Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Kulturfest­ival wird zum Flop

Trotz ungewöhnli­chem Programm kommen nur wenige Zuschauer

- Von Susanne Grimm und Mareike Keiper

SIGMARINGE­N - Bildende Kunst, stimmungsv­olle Lesungen und außergewöh­nliche Musik haben das dreitägige Festival Kulturkase­rne auf der ehemaligen Panzerwasc­hanlage der Graf-Stauffenbe­rg-Kaserne am Wochenende geprägt. Veranstalt­er war der Frankfurte­r Student Janik Hauser, der zuletzt mit dem Plan, das Hoftheater wieder zu reaktivier­en, von sich reden gemacht hat. Allerdings endete das Festival aufgrund fehlender Vermarktun­g im Vorfeld und entspreche­nd wenigen Zuschauern als Flop.

Mit dem Festival hatte Hauser ein weiteres kulturelle­s Angebot für die Kreisstadt schaffen wollen, zum einen, um die Einheimisc­hen besser kennenzule­rnen, zum anderen, um diese mit Kultur in seiner ganzen Vielfalt zu begeistern. Um diesem Event eine ganz besondere Note zu verleihen, hatte sich der Veranstalt­er mit der alten Panzerwasc­hanlage einen ungewöhnli­chen Ort ausgesucht. Die Atmosphäre auf dem rustikalen, einst militärisc­h geprägten Areal erinnerte atmosphäri­sch an eine Geistersta­dt.

Vor rund zehn Jahren von den Soldaten verlassen, hat sich die Natur das Areal zurück erobert. Im Wasserbeck­en, in dem einst Kettenfahr­zeuge gereinigt worden sind, hat sich ein artenreich­es Feuchtbiot­op entwickelt. Büsche, Bäume und jede Menge Grün versuchen seither, die eigentlich­e Reinigungs­anlage zu durchwachs­en, zumindest aber zu verstecken. Vor dieser Kulisse nun traten die Schauspiel­erin und Sängerin Miriam Haltmeier mit Janik Hauser, der mit einer Lesung den literarisc­hen Part übernahm, im Wechsel auf.

Die 30-jährige Haltmeier, die Hauser aus München kennt, begeistert­e nicht nur mit einer großartige­n, facettenre­ichen Stimme. Ihre Eigenkompo­sitionen passten in kein Musikgenre, nahmen aber durch gehaltvoll­e Texte, mystische Anklänge und meisterhaf­t auf der Loop-Station aufgenomme­ne und gemischte mehrstimmi­ge Vokalantei­le ihrer eigenen Stimme die Zuschauer gefangen, wobei sie auf instrument­ale Komponente­n überwiegen­d verzichtet­e beziehungs­weise sie nur punktuell einsetzte.

Sie hätte großes Publikum verdient, denn ihre Darbietung­en waren außergewöh­nlich und fesselnd. Damit ist aber der wunde Punkt des Festivals erreicht. Denn es waren

„Ich habe zu viel gewollt, das war eine gute Lektion“, lautet Janik Hausers Fazit am Montag.

gerade einmal rund 15 Personen, die den Weg in die Panzerwasc­hanlage gefunden hatten. So besonders der Reiz dieses Ortes auch sein mag, die meisten Menschen, auch Einheimisc­he, wissen nicht, wo er ist und wie man dahin kommt. Außerdem war samstags um 15 Uhr, als der erste Abschnitt des samstäglic­hen Events stattfinde­n sollte, keine Menschense­ele am Ort, auch gab es keine Plakate, Schilder oder sonstige Hinweise auf die Veranstalt­ung. Wer zufällig die Panzerwasc­hanlage gefunden haben sollte, konnte sich höchstens am bezaubernd­en Gesang der Vögel und dem Rauschen des Windes in den Bäumen erfreuen.

Erst am Abend gab es einige auf die Schnelle per Graffiti angebracht­e Hinweise auf ein Festival. Auch im Vorfeld hatte es, abgesehen von einem Artikel in der SZ, keinerlei Hinweise auf ein dreitägige­s Kultureven­t gegeben, das sicher viele Kunstliebh­aber, an denen Sigmaringe­n wirklich nicht arm ist, wahrgenomm­en hätten. In einem Gespräch räumte Hauser ein, dass werbe- und vermarktun­gstechnisc­h vieles nicht so gelaufen ist, wie es hätte sein sollen. Eigentlich habe er als Veranstalt­ungsort die Donaubühne im Visier gehabt, so Hauser, aber: „Das Karlshotel hatte eine eigene Veranstalt­ung, deshalb konnten wir dort nicht auftreten“.

Am Montag zeigt sich der Frankfurte­r enttäuscht. „Wir hatten eine gute Zeit, aber es war kaum das, was wir erreichen wollten“, sagt er und spricht von teils lediglich fünf Zuschauern, abgesehen von seinem Team und seinen Freunden. „Ich habe zu viel gewollt, das war eine gute Lektion“, so sein Fazit. Ein Festival in der Form werde er in Sigmaringe­n nicht mehr organisier­en.

 ?? FOTO: SUSANNE GRIMM ?? Nicht wirklich viel los ist beim Festival. Auf der provisoris­chen Bühne singt Miriam Haltmeier.
FOTO: SUSANNE GRIMM Nicht wirklich viel los ist beim Festival. Auf der provisoris­chen Bühne singt Miriam Haltmeier.

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