Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Man muss seine Gefühle laufen lassen“
Der Sigmaringer Gitarrist Fabian Zeller spricht über Fado und seine Liebe zum Klang
SIGMARINGEN - Für Fabian Zeller ist die Gitarre das, was für andere die Tastatur ist: das wichtigste Utensil im Job. Der 29-Jährige, der aus Sigmaringen stammt, hat bei Thomas Ciesla an der Städtischen Musikschule Gitarrenunterricht genommen, danach in Rostock für vier Jahre klassische Gitarre studiert und lebt inzwischen in Dresden. Seit Jahren gibt er bundesweit Konzerte, am 17. Februar auch wieder in Sigmaringen im Alten Schlachthof, gemeinsam mit Violinist und Sänger Alejandro Carrillo als Duo Resonado. Im Interview mit SZ-Redakteurin Mareike Keiper spricht Zeller über seine portugiesischen Wurzeln, seinen Alltag als Berufsmusiker und einen außergewöhnlichen Fund in seiner Heimatstadt.
Herr Zeller, wie viele Gitarren besitzen Sie?
In meinem Studio in Dresden sind es acht, in Sigmaringen steht eine und in Portugal auch. Hinter einer steckt auch eine ganz witzige Geschichte. Die Arthur-Lang-Gitarre hat mein Vater auf dem Recyclinghof in Sigmaringen gefunden. Das war vor drei, vier Jahren. Eine alte Frau wollte sie in den Holzschrott werfen, als mein Vater sie entdeckte. Ich dachte noch, dass ich doch genug Gitarren habe, aber mein Vater hat interveniert. Und er hatte Recht: Es ist eine Jazz-Gitarre aus den 50er-Jahren von Arthur Lang, einer der ersten, der diese amerikanischen Modelle in Deutschland gebaut hat. Die Gitarre ist mindestens 4000 Euro wert.
Worauf müssen Sie achten, um ein richtig guter Gitarrist zu sein? Rhythmusgefühl ist natürlich wichtig und ein guter Klang sowie Klangfarbenvielfalt, dass man sein Instrument kennt und versteht. Das Emotionale ist aber am wichtigsten. Man muss das Stück im Konzert so spielen, als wäre es gerade entstanden, und seine Gefühle laufen lassen. Da unterscheide ich auch zwischen Üben und Spielen: Wenn ich spiele, mache ich das, weil ich gerade Lust darauf habe. Es geht darum, einfach loszulegen, unabhängig von Fehlern. Beim Üben achte ich genau auf alles und bin eher fokussiert.
Sie sind selbstständiger Berufsmusiker. Wie sieht ein Tag in Ihrem Leben aus?
Das hängt natürlich vom Tag ab. Ich habe einen Lehrauftrag am Musikgymnasium in Dresden, wo Talente gefördert werden. Dort habe ich ein paar Schüler. Darüber hinaus stehen das Üben für Konzerte oder Proben an, das umfasst täglich mehrere Stunden. Außerdem gibt es die Kompositionsarbeit: Ich verbessere meine Stücke und schreibe das teilweise auf für die Veröffentlichung bei Verlagen oder ich entwickele neue Stücke. Ich muss aber auch eine Menge Organisatorisches machen: die Kommunikation mit Verlagen, die Koordination von Terminen oder das Verwalten der sozialen Medien. Und wenn ich mal nichts vorhabe, genieße ich es, in Ruhe zu komponieren und zu üben.
Warum haben Sie sich überhaupt entschieden, mit der Gitarre beruflich durchzustarten?
Zur Gitarre bin ich über meinen Onkel Martin Zeller gekommen. Mit 13 Jahren hab ich ihn in Berlin besucht. Er hat überall Gitarren, hat mir einfach eine gegeben und in den Ferien ein bisschen was gezeigt. Das hat mich fasziniert. Der Klang ist wunderschön und ich bin damit sehr flexibel und stilungebunden. Sie ist sowohl ein populäres Instrument, aber sie hat auch eine klassische Tradition. Deshalb passt die Gitarre zu mir:
Ich habe mich noch nie auf einen Stil festlegen wollen. Außerdem ist ein großer Vorteil, dass ich die Gitarre überallhin mitnehmen kann.
Sie sagen, Sie seien stilistisch sehr flexibel. Wie würden Sie Ihren Stil denn beschreiben?
Viele Veranstalter bezeichnen meinen Stil als Weltmusik, weil es weder Jazz noch Klassik ist, aber trotzdem Einflüsse von folkloristischer Musik hat. Latin und Fado sind große Einflüsse. Aber am Ende sind das Schubladen, auf die ich mich nicht festlegen möchte. Deshalb wollte ich auch nie bloß in einer Rockband spielen, sondern mich breiter aufstellen.
Sie sprechen von Fado, einer traditionellen portugiesischen Musikrichtung, und Sie haben auch portugiesische Wurzeln. Hat Sie das beeinflusst?
Ja. Wir waren in meiner Kindheit jedes Jahr bei meinen Großeltern in Portugal. Dort ist die Gitarre vor allem in der traditionellen Fado-Musik auch sehr wichtig, die habe ich immer wieder gehört und ich finde, diese Art Gesang ist die schönste, die es gibt. Deshalb greife ich diese Musik in meinen Kompositionen gerne auf.
Was für Musik hören Sie privat? Wenn ich nicht gerade selbst so viel Musik gemacht habe und deshalb auch mal die Stille genieße, höre ich alles mögliche, von Hip-Hop bis Debussy. Rock mag ich auch sehr gerne.
Und was geht gar nicht?
Einige neue Popsongs, bei denen die Stimme mit Autotune so künstlich gemacht wird. Leider wirkt es für mich, als ob Musik heutzutage immer mehr zum Produkt wird, das sich gut verkaufen muss. Die Texte haben oft keine Aussage, der instrumentale Part keinen künstlerischen Wert und die Harmoniefolgen basieren auf Liedern, die schon mal großen Erfolg hatten. Dadurch ist es so langweilig und man hat das Gefühl, es klingt alles gleich. Aber es gibt trotzdem noch immer so viel tolle Musik auf der Welt und ich freue mich sehr, dass doch sehr viele Leute immer noch einen guten Musikgeschmack haben.
Karten
für das Konzert des Duo Resonado, das am 17. Februar ab 20 Uhr im Alten Schlachthof stattfindet, gibt’s online. Sie kosten 14 Euro, ermäßigt 8 Euro. Infos auf
●»