Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Impfstopp sorgt für Ärger und Verunsicherung
Meinungen über Entscheidung gehen auseinander – Wie Impfzentrumsleiter Willi Römpp damit umgeht
HOHENTENGEN - Seit Dienstag sind die Astrazeneca-Impfungen auch im Kreisimpfzentrum bei Hohentengen gestoppt. Vor Ort werden seither bis einschließlich Montag täglich im Schnitt fast 500 Menschen weniger geimpft, rund 300 Biontech-Impfdosen dürfen aber noch gespritzt werden.
Willi Römpp, der organisatorische Leiter des Impfzentrums, muss vor Ort die Folgen der Entscheidung verwalten. „Seit Dienstag habe ich hunderte E-Mails von Leuten bekommen, die wegen des Impfstopps entweder verärgert, verunsichert oder beides sind“, sagt er. Auch einige geharnischte E-Mails seien dabei gewesen, dabei könne er doch überhaupt nichts dafür, dass er aufgrund einer Entscheidung des Bundes rund 2900 Astrazeneca-Impftermine habe absagen müssen. Trotzdem antwortet er auf jede E-Mail und jeden Anruf, den er deswegen bekommt. „Ich kann die Leute doch nicht hängen lassen“, sagt Römpp
Er sei zuversichtlich, dass er allen Menschen, denen jetzt Termine abgesagt wurden, bis zum 6. April neue Termine geben könne. „Bis dahin sind wir komplett ausgebucht“, erklärt er. Vorraussetzung dafür sei aber, dass es stabilen Impfstoffnachschub gebe.
Da die gelieferte Impfstoffmenge jedoch stark schwanke, müsse er vorsichtig planen und immer genügend Dosen für die geplanten Zweitimpfungen zurückhalten. Das sei auch der Grund, weshalb er nicht einfach den Biontech-Impfstoff an die Menschen verteilen könne, die mit Astrazeneca geimpft werden sollten.
Den meisten Impfwilligen, die einen Astrazeneca-Termin hatten, konnte Römpp rechtzeitig per E-Mail absagen. Doch nicht Hans-Peter Peschel aus Bad Saulgau, der mit leicht säuerlicher Miene vom Eingang auf den Parkplatz zurückkommt. Er habe extra früher Feierabend gemacht und erst jetzt erfahren, dass er umsonst nach Hohentengen gefahren sei. „Bei mir hat sich niemand gemeldet, das ist schon sehr ärgerlich“, sagt er. Wegen des Astrazeneca-Impfstoffs sei er unbesorgt, er lasse sich impfen, egal, ob er am Ende diesen oder das Biontech-Produkt gespritzt bekomme. „Sechs Thrombosen auf 1,5 Millionen Geimpfte – das Risiko gehe ich ein“, sagt er.
Viola Klasen aus Sigmaringen kommt gerade aus dem Hinterausgang der Halle. „Ich bin froh, dass ich den Biontech-Impfstoff bekommen habe“, sagt die Frau, die im ambulanten Dienst arbeitet. Bei allem, was man so in den Medien lese, habe sie bei Astrazeneca ein mulmiges Gefühl. „Das viele Hin und Her schafft wirklich kein Vertrauen“, sagt sie. Sollte sich nach einer sorgfältigen Prüfung jedoch herausstellen, dass der Impfstoff unbedenklich sei, könne sie dieses aber wieder zurückgewinnen.
„Da wird viel Wirbel um nichts gemacht“, meint der Sigmaringer Lehrer Armin Locher, der seinen Vater zur zweiten Impfung begleitet. Die Gefahr von Nebenwirkungen bei Astrazeneca liege seines Wissens unter dem Promillebereich. Er selbst sei bereits mit Astrazeneca geimpft worden, sein Vater mit Biontech und beide hätten sie die Impfungen gut vertragen.
„Wie soll ich das denn beurteilen, ich bin ja kein Mediziner“, antwortet Norbert Laermann aus Sigmaringendorf auf die Frage, was er von dem Impfstopp für Astrazeneca halte. „Da äußern sich sehr viele sehr unqualifiziert“, sagt er. Dennoch sei er froh, dass die Regierung Vorsicht walten lasse. Ähnlicher Ansicht ist auch Egon Zimmermann aus Sigmaringen. „Ich vertraue auf die Wissenschaft“, sagt er.