Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Firma Kessler plant Erweiterung
Gut drei Hektar sollen westlich des bestehenden Firmengebäudes zur Verfügung stehen
BAD BUCHAU - Raum für eine künftige Entwicklung möchte der Bad Buchauer Gemeinderat der ortsansässigen Firma Kessler bieten. Die planungsrechtlichen Voraussetzungen soll der Bebauungsplan „Industriegebiet Kessler“schaffen, dessen Aufstellung das Gremium am Dienstagabend einstimmig beschlossen hat. Gut drei Hektar sind hier als Erweiterungsfläche für den Spindelhersteller vorgesehen. Auf die denkmalgeschützte Ruhe-Christi-Kapelle soll dabei besonders Rücksicht genommen werden.
Vor knapp einem Jahr war Bad Buchaus größter Arbeitgeber ins Straucheln geraten. Wegen der Krise im Maschinenbau und den Folgen der Corona-Pandemie hatte die Firma Kessler im April 162 Mitarbeiter entlassen. Mittlerweile scheint sich das Unternehmen erholt zu haben. Es gebe Anzeichen, dass sich die Zahlen wieder gut entwickeln, so Bürgermeister Peter Diesch am Dienstagabend im Gemeinderat. In der Sitzungsunterlage ist gar von einer „notwendigen Erweiterung“der Firma die Rede. Ziel des Bebauungsplans „Industriegebiet Kessler“sei „ein langfristig umzusetzendes Konzept zur Sicherung des Firmenstandorts“im Buchauer Stadtteil Kappel. Die Stadt unterstütze die Erweiterungsabsichten, „da dadurch neue Arbeitsplätze geschaffen werden“.
Dafür sollen dem Unternehmen künftig 3,03 Hektar westlich der bisherigen Firmengebäude zur Verfügung stehen. Der Geltungsbereich des Bebauungsplans klammert dabei praktisch die Ruhe-Christi-Kapelle aus. Ohnehin ist zur Landesstraße 275 ein Abstand von 21 Metern vorgegeben. Das gesamte Areal sei mit einer Eingrünung zu versehen, so der Planer des beauftragten Büros Künster aus Reutlingen. Im Norden ist zudem ein größerer Grünstreifen vorgesehen, der gleichermaßen der Oberflächenentwässerung, als Ausgleichsfläche für den Eingriff in die Natur und – das schreibt die Landesbauordnung vor – als Abstandslinie zum Wald dient. Insgesamt dürfen lediglich 80 Prozent der Fläche bebaut werden.
Die direkte Nachbarschaft zur Ruhe-Christi-Kapelle bringt für das künftige Industriegebiet einige Besonderheiten mit sich, die das Landesamt für Denkmalpflege vorgibt. Insgesamt werde man bei der Gebäudehöhe „etwas niedriger“bleiben müssen, so der Planer des Büros Künster. Zudem gelte es, das Gefälle des Geländes geschickt zu nutzen, damit eine künftige Bebauung das Landschaftsbild nicht zu sehr beeinträchtigt. Das Plangebiet gliedert sich deshalb in zwei Bereiche: Im vorderen Teil, zur Straße hin, ist eine Gebäudehöhe von bis zu 6,5 Metern möglich, im nördlichen Bereich bis höchstens 9,5 Metern. So bleiben die Gebäude im Süden um 6,80 Meter und die Gebäude im Norden um 3,80 Meter unterhalb des Firsts der Kapelle, der bei knapp 600 Metern über dem Meeresspiegel liegt. Habe die geplante Hecke dann erst eine gewisse Größe erreicht, werde die Kapelle „nicht besonders beeinträchtigt“, versichert das Planungsbüro Künster. Als weitere Maßnahme könnte die Fassadengestaltung der künftigen Gebäude so gewählt werden, dass sie sich in die Landschaft einfügen.
Der Gedanke, sich auf dieser Fläche zu entwickeln, hegt die Firma Kessler schon einige Zeit. Bereits 2007 hat sich der Gemeinderat mit den planungsrechtlichen Voraussetzungen beschäftigt. Damals hätten auch schon Abstimmungsgespräche stattgefunden, ein erster Vorentwurf sei aufgestellt worden, so der Planer. Ein weiterer Anlauf sei im vergangenen Jahr unternommen worden, damals habe Kessler jedoch das Vorhaben noch einmal zurückgestellt. Gleichzeitig seien aber bereits artenschutzrechtliche Untersuchungen gelaufen. Demnach würden geschützte Arten in ihrem Bestand nicht gefährdet, eine Beeinträchtigung erfahre nur der Feldsperling, für den deshalb sechs Nisthilfen im bepflanzten Bereich angebracht werden müssen.
Insgesamt muss das Unternehmen für den Eingriff in die Natur einen Ausgleich in Höhe von 420 000 Ökopunkten erbringen. Durch die Bepflanzung und eine Dachbegrünung auf den künftigen Gebäuden reduziert sich das Defizit auf 235 000 Ökopunkte. Die Firma Kessler habe aber bereits zugesagt, zu überprüfen, ob auch auf den bestehenden Gebäuden nachträglich eine Dachbegrünung möglich sei.
Bis das Areal bebaut wird, dürfte aber noch einige Zeit verstreichen. Mit dem Beschluss des Gemeinderats, der einstimmig erfolgte, werde das Verfahren erst eröffnet, so Bürgermeister Diesch. Nach dem Aufstellungsbeschluss soll die Öffentlichkeit, Behörden und sonstige Träger öffentlicher Belange beteiligt werden. „Wenn es gut läuft, können wir das Verfahren vielleicht im Herbst abschließen“, kündigte Diesch an.