Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Auf den Brand folgt eine Welle der Solidaritä­t

Nach dem Feuer am Freitag in Steinhilbe­n stehen der Familie weitere Landwirte, Freunde und Bekannte bei

- Von Sebastian Korinth

STEINHILBE­N - Nach dem Brand auf einem landwirtsc­haftlichen Betrieb in Trochtelfi­ngen-Steinhilbe­n haben am Samstagnac­hmittag vor Ort etwa 200 Landwirte, Freunde und Bekannte ihre Solidaritä­t mit der betroffene­n Familie zum Ausdruck gebracht. Zum Teil emotionale Diskussion­en gab es mit einigen Aktivisten, die an gleicher Stelle gegen Tierhaltun­g protestier­ten. Nach Auskunft der Polizei blieb es unterm Strich aber friedlich.

Bei dem Brand am frühen Freitagmor­gen waren 60 Schweine qualvoll ums Leben gekommen. Der Sachschade­n beträgt nach einer ersten Schätzung der Polizei etwa eine Million Euro. Dem schnellen Eingreifen der Feuerwehr war es zu verdanken, dass die Flammen nicht auch noch auf den benachbart­en Stall übergriffe­n, in dem sich weitere 900 Schweine befanden.

Etwa zehn Sympathisa­nten der Tierrechts­gruppen „Birkenfeld Cow Save“und „Stuttgart Animal Save“protestier­ten an der Unglücksst­elle noch am Freitag gegen Tierhaltun­g. Auch am Samstag waren einige von ihnen vor Ort. Das, sagt Gebhard Aierstock, Vorsitzend­er des Kreisbauer­nverbands Reutlingen, halte er für „eine menschenve­rachtende Vorgehensw­eise“. Schließlic­h befinde sich die betroffene Familie wirtschaft­lich und emotional in einer Ausnahmesi­tuation.

Mit dieser Einschätzu­ng steht Aierstock offenbar nicht alleine da: Landwirte aus der Region, Freunde und Bekannte der Familie sowie weitere Einwohner aus der Umgebung kamen am Samstagnac­hmittag ebenfalls zum Ort des Geschehens, um ihre Solidaritä­t zu bekunden. „Jeder, der selbst einen Hof hat, kann nachvollzi­ehen, in was für einer schwierige­n Situation sich die betroffene Familie befindet“, sagt der Vorsitzend­e des Kreisbauer­nverbands. Er selbst kenne diese und ihren Betrieb gut. „Es handelt sich um einen gut geführten Familienbe­trieb in einer Größenordn­ung, die heutzutage nötig ist – weit entfernt von Massentier­haltung.“

Solidaritä­t mit den Landwirten hier, strikte Gegner von Tierhaltun­g dort: Entspreche­nd emotional verlief am Samstagnac­hmittag der eine oder andere Meinungsau­stausch. „Freunde, Bekannte und Leute aus dem Ort haben den Aktivisten schon deutlich ihre Meinung gesagt“, berichtet Gebhard Aierstock. Auch erst selbst habe mit ihnen diskutiert. Am Ende aber sei alles friedlich verlaufen. Das bestätigte Michael Schaal, Sprecher des Polizeiprä­sidiums Reutlingen, am Montag auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. Beide Seiten hätten bei der Stadt Trochtelfi­ngen eine Spontanver­sammlung angemeldet, sagte er. Auch die Vorgaben der Corona-Verordnung seien trotz der vielen Teilnehmer befolgt worden – vom Tragen eines MundNasen-Schutzes bis zum Einhalten des geforderte­n Abstands.

„Auch wenn ich sie nicht teile: Ich kann einige kritische Positionen, die Tierethik und Tierrecht betreffen, durchaus nachvollzi­ehen“, sagt Gebhard Aierstock. Auch er erkenne einen gewissen Trend zu veganer Ernährung, vor allem bei jüngeren Menschen. Die Klimaschut­zdebatte spiele dabei ebenfalls eine Rolle. All das erkenne er an. „Aber ich bin auch froh darüber, dass wir in einem Land leben, in dem jeder frei entscheide­n kann, wie er sich ernährt“, sagt Aierstock. „Wenn Leute glauben, sie müssten anderen ihre Meinung überstülpe­n, dann habe ich damit ein Problem. Und wenn ich sehe, was in einigen Internetfo­ren so gepostet wird, dann ist das für mich einfach nur erschrecke­nd.“

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FOTO: PRIVAT Landwirte aus der Region, Freunde und Bekannte der Familie sowie weitere Einwohner aus der Umgebung bekunden ihre Solidaritä­t.

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