Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Wolf lehnt Zusammenar­beit mit Klos ab

Tuttlinger AfD-Kandidat holt drittes Mandat im Wahlkreis

- Von Dorothea Hecht und Matthias Jansen

TUTTLINGEN - Im neuen Stuttgarte­r Landtag werden drei Abgeordnet­e aus dem Wahlkreis Tuttlingen-Donaueschi­ngen sitzen. Neben dem direkt gewählten Guido Wolf (CDU) haben sich auch Niko Reith (FDP) und Rüdiger Klos (AfD) ihr Mandat gesichert. Beim Blick auf die Wahlergebn­isse zeigt sich zudem eins: Die Städte sind grün, die ländliche Region wählt schwarz.

Dass es Klos noch einmal in das Landesparl­ament schaffen würde, stand lange nicht fest. Letztlich reichten die 12,9 Prozent der Stimmen für ihn aber, um sich ein Zweitmanda­t zu sichern. Im Jahr 2016 hatte Klos noch mit 23 Prozent das Direktmand­at in Mannheim gewonnen. „Der Kontakt zu den Wählern hat gefehlt, ich bin nicht an die Menschen herangekom­men“, sagt Klos, der sich vor fünf Jahren sein „Mandat erlaufen“habe. Besonders Jens Metzger (Grüne) „tut es weh, dass Herr Klos das Mandat bekommen hat“. Schließlic­h habe der AfD-Mann „keinen Bezug zu der Region“und sei nur in den Landkreis Tuttlingen gezogen, um auf Einladung von Emil Sänze, Vorsitzend­er des AfD-Kreisverba­nds RottweilTu­ttlingen, für die Landtagswa­hl zu kandidiere­n.

Mit dem Wahlausgan­g und Guido Wolf als Gewinner des Direktmand­ats kann Klos dagegen gut leben. „Ich freue mich darüber“, sagt er, der mit dem Abgeordnet­en von der CDU bisher gut zurechtgek­ommen sei. Erst Wochen vor der Wahl sei Wolf „durchgedre­ht“und habe ihn attackiert. „Ich denke, wir werden auf eine vernünftig­e Ebene zurückfind­en“. Generell wolle er mit den beiden anderen Abgeordnet­en zusammenar­beiten: „Zu dritt hat man im Landtag schon Gewicht“, meint er. Zumal alle drei in der Opposition landen, wenn es eine grün-rote Koalition auf Landeseben­e geben sollte.

Guido Wolf lehnt das dankend ab: „Das kann er sich schenken. Ich respektier­e einen gewählten Abgeordnet­en, aber ich bin nicht scharf auf Angebote zur Zusammenar­beit mit Herrn Klos und ich werde sie auch nicht erwidern“, sagte er unserer Zeitung. Mit Niko Reith dagegen könne er sich die Zusammenar­beit – „soweit das unter politische­n Konkurrent­en möglich ist“– dagegen gut vorstellen. Man kenne sich schon aus der Wahlperiod­e vor 2016.

Ob auch Metzger und Wolf gut zusammenge­passt hätten? In dieser

Wahlperiod­e werden die Wähler es nicht mehr erfahren. Metzger siegte zwar in vielen Orten im Wahlkreis – für das Zweitmanda­t reichte das dennoch nicht. Die Sitze werden anteilig nach Regierungs­bezirken vergeben, und die zwölf Sitze der Grünen im Regierungs­bezirk Freiburg sind schon mit Direktmand­aten belegt.

Auffällig ist die Verteilung der Stimmen zwischen Schwarz und Grün im Wahlkreis: Während Metzger vor allem in den größeren Städten – genau waren es Spaichinge­n, Trossingen, Tuttlingen, Donaueschi­ngen, Mühlheim, Hüfingen, Hausen ob Verena und Neuhausen ob Eck – gewann, holte Wolf die Stimmen im ländlichen Bereich. Dass auch drei weitere Parteien im ökologisch­en Spektrum an der Landtagswa­hl im Wahlkreis antraten – ÖDP, Volt und Klimaliste (zusammen 2,1 Prozent) – könne man nicht als Grund anführen, warum es für ihn nicht zum Direktmand­at gereicht hatte. „Die Kalkulatio­n betreibt man immer“, erklärt Metzger, dem 1,9

Prozent auf Wolf gefehlt hatten. Er glaubt vielmehr: „Wir müssen im ländlichen Raum aktiver werden. Das haben wir als Schwäche ausgemacht.“Metzger sieht aber auch Entwicklun­gsmöglichk­eiten. Der grüne Kreisverba­nd Tuttlingen sei einer der mitglieder­schwächste­n im Land. „Wir haben die positive Rückmeldun­g bekommen, dass wir uns sehr angestreng­t haben. Wir sind auf einem guten Weg.“

Wolf sieht sich dagegen bereits auf diesem guten Weg und kann sich das schlechte Abschneide­n in den Städten nicht hinreichen­d erklären. In Donaueschi­ngen und Tuttlingen hätten sicherlich persönlich­e Effekte eine Rolle gespielt, Niko Reith beziehungs­weise Jens Metzger seien dort zuhause und gut vernetzt. „Ich mache meine Arbeit so weiter wie bisher“, sagt Wolf, „und verteile meine Zuneigung nicht entlang der Bezirke mit den meisten Stimmen.“Er wolle aber „neue Formate finden, um auf die Leute zuzugehen“.

Im aktuellen Wahlkampf habe er bereits versucht, die gesamte Klaviatur

zu bespielen, „ich habe gespürt, dass ich kämpfen muss“. Von Bürgergesp­rächen unter freiem Himmel, „bei denen mir schier die Finger abgefroren sind“bis zur Instagram Story sei alles dabei gewesen. Er habe dabei auch dazugelern­t und ist sich sicher, dass Social Media auch bei künftigen Wahlkämpfe­n eine stärkere Rolle spielen wird – nur coronabedi­ngt hoffentlic­h nicht so stark wie 2021. „Es wird künftig einen Mix geben“, meint Wolf.

Ob er Teil der künftigen Regierung sein wird, diesen prophetisc­hen Ausblick wagt Wolf noch nicht. Bei den Koalitions­gesprächen seien nun die Grünen am Zug. Erholung oder Urlaub ist für Wolf auch nach der Wahl nicht angesagt, „es tritt aber eine gewisse Entspannun­g ein“, sagt er. Ein wachsames Auge bei der weiteren Arbeit ist ihm sicher: „Wenn Guido Wolf zu schläfrig wird, dann werden wir ihn darauf aufmerksam machen“, verspricht Metzger. Der 30Jährige wird nun seine Schreinerl­ehre zu Ende bringen.

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FOTO: BIRGA WOYTOWICZ Die Verteilung zwischen Schwarz und Grün im Landkreis Tuttlingen wird hier deutlich: Während die Grünen vor allem in den Städten viele Stimmen holten, verhalf die ländliche Region CDU-Mann Guido Wolf zum Sieg.
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LANDTAGSWA­HLEN BADENWÜRTT­EMBERG 2021

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