Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
O Tannenbaum, du kannst mir gefallen
Museum für Klosterkultur zeigt Christbaumschmuck durch die Jahrhunderte
WEINGARTEN – Sie schmücken Plätze, Geschäfte, Wohnzimmer und Kirchen – die Weihnachtsbäume. Ob Lichterkette, Lametta, Kugeln oder Sterne, die Gestaltungsfreude ist grenzenlos. Dass diese Tradition zur Wintersonnenwende Jahrhunderte zurückreicht und in vorchristlicher Zeit ihre Wurzeln hat, zeigt eine Ausstellung im Museum für Klosterkultur bis 6. Februar.
„O Tannenbaum, wie grün sind deine Blätter.“Wenn wir auch vollmundig alle Jahre wieder das winterliche Grün besingen und damit die Unverwüstlichkeit des Lebens, huldigen wir doch immer auch der Pracht am Baum: dem Lichterglanz, dem Farbenspiel von Kugeln, Flittergold und einer unendlichen Vielfalt von Figuren, vom Engel bis zu eingefärbten Nüssen, vom Strohstern bis zu bunten Schleifen.
Dabei ist der Weihnachtsbaum keine christliche Erfindung. Er hat seine Wurzeln in heidnischen Bräuchen. So holten sich einst die Germanen und Römer zur Wintersonnenwende grüne Zweige ins Haus als Zeichen der Hoffnung auf den nächsten Frühling und um Dämonen aller Art zu vertreiben. Was dann später in die christliche Kultur Eingang fand.
Schon 1419 soll in Freiburg ein Tannenbaum mit Äpfeln, Lebkuchen und Mandelkern behängt worden sein. War in früheren Jahrhunderten der geschmückte Christbaum nur den Hochwohlgeborenen vorbehalten, tauchte er im 19. Jahrhundert auch in Bürgerhäusern auf. Und „O Tannenbaum“machte ihn unsterblich und brachte mit „Stille Nacht“ und anderen Liedern Weihnachten in alle Welt.
Dominierte früher Essbares als Christbaumschmuck und wurde daher gerne von Kindern geplündert, gewannen im Lauf der Zeit andere Materialien die Oberhand, wie Zinn, Glas, Watte, Stroh oder Papier. Um 1850 gab es die ersten mundgeblasenen Christbaumkugeln und auch Perlenketten aus Gablonz, die sich feierlich von Zweig zu Zweig schwangen. Lametta, die Gold- und Silberfäden aus Staniol, waren dann ab Ende des 19. Jahrhunderts angesagt. So war und ist Christbaumschmuck immer auch Moden unterworfen und ein Spiegel der Zeit.
Im Jahr 1870, zur Zeit des deutschen Kaiserreiches, wurde die Pickelhaube Vorbild für die Zier. Neben Rauschgoldengel und Stern von Bethlehem hat sich die Helmspitze deutsche bis heute als krönender Baumabschluss gehalten. Erlaubt ist, was gefällt. Und beim Brauch des Christbaumlobens ist nicht überliefert, dass einer wegen Kitschverdachts durchgefallen wäre. Ob schrill, bunt oder Ton in Ton, was alle Christbäume eint, sind Kerzen. Sie bringen Licht in dunkle Nacht. Jesus steht für das Licht der Welt, der in Bethlehem geboren wurde. Dies feiern Christen an Weihnachten.
Waren früher Wachskerzen das Non plus ultra, geht man mit der elektrischen Lichterkette heute auf Nummer sicher. Setzte doch so mancher Zimmerbrand der Bescherung ein unliebsames Ende. Auch hält der Trend zum Zweitbaum an. Einen für drinnen, einen für draußen. Wurde einst der Christbaum erst an Heiligabend den lieben Kinderlein offenbart, so ist er bei vielen heute schon beliebter Begleiter im Advent. Auch schon mal die geschmückte Plastiktanne, made in China.
Der größte Weihnachtsbaum der Welt steht im Übrigen in Dortmund, das lassen sich die Deutschen dann doch nicht nehmen. Jedoch dürfte der bekannteste auf dem Globus der Christbaum am Rockefeller Center in New York sein. Und kaum zu glauben, auch wenn die großen Christbäume nebst Krippe in Kirchen nicht mehr wegzudenken sind, hat der Papst doch erst 1982 einen geschmückten Tannenbaum auf dem Petersplatz erlaubt. So hat im Lauf der Zeit alle Welt diese volkstümliche Tradition ins Herz geschlossen und alles singt aus voller Brust: „O Tannenbaum, du kannst mir sehr gefallen.“
Sonderausstellung
Die über Christbaumschmuck durch die Jahrhunderte läuft noch bis 6. Februar im Museum für Klosterkultur, Heinrich-Schatz-Str. 20, Weingarten.