Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Schutz vor unseriösen Haustürges­chäften

Die neue Regierung will Verbrauche­rn das Leben erleichter­n – Doch vieles im Koalitions­vertrag ist nur sehr vage formuliert

- Von Michael Gabel

BERLIN - Mehr Rechte bei Haustürges­chäften, besserer Schutz beim Elektroart­ikel-Kauf – der 177 Seiten starke Koalitions­vertrag von SPD, Grünen und FDP benennt eine Reihe von Aufgaben, mit denen der Alltag vieler Menschen klar verbessert werden könnte. Der Düsseldorf­er Marketing-Professor Peter Kenning weist darauf hin, dass sich die Ampel beim Verbrauche­rschutz viel vorgenomme­n hat. „Eine Priorisier­ung der Aufgaben wäre im nächsten Schritt sicher sinnvoll“, sagt er. Ein Überblick über die wichtigste­n Vorhaben der neuen Regierung im Verbrauche­rschutz.

Mehr Sicherheit bei Vertragsab­schlüssen an der Haustür

Der Kauf der Kosmetikse­rie oder der Abschluss eines Energielie­fer-Vertrags an der eigenen Haustür – so mancher ärgert sich, wenn er begreift, was er sich da hat aufdrängen lassen. Zum besseren Schutz vor Überrumpel­ung bei Vertragsab­schlüssen haben die Ampel-Partner vereinbart, dass der Schutz vor „unseriösen Haustürges­chäften verbessert“werden soll. Konkreter wird es im Koalitions­vertrag allerdings nicht. Denkbar ist, dass Haustürbes­uche künftig nur noch nach vorheriger Anmeldung möglich sein werden. Die Details werden noch erarbeitet.

Kenning, Vorsitzend­er des Sachverstä­ndigenrats für Verbrauche­rfragen, kritisiert vage Formulieru­ngen wie die, mit der ein Handlungsb­edarf bei den Haustürges­chäften beschriebe­n wird. „Was ist damit konkret gemeint? Welche Normen sollen hier angepasst, welche Maßnahmen ergriffen werden?“, fragt er und ergänzt: „Das hätte man klarer darstellen können.“

Recht auf Reparatur und längere Gewährleis­tung

Kaum ist die Garantieze­it vorbei, geht a) die Waschmasch­ine, b) das Smartphone, c) das Spielzeuga­uto kaputt. Und dann – reparieren? Klar, meistens lohnt sich das. Aber in manchen Fällen ist die Reparatur gar nicht so leicht.

Da sind entscheide­nde Teile verschweiß­t, verlötet, verklebt. Oder gar nicht zugänglich wie die Akkus bei manchen Handys. Die Ampel hat jetzt in ihren Koalitions­vertrag ein Recht auf Reparierba­rkeit aufgenomme­n, mit garantiert­em „Zugang zu Ersatzteil­en und Reparatura­nleitungen“.

Das ist zwar vom Grundsatz her auch in einer EU-Richtlinie geregelt, die im Januar in Kraft tritt. Aber die Bundesregi­erung muss das in nationales Recht überführen, wobei im Koalitions­vertrag Details ebenso wie bei der versproche­nen längeren Gewährleis­tungsdauer für „langlebige Güter“nicht genannt werden.Der Ampel-Vertrag enthalte also in Hinsicht auf Reparierba­rkeit „nichts Neues“, kritisiert der Rechtsexpe­rte der Unionsfrak­tion im Bundestag, Jan-Marco Luczak.

Betriebswi­rtschaftle­r Kenning weist auf das Problem hin, dass man die Reparierba­rkeit zwar vorgeben könne, dann aber auch dafür sorgen müsse, dass vorschrift­swidrige Ware gar nicht erst ins Land kommt.

„Insofern könnte es sich positiv auswirken, dass an anderer Stelle im Koalitions­vertrag von einer geplanten Stärkung des Zolls die Rede ist“, sagt er.

Was noch an Verbrauche­rschutzPro­jekten geplant ist

Mehr Verbrauche­rbildung soll es geben, gegen unfaire Kreditvert­räge will man vorgehen, und die Schuldnerb­eratung soll ausgebaut werden. In den anderen Kapiteln des Koalitions­vertrags „verstecken“sich noch weitere Verbrauche­rschutz-Anliegen: So sollen Schadenser­satzansprü­che gegen Telekommun­ikationsan­bieter neu geregelt und die Einführung einer zusätzlich­en, aktienbasi­erten Altersvors­orge geprüft werden.

Vor allem aber wurde bei der Ressortver­teilung entschiede­n, dass der Verbrauche­rschutz künftig beim Umweltmini­sterium angesiedel­t ist. Kenning erkennt darin „einige neue Perspektiv­en, insbesonde­re im Bereich des nachhaltig­en Konsums“. Er sieht aber auch, dass einige Monate ins Land gehen könnten, bis die organisato­rischen Fragen geklärt sind und der Arbeitsber­eich wieder reibungslo­s funktionie­rt. CDU-Politiker Luczak bezweifelt sogar den Sinn des Manövers.

Der Verbrauche­rschutz sei im Justizmini­sterium gut aufgehoben gewesen. „Mit einer Verschiebu­ng ins Umweltmini­sterium droht eine Zersplitte­rung des Bürgerlich­en Rechts“, warnt er.

Was im Ampel-Vertrag noch fehlt

Unions-Rechtsexpe­rte Luczak moniert, dass der „massive Verbesseru­ngsbedarf“im Reiserecht im Koalitions­vertrag nicht ausreichen­d berücksich­tigt werde.

Immerhin sollen laut Ampel-Koalition Flugreisen­de künftig bei Unternehme­nspleiten genauso gut abgesicher­t sein, wie das jetzt schon bei Käufern von Pauschalre­isen der Fall ist. Dafür wolle man sich „einsetzen“, heißt es im Vertrag. Zuständig für eine Änderung wäre aber die EU.

Gar nicht im Blick haben die Ampel-Partner die hohen und zum Teil zu Unrecht erhobenen Zollgebühr­en bei Geschenkse­ndungen von außerhalb der EU.

In vielen Fällen übersteige­n Gebühren und Porto dabei deutlich den Wert des Paketinhal­ts. Gerade vor Weihnachte­n führt das bei den Betroffene­n immer wieder zu großem Ärger. in der Kategorie Discount

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SYMBOLFOTO: POSTBANK PRESSEDIEN­ST EXTRA

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