Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
3G: Geimpft, geboostert, geschützt
Betrieb im neuen Impfstützpunkt läuft gut an, nur Anzahl an Erstimpfungen enttäuscht
SIGMARINGEN - Spritze statt Staubsauger: Wo unlängst noch Elektrowaren aller Art angeboten wurden, gibt es seit Samstag Vakzine von Moderna und Biontech. In die ehemaligen Medimax-Räume ist der neue Impfstützpunkt des Landkreises Sigmaringen eingezogen. Hier sollen in den nächsten Wochen möglichst viele Impfungen erfolgen. Für Tag 1 ziehen Impfwillige wie auch medizinisches Personal und ehrenamtliche Helfer ein positives Fazit, auch wenn man sich eine noch höhere Impfbereitschaft und vor allem mehr Erstimpflinge erhofft hatte.
Bereits um 8:45 Uhr steht ein älterer Herr geduldig am Einlass. Kurz vor Öffnung um 10 Uhr sind dann Parkplatz und Vorraum des neuen Impfstützpunktes gut gefüllt. Es warten Impfwillige mit und ohne Termin. Helfer der DRK-Bergwacht übernehmen das Prozedere vor dem Piks, das medizinische Personal der Oberschwabenkliniken verabreicht das Vakzin. Einer von ihnen ist Egon Kernler, Krankenpfleger im Ruhestand. Sorgfältig zieht er die kleinen Kanülen auf und sortiert leere Dosen. „Damit wir am Ende des Tages genau wissen, wieviel verimpft wurde.“Auf jeden Fall sei genügend Impfstoff vorhanden, von beidem, so Kernler.
Das sei keine Normalität, schon gar keine planbare, weiß Professor Franz Konrad, der für die mobilen Impfteams und den stationären Stützpunkt im Landkreis verantwortlich zeichnet. „Die Impfstofflogistik ist oft schwierig“, sagt der Mediziner, „abends wird Moderna angekündigt und morgens kommt doch noch Biontech.“Aber für die Booster-Impfung seien beide gut, wichtig sei nur, dass Erst-, Zweit- und Drittimpfung aus maximal zwei unterschiedlichen Impfstoffen bestehen sollten. Für unter 30-Jährige und Schwangere werde ausnahmslos Biontech verimpft. Mit dem Start des Impfstützpunktes zeigt Konrad sich zufrieden, „aber die Anzahl an Erstimpfungen ist nach wie vor enttäuschend“.
„Bitte eine Reihe aufrücken“, sagt Katja Netto vom Bergwacht-Team zu den Impfwilligen auf den Stühlen. Wer in der vordersten Reihe sitzt, hat es fast geschafft. So wie Thomas Bauknecht aus Mengen. Als einer der ersten holt er sich seine Boosterimpfung ab - im zweiten Anlauf. „Ich war letzten Sonntag in Meßkirch und sechs Leute vor mir war der Impfstoff aus.“Als kleine Entschädigung habe er einen der ersten Termine im neuen Impfstützpunkt in Sigmaringen erhalten. Hinter ihm sitzt seine Kollegin, Renate Münch aus Sigmaringen. Auch sie lässt sich boostern.
„Ab einem gewissen Alter sollte man vorsichtig sein“, sagt sie.
10:20 Uhr geht eine Frau lächelnd zum Ausgang. Sie hat bereits ihre Auffrischimpfung erhalten, ohne Termin. „Bei der Hotline war kein Durchkommen, jetzt bin ich einfach hergekommen und schon fertig“, freut sie sich. Eine Minute später gleiche Aussage von einer jungen Frau aus Sigmaringen, ebenfalls geboostert ohne Termin. „Ich fange im Januar an zu arbeiten, außerdem möchte ich meine Kinder und meine Eltern schützen.“
Eine andere Frau muss unverrichteter Dinge wieder gehen - sie ist ein paar Tage zu zeitig, die Auffrischungsimpfung erfolgt frühestens fünf Monate nach der Zweitimpfung. Ausnahme bildet die Impfung mit Johnson & Johnson, hier wird eine Auffrischung bereits nach vier Wochen empfohlen.
Der Andrang vom frühen Morgen ist am Nachmittag verflogen. Kurze Verschnaufpause für Ärzte und Helfer, für die Impfwilligen läuft es jetzt noch fixer. „Ganze 10 Minuten und alles war erledigt“, sagt Gerhard Knaus aus Laiz, der sich ebenfalls seine Drittimpfung geholt hat. Ein junger Mann füllt das Formular für seine Zweitimpfung aus, die Erstimmunisierung erfolgte vor drei Wochen. Warum erst so spät und dann so schnell die Auffrischung? „Aus gesundheitlichen Gründen durfte ich nicht eher, sonst hätte ich es schon längst getan“, sagt der 27-Jährige.
Getan mit gerade einmal 14 Jahren hat es eine Schülerin aus Mengen. Sie war eine der wenigen Erstimpflinge am Samstag. Die Entscheidung habe sie selbst getroffen. Wenn der Schülerausweis nicht mehr als Nachweis ausreiche, sei es nervig, sich ständig testen zu lassen, nur weil man essen oder in die Geschäfte gehen möchte, sagt ihre Mutter.
„Letztendlich führt an der Impfung kein Weg dran vorbei“, sagt frisch geboostert Julian Stemmer aus Wald. Er arbeitet als Erzieher in Pfullendorf und sieht die Pandemie als Herausforderung für alle. „Das wird schon noch eine Weile dauern und deswegen ist es um so wichtiger, sich impfen zu lassen.“
Am Ende des Tages vermeldet Professor Konrad im Impfstützpunkt Sigmaringen 327 und von der Impfaktion im Landratsamt 381 Impfungen. Davon waren 51 Erstimpfungen.
Impfstützpunkt Sigmaringen
Der in den Käppeleswiesen 7 hat montags bis freitags von 13 bis 20 Uhr und samstags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Eine Terminabsprache unter 07571/102 64 65 wird empfohlen.