Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Perfektes Schnitzel am heimischen Herd

Das beliebte Fleischger­icht ist einfach zuzubereit­en – wenn man ein paar Dinge beachtet

- Von Katja Wallrafen

WIEN/HAMBURG (dpa) - Knusprig paniert, zart im Biss: Das Schnitzel steht als Standardge­richt auf allen Speisekart­en zwischen Kiel und Konstanz, „denn es trifft den Geschmack vieler Menschen“, sagt Marco Bartels, gastronomi­scher Leiter der Schmidts Tivoli Kultur- und Gaststätte­nbetriebe. Zu denen zählt auch das Gassenhaur in Hamburg, das mit österreich­ischer Küche und mit dem Verspreche­n antritt, „das beste Schnitzel nördlich der Alpen“aufzutisch­en. Wie gelingt aber das perfekte Schnitzel am heimischen Herd? Drei Profis geben Tipps:

Fleischqua­lität

Fleisch ist ein hochwertig­es Grundnahru­ngsmittel, das zwischen zwölf und 22 Prozent vollwertig­es und für den menschlich­en Organismus nutzbares Eiweiß enthält. Da ein Schnitzel nur kurz in Fett gebraten oder ausgebacke­n wird, sollte das Fleisch gut abgehangen und von bester Qualität sein. Das schließt auch das Tierwohl ein. Klassisch wird Fleisch vom Kalb oder vom Schwein verwendet, auch das Brustfleis­ch von Hähnchen oder Puten eignet sich zum Kurzbraten in der Pfanne. Marco Bartels ordert etwa Kalbfleisc­h aus Italien. Für das echte Wiener Schnitzel wird nur Kalbfleisc­h verwendet, bei einem Schnitzel Wiener Art darf es auch Schweinefl­eisch sein.

Welches Teil vom Tier?

Vom Kalb und Schwein kommt das Fleisch für ein Schnitzel meist aus dem Hintervier­tel des Tieres, der Keule (Schlegel). Beim Kalb etwa aus der Hüfte (Blume) oder aus der Kugel (Nuss). Es ist vergleichs­weise fettlos und hat eine rosa bis hellrote Farbe. Auch ein Schnitzel vom Schwein ist allenfalls leicht mit Fett durchwachs­en.

Im Wiener Familienun­ternehmen Figlmüller geht die gastronomi­sche Kultur bis ins Jahr 1905; vor allem das „Figlmüller Schnitzel“ist weltweit eine Marke geworden. „Unsere Köche verwenden nur bestes Fleisch von der Schweinska­rreerose“, erklärt Thomas Figlmüller. „Das ist ein hochwertig­es Rückenteil, das sich während des Backens kaum aufwellt. So gelingen Schnitzel, die ein gutes Stück größer, dünner und knuspriger sind als die üblichen.“

Schnitzel kommt von schneiden

Ein Schnitzel wird nur dann zart und weich, wenn es richtig geschnitte­n wird. Mit möglichst dünnem Schnitt (ein halber Zentimeter) und quer zur Faser. Ein perfekt geschnitte­nes Schnitzel in guter Qualität muss dann nicht geklopft werden, es kann mit dem Handballen gleichmäßi­g flach gedrückt werden.

Panieren oder natur?

Schnitzel natur sind ruckzuck zubereitet. In einer beschichte­ten Pfanne wird Butterschm­alz erhitzt und das Fleisch wird auf beiden Seiten goldgelb kurz angebraten. Salzen, pfeffern – fertig. Paniert, also umhüllt von Mehl, Ei und Semmelbrös­eln, wird das Fleisch allerdings saftiger. Die Panade hat zum weltweiten Erfolg des Wiener Schnitzels beitgetrag­en. Warum?

„Warum? Weil’s wunderbar schmeckt, wenn zartes und saftiges Fleisch umhüllt wird von rescher Panier“, heißt es schon in Figlmüller­s Familiench­ronik. Wobei resch für scharf gebacken und knusprig steht. Dafür wird das Fleisch zunächst hauchdünn geklopft, bis es bereit ist für ein Bad in Mehl und Ei. Gekrönt werde es durch die Panade aus „herrschaft­lichen“

Bröseln: „Sie stammen von einer Kaisersemm­el, die speziell für uns gebacken wird“, so Thomas Figlmüller. Auch im Hamburger Gassenhaur wird die Panade selbst gemacht. Dort sind panierte Schnitzel das meistgeord­erte Gericht: Von hundert Gästen lassen sich 85 ein Schnitzel schmecken.

Konzentrat­ion auf die Panade

Renate Dengg, Gastgeberi­n in der Berliner Institutio­n Jolesch, tischt Wiener Schnitzel an der Spree auf. Ihre Tipps für die perfekte Panade: „Dafür werden die Eier leicht mit der Gabel verquirlt, Mehl und Brösel bereitgest­ellt. Die Brösel holt man sich am besten vom Bäcker.“Das Schnitzel werde zuerst auf beiden Seiten in Mehl gewendet und dann durch die Eier gezogen, sodass alles bedeckt ist. „Danach in die Brösel geben und leicht andrücken, dies auf beiden Seiten.“

Und warum keine industriel­l hergestell­ten Brösel? „Das Paniermehl aus dem Supermarkt ist meistens sehr günstig, es enthält viele Zusatzstof­fe, um den Fertigungs­prozess zu beschleuni­gen, in dem eigens für dieses Produkt gebackenes Brot verarbeite­t wird“, erklärt Dengg. Zudem hülle es das Fleisch beim Panieren nicht gut ein. Daher seien Brösel vom Bäcker, der hochwertig­es Brot erzeugt und dieses zu Brösel verreibt, die bessere Wahl. Es komme dem Ursprung des Schnitzels viel näher und lasse sich gut verarbeite­n. „Sie saugen sich nicht mit Öl und Flüssigkei­t auf – daher ist das Schnitzel auch knuspriger“, so die gebürtige Oberösterr­eicherin.

Butterschm­alz oder Pflanzenöl

Zum Ausbacken verwendet sie für das Schnitzel Butterschm­alz, dies sorgt für den buttrigen Geschmack. „Perfekt passen aber auch Sonnenblum­enoder Rapsöl. Durch Hinzugabe eines Schusses Albaöls kann man auch hier für eine buttrige Note sorgen“, empfiehlt Renate Dengg. Die Figlmüller­s setzen ausschließ­lich auf Pflanzenöl: Pro Backvorgan­g dürften nur wenige Schnitzel in die Pfanne und das Öl wird regelmäßig ausgetausc­ht. „Und bloß nicht geizen mit dem Fett“, sagt Marco Bartels. „Fett ist ein Geschmacks­träger und die Fleischstü­cke sollten von Fett umgeben sein.“

Die Begleitung des Schnitzels

Das Jolesch in Berlin serviert Petersilie­nkartoffel­n, also Salzkartof­feln in Butter und gehackter Petersilie geschwenkt, dazu Blattsalat oder „Häuptelsal­at“(Kopfsalat). „Beliebt sind auch verschiede­ne Mayonnaise­salate bestehend aus Kartoffeln, Gurken, Tomaten und Erbsen“, schildert Renate Dengg.

Viele ihrer Gäste mögen auch die Wiener Eigenart, Sardellen dazuzugebe­n. Und schließlic­h dürfen Zitronen und Preiselbee­ren für den perfekten Genuss nicht fehlen. Im Hamburger Gassenhaur werden die Preiselbee­ren selbst eingekocht, „da sind wir kompromiss­los“, sagt Marco Bartels.

Was zeichnet ein perfektes Schnitzel aus? Da sind sich die Profis einig: Schöne Kruste, schöne Farbe, schöne Form, so lautet die Formel. Und zu klein darf das Schnitzel auch nicht sein.

„Es schmeckt wunderbar, wenn zartes und saftiges Fleisch umhüllt wird von rescher Panier.“Figlmüller­s Familiench­ronik

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FOTO: JOLESCH/DPA Zum Ausbacken des Schnitzels wird im Berliner Restaurant Jolesch Butterschm­alz verwendet.
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FOTO: NILS HASENAU/DIE SCHNEIDERE­I/DPA Das Schnitzelf­leisch sollte vergleichs­weise fettlos und nicht dicker als einen halben Zentimeter sein. Für eine tolle Panade badet es erst in Mehl, dann in leicht verquirlte­m Ei und schließlic­h in Bröseln vom Bäcker.

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