Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Bad Saulgau muss bis an die Schmerzgrenze streichen
Ausschuss und Verwaltung ringen um einen genehmigungsfähigen Haushalt
BAD SAULGAU - Massive Einsparungen, die selbst Kürzungen bei Kernthemen wie Digitalisierung und Klimaschutz vorsehen, hat der Verwaltungsausschuss des Bad Saulgauer Gemeinderats in einer neuerlichen Haushaltsberatung beschlossen. Mit einer ganzen Reihe von Einsparungen bei Investitionen und höheren Ansätzen bei den Einnahmen versuchten Stadtverwaltung und Ausschuss doch noch einen genehmigungsfähigen Haushalt für das laufende Jahr auf dem Weg zu bringen.
„Wir sind uns einig, dass wir zu Sparbeschlüssen kommen müssen, sonst haben wir keine Chance, einen genehmigungsfähigen Haushalt zu bekommen“, sagte Bürgermeisterin Doris Schröter. In welcher schwierigen finanziellen Situation sich die Stadt befindet, machte Elke Krieger von der Kämmerei im Detail deutlich. Zwar stellt sich die Einnahmesituation besser dar als aufgrund der Corona-Pandemie befürchtet. Das Problem besteht auf der Ausgabenseite.
Im Ergebnishaushalt wirkt sich die gute wirtschaftlichen Entwicklung in den Jahren 2020 und 2021 negativ aus. Mehreinnahmen etwa durch eine höhere Gewerbesteuer wirken sich mit höheren Umlagen negativ auf den Haushalt aus. „Das fällt uns jetzt auf die Füße“, umschrieb das der Erste Beigeordnete und Kämmerer Richard Striegel. Fast eine halbe Million Euro zusätzlicher Ausgaben durch die Pandemie für Teststationen und Tests an Schulen und Kindergärten, höhere Personalausgaben, Ausgaben für Wettbewerbe, hohe Bewirtschaftungskosten und Negativzinsen für Rücklagen aus Haushaltsresten drücken als weitere Faktoren das Ergebnis.
Entscheidend aber sind Inflation, extreme Preiserhöhungen bei Material und Baukosten. Mit ihnen wurde der eigentlich fertige Haushalt zur Makulatur. „Wir mussten den ursprünglichen Entwurf in die Tonne treten und stehen jetzt wieder am Anfang der Diskussion“, so Richard Striegel. Statt eines Plus als Eigenmittel für Investitionen weist der Ergebnishaushalt bereits 2022 ein Negativergebnis von -750 000 Euro aus, in den beiden folgenden Jahren müssten Minusbeträge in Millionenhöhe ausgewiesen werden. Eine eingeplante Tilgung von Krediten ab 2024 ist so nicht zu erwirtschaften und die Rücklagen werden bis auf die Mindestrücklage aufgebraucht sein.
Die Finanzverwaltung setzt den Hebel sogar bei den Ansätzen im Ergebnishaushalt
an. Der Ansatz für die Gewerbesteuer wurde auf 11,4 Millionen Euro erhöht. „Wenn wir absehen, dass wir den Ansatz nicht erreichen, werden wir die Gewerbesteuer zum Ende des Jahres erhöhen müssen“, sagte Richard Striegel. Verzichtet wird auf eine ganze Reihe von geplanten Broschüren, gekürzt wurden Vereinszuschüsse oder der Zuschuss an den Stadtbus.
Der Neubau eines Büro- und Sozialgebäudes des Bauhofs soll nun nicht einen höheren Energiestandard erfüllen als eigentlich vorgeschrieben, womit sich die Stadt in diesem Jahr Einsparungen in Höhe von 100 000 Euro erhofft. Das Projekt der weiteren Digitalisierung im Rathaus fiel ebenfalls dem Rotstift zum Opfer. 140 000 Euro von 150 000 Euro wurden gestrichen, obwohl die Stadtverwaltung, so Schröter, „bei er Digitalisierung deutlich im Verzug“ist.
Verschoben wird die Überdachung der Abstellplätze für Fahrräder an der Berta-Hummel-Schule (50 000 Euro). Auch die für dieses Jahr vorgesehene Erweiterung des Marktplatzes über die Untere Hauptstraße für 385 000 findet im aktuellen Haushaltsplan keinen Platz mehr.
Allerdings werden die großen und unaufschiebbaren Projekte wie Kindergarten, Neubau einer Vierfeld-Halle oder der Brücke für Fußgänger und Radfahrer über die Bahn trotz klammer Kassen in Angriff genommen. Bei der Vierfeldhalle als Ersatz für die ABC-Sporthalle soll nun aber eine neue Variante zum Zug kommen. Dabei soll das Jugendhaus, das an die Halle angebaut ist, am jetzigen Standort bestehen bleiben. Die Baumaßnahme soll außerdem so organisiert werden, dass keine Interimslösung für Vereine und Schulen notwendig wird. „Das wird nicht einfach“, so Richard Striegel. Aber so ließen sich die für die Zwischenlösung vorgesehenen 80 0000 Euro einsparen. Die Bahnüberführung für Fußgänger und Radfahrer als großes Projekt für den Radverkehr kommt, allerdings wird ein Posten von 30 000 Euro für mögliche neue Radwege gestrichen.
Aus Kostengründen wird Bad Saulgau außerdem auf die Teilnahme am Bundesprogramm zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“verzichten, obwohl die Stadt sich dafür beworben hatte.
Die Finanzverwaltung wird die Vorschläge nun in den Entwurf des Haushaltsplans einarbeiten. Das letzte Wort allerdings hat der Gemeinderat bei der Haushaltsberatung.
„Wir mussten den ursprünglichen Entwurf in die Tonne treten.“Kämmerer Richard Striegel