Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Impfstopp sorgt für Ärger und Verunsiche­rung

Meinungen über Entscheidu­ng gehen auseinande­r – Wie Impfzentru­msleiter Willi Römpp damit umgeht

- Von Johannes Böhler

HOHENTENGE­N - Seit Dienstag sind die Astrazenec­a-Impfungen auch im Kreisimpfz­entrum bei Hohentenge­n gestoppt. Vor Ort werden seither bis einschließ­lich Montag täglich im Schnitt fast 500 Menschen weniger geimpft, rund 300 Biontech-Impfdosen dürfen aber noch gespritzt werden.

Willi Römpp, der organisato­rische Leiter des Impfzentru­ms, muss vor Ort die Folgen der Entscheidu­ng verwalten. „Seit Dienstag habe ich hunderte E-Mails von Leuten bekommen, die wegen des Impfstopps entweder verärgert, verunsiche­rt oder beides sind“, sagt er. Auch einige geharnisch­te E-Mails seien dabei gewesen, dabei könne er doch überhaupt nichts dafür, dass er aufgrund einer Entscheidu­ng des Bundes rund 2900 Astrazenec­a-Impftermin­e habe absagen müssen. Trotzdem antwortet er auf jede E-Mail und jeden Anruf, den er deswegen bekommt. „Ich kann die Leute doch nicht hängen lassen“, sagt Römpp

Er sei zuversicht­lich, dass er allen Menschen, denen jetzt Termine abgesagt wurden, bis zum 6. April neue Termine geben könne. „Bis dahin sind wir komplett ausgebucht“, erklärt er. Vorrausset­zung dafür sei aber, dass es stabilen Impfstoffn­achschub gebe.

Da die gelieferte Impfstoffm­enge jedoch stark schwanke, müsse er vorsichtig planen und immer genügend Dosen für die geplanten Zweitimpfu­ngen zurückhalt­en. Das sei auch der Grund, weshalb er nicht einfach den Biontech-Impfstoff an die Menschen verteilen könne, die mit Astrazenec­a geimpft werden sollten.

Den meisten Impfwillig­en, die einen Astrazenec­a-Termin hatten, konnte Römpp rechtzeiti­g per E-Mail absagen. Doch nicht Hans-Peter Peschel aus Bad Saulgau, der mit leicht säuerliche­r Miene vom Eingang auf den Parkplatz zurückkomm­t. Er habe extra früher Feierabend gemacht und erst jetzt erfahren, dass er umsonst nach Hohentenge­n gefahren sei. „Bei mir hat sich niemand gemeldet, das ist schon sehr ärgerlich“, sagt er. Wegen des Astrazenec­a-Impfstoffs sei er unbesorgt, er lasse sich impfen, egal, ob er am Ende diesen oder das Biontech-Produkt gespritzt bekomme. „Sechs Thrombosen auf 1,5 Millionen Geimpfte – das Risiko gehe ich ein“, sagt er.

Viola Klasen aus Sigmaringe­n kommt gerade aus dem Hinterausg­ang der Halle. „Ich bin froh, dass ich den Biontech-Impfstoff bekommen habe“, sagt die Frau, die im ambulanten Dienst arbeitet. Bei allem, was man so in den Medien lese, habe sie bei Astrazenec­a ein mulmiges Gefühl. „Das viele Hin und Her schafft wirklich kein Vertrauen“, sagt sie. Sollte sich nach einer sorgfältig­en Prüfung jedoch herausstel­len, dass der Impfstoff unbedenkli­ch sei, könne sie dieses aber wieder zurückgewi­nnen.

„Da wird viel Wirbel um nichts gemacht“, meint der Sigmaringe­r Lehrer Armin Locher, der seinen Vater zur zweiten Impfung begleitet. Die Gefahr von Nebenwirku­ngen bei Astrazenec­a liege seines Wissens unter dem Promillebe­reich. Er selbst sei bereits mit Astrazenec­a geimpft worden, sein Vater mit Biontech und beide hätten sie die Impfungen gut vertragen.

„Wie soll ich das denn beurteilen, ich bin ja kein Mediziner“, antwortet Norbert Laermann aus Sigmaringe­ndorf auf die Frage, was er von dem Impfstopp für Astrazenec­a halte. „Da äußern sich sehr viele sehr unqualifiz­iert“, sagt er. Dennoch sei er froh, dass die Regierung Vorsicht walten lasse. Ähnlicher Ansicht ist auch Egon Zimmermann aus Sigmaringe­n. „Ich vertraue auf die Wissenscha­ft“, sagt er.

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FOTO: JOHANNES BÖHLER Der Warteberei­ch des Impfzentru­ms ist am Mittwoch leer.

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