang der Woche veröffentlichten
„Diese Formalismen haben nicht nur unnötige Kosten verursacht, sondern auch das Prozedere massiv verzögert“, sagt Tobias Weidlich.
Zuschuss über 116 000 Euro haben wir bereits im November 2019 beantragt“, sagte er. Leidtragende sind dabei nicht nur die Unternehmen entlang der Flachsstraße gewesen, die ein weiteres Jahr ohne schnelles Internet auskommen mussten, sondern auch Ingenieur Uwe Koschmieder. Der betreute die Antragstellung für die BLS und sah sich mit sich ständig ändernden Anforderungen konfrontiert. Als der Antrag bereits gestellt war, sollten die Planungsunterlagen in Formaten eingereicht werden, die teils eine spezielle Software nötig machten. „Dabei kam es sogar vor, dass vom Ministerium empfohlene Software am Ende nicht die Daten liefern konnte, welche das Ministerium benötigt“, verdeutlicht Tobias Weidlich. Eine weitere Software musste angeschafft werden. „Diese Formalismen haben nicht nur unnötige Kosten verursacht, sondern auch das Prozedere massiv verzögert.“Ohne Förderbescheid könne aber nicht mit den Bauarbeiten begonnen werden, da sonst der Förderanspruch erlischt. Jetzt hofft Weidlich, die Arbeiten bald ausschreiben und noch in diesem Jahr beginnen zu können.
Negativ auf Förderansprüche könnten sich auch die Aktivitäten der Telekom in Mengen und Ennetach auswirken. Der Netzanbieter verstärkt laut Informationen der Stadtverwaltung gerade sein Kupferkabelnetz. Das bringe Kunden zwar eine Verbesserung, bliebe aber weit unter der Übertragungsrate eines Glasfasernetzes (bis zu 1000 Mbit). Laut aktueller Förderrichtlinien gibt das Land nur für den Ausbau in den Gebieten einen Zuschuss, in denen die Übertragungsrate unter 30 Mbit liegt. „Wenn die Telekom jetzt Wohngebiete auf 50 Mbit oder mehr anhebt, können wir für diese Bereiche keine Förderung mehr erwarten“, so Weidlich. Deshalb sei eine Anpassung des Schwellenwerts in den Förderrichtlinien dringend erforderlich. Sonst stehe der Ausbauplan der Stadt auf der Kippe, weil er ohne Zuschüsse nicht finanzierbar sei.
„Ohne diese Änderung würde sich der Ausbau insgesamt seitens der BLS zwangsläufig massiv verzögern - im Extremfall sogar um Jahre verschieben“, so Weidlich. „Wir müssten dann immer, an die aktuellen Gegebenheiten angepasst, gezielt nach ,weißen Flecken’ suchen, die wir eventuell an unser bestehendes Netz anbinden können und versuchen, hierfür Zuschüsse zu bekommen.“Welche Gebiete das dann sein könnten und in welchem Zeithorizont sei ungewiss. „Aufgrund der
Unsicherheit können wir nur in kleinen Schritten planen. Als nächstes soll es von der Flachsstraße aus weiter in Richtung Kernstadt Mengen gehen.“Dort seien bereits Leerrohre verlegt, diese Investitionen der Stadtwerke würden vom Land allerdings nicht honoriert.