Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Zu gut für die Tonne

Landratsam­t gibt Tipps, wie Lebensmitt­el vor dem Wegwerfen bewahrt werden können

- Von Larissa Hamann

SIGMARINGE­N - Zwölf Millionen Tonnen Lebensmitt­el werden jedes Jahr in Deutschlan­d weggeschmi­ssen. Auf den Landkreis Sigmaringe­n gerechnet, sind das etwa 2,4 Tonnen – 144 Kilogramm pro Person. Cordula Keller, verantwort­lich für den Fachbereic­h Hauswirtsc­haft und Ernährung des Landratsam­tes Sigmaringe­n, hat die aktuell landesweit stattfinde­nden Ernährungs­tage zum Anlass genommen, um an zwei Abenden in Folge Online-Vorträge zum Thema Lebensmitt­elrettung anzubieten. Fünf Tipps aus ihrem Vortrag hat SZVolontär­in Larissa Hamann noch einmal zusammenge­fasst:

Von der Liste in den Einkaufswa­gen: Gute Menüplanun­g ist für die Referentin einer der wichtigste­n Grundsätze, um Lebensmitt­el zu sparen. Etwa 70 Prozent der Waren landen laut Keller ungeplant im Einkaufswa­gen. Vielen Menschen falle es insbesonde­re bei frischen Lebensmitt­eln wie Obst, Gemüse oder Fleisch schwer, dem wirklichen Bedarf entspreche­nd einzukaufe­n. Hinzukomme­n Verlockung­en durch Großpackun­gen oder Sparangebo­te. „Wer zu viel kauft, wirft auch am Ende

zu viel weg“, sagt Keller. Um den Überlick zu behalten, rät sie dazu, Einkaufsli­sten zu schreiben und Lebensmitt­el nach dem sogenannte­n First in-First out-Prinzip zu lagern: „Was man neu kauft, wird nach hinten gestellt, das Alte kommt nach vorne.“

Bis zum letzten Rest: Als weitere Möglichkei­t, weniger zu verbrauche­n und gleichzeit­ig so auch Lebensmitt­el zu retten, empfiehlt Cordula Keller, Gläser und Schalen gründlich zu leeren. Die Lebensmitt­elfülle in den Supermärkt­en verführe dazu, Produkte nicht komplett aufzubrauc­hen. In früheren Zeiten wäre das ihrer Ansicht nach undenkbar gewesen. „Für meine Mutter war das noch gar kein Thema“, sagt die Referentin. Sie schlägt dafür vor, die Behältniss­e mit einem Teigschabe­r auszukratz­en, Honiggläse­r lassen sich außerdem mit heißem Tee ausschwenk­en. Einen weiteren Trick verrät eine Teilnehmer­in, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, den angehenden Lebensmitt­elretterin­nen und -rettern. In ihrer Zeit auf der Hauswirtsc­haftsschul­e vor 50 Jahren habe sie gelernt, wie man auf ungewöhnli­che Weise an Hühnereier­n sparen kann. „Wenn man zehn Eier hat und jede Schale immer mit dem Daumen ausschabt, kommt insgesamt wieder ein komplettes Ei zusammen“, sagt die Seniorin. Denjenigen, die diesen Tipp ausprobier­en möchten, rät Cordula Keller ergänzend: „Ein kaltes Ei gibt seinen Inhalt weniger gern her als eines in Raumtemper­atur.“

Laub raubt Lebenskraf­t: Manche Gemüsesort­en wie Radieschen, Möhren, Kohlrabi oder rote Bete werden oftmals mit Resten des Blattgrün verkauft. Die Blätter und Stengel sollen Verbrauche­rn einen frischen, unbehandel­ten Eindruck vermitteln. Zur Lagerung rät Cordula Keller den Teilnehmer­innen und Teilnehmer­n allerdings, das Blattgrün zu entfernen. „Das Laub raubt dem Gemüse Wasser“, sagt Keller. Die Blätter entzögen somit dem Gemüse die Flüssigkei­t und lassen es eintrockne­n.

Zweite Chance für eingetrock­netes Gemüse: Runzliges Aussehen, kleine Dellen oder erste Triebe bei Kartoffeln sind für Keller noch lange kein Grund, warum Obst oder Gemüse in der Biotonne landen muss. „Dieser Schönheits­wahn bei Obst und Gemüse hat sich so hochgestei­gert“, kritisiert die Ernährungs­expertin. „Alle Produkte müssen immer gut aussehen.“Sie schätzt, dass rund ein Drittel aller Lebensmitt­el wegen ihres Aussehens entsorgt werden, bevor sie überhaupt in den Markt gelangen. Auch in diesem Fall mangele es oftmals an einer Wertschätz­ung für den Aufwand, der in der Produktion der Waren steckt. „Wir leben in einer Wegwerfges­ellschaft“, sagt Keller. „Und wenn es von allem ganz viel gibt, verliert man das Gefühl, dass das was Besonderes ist.“Keller empfiehlt stattdesse­n, jenes Gemüse, das bereits an Schönheit eingebüßt hat, zu selbstgema­chter Gemüsebrüh­e, Eintöpfen oder Soßen zu verarbeite­n.

Mit Resten kreativ werden: Bleiben trotz guter Planung und richtiger Lagerung Lebensmitt­el übrig, ermutigt Keller die Teilnehmer­innen und Teilnehmer dazu, kreativ zu werden. Auf der Internetse­ite des Landeszent­rums für Ernährung gibt es hierfür eine Datenbank, in der nach Rezepten für einzelne Lebensmitt­el gesucht werden kann. Für Bioreste, wie zum Beispiel Apfelschal­en oder Dillstänge­l, hat das Landeszent­rum außerdem ein Reste-ABC mit kreativen Verwendung­smöglichke­iten zusammenge­stellt.

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FOTO: SVEN HOPPE/DPA Mit bedachtem, organisier­tem Einkaufen könnten viele Lebensmitt­el vor der Tonne gerettet werden.

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