Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Wahrhaft außergewöhnliche Spiele“sind Geschichte
Viel Lob von IOC-Präsident Bach bei der Schlussfeier von Peking 2022 – Die Weidenrute als Symbol der Hoffnung
PEKING (dpa) - Mit einer farbenfrohen, symbolträchtigen Feier sind die Olympischen Winterspiele in Peking zu Ende gegangen. Im Vogelnest-Stadion sprach IOC-Präsident Thomas Bach am Sonntag von „wahrhaft außergewöhnlichen Spielen“und erklärte die von strengen Corona-Beschränkungen und politischen Debatten geprägten 24. Winterspiele mit der offiziellen Schlussformel für beendet. Um 21.37 Uhr Ortszeit erlosch vor den Augen von Chinas Präsident Xi Jinping auch das olympische Feuer. Die nächsten Winterspiele werden 2026 in Mailand und Cortina d’Ampezzo ausgetragen. Zwei Jahre zuvor wird die Flamme das nächste Mal entzündet, wenn Paris 2024 der Gastgeber der Sommerspiele sein wird.
Der vom berühmten chinesischen Regisseur Zhang Yimou arrangierte finale Akt griff die Symbolik der Eröffnungsfeier wieder auf. Das wechselnde Spiel mit Licht und Schnee zog sich durch die knapp 100-minütige Zeremonie. Die Stimmung wirkte unbeschwerter als bei der Eröffnung.
An der Spitze der verbliebenen rund 40-köpfigen deutschen Delegation lief Bobanschieber Thorsten Margis zu den Klängen der „Ode an die Freude“als Fahnenträger ein. Der 32-Jährige hatte im Zweier- und Viererbob von Pilot Francesco Friedrich Gold gewonnen. Im Kreis tanzend verabschiedete sich das deutsche Team, mit zwölfmal Gold und 27 Medaillen hinter Norwegen Zweiter der Nationenwertung, von diesen Spielen. Bejubelt wurde Chinas Superstar Eileen Gu. Die Ski-Freestylerin holte zwei Goldmedaillen und gilt als eines der Gesichter dieser Spiele.
Mit dem Symbol der Weidenrute wurden die Olympioniken verabschiedet. Dies sollte nach Angaben der Organisatoren auch als Anspielung auf ein Aufblühen nach der Corona-Pandemie verstanden werden. Bei nicht wenigen Athleten im Stadion dürfte die Schlussfeier auch von einem Gefühl der Erleichterung begleitet worden sein, nach anstrengenden und entbehrungsreichen Wochen wieder nach Hause fliegen zu dürfen.
In seiner Rede forderte Bach die gerechte Verteilung von Impfstoffen. Vor dem Hintergrund internationaler Konflikte mahnte der 68-Jährige die politischen Spitzen in aller Welt, sich ein Beispiel an „Solidarität und Frieden“unter den Athleten zu nehmen.
Die Gastgeber hatten sich schon vor dem Schlussakt ein ausgezeichnetes Zeugnis ausgestellt. Ein „erfolgreiches
Musterbeispiel“seien die Spiele gewesen, tönte Organisationschef Cai Qi und beschrieb die zwei Wochen von Peking als „fantastisch, außergewöhnlich und ganz hervorragend“.
Die oft emotionalen Hochglanzbilder von den 109 Entscheidungen in perfekten Wettkampfstätten durften die Olympiamacher als Beleg für ihre Lobeshymnen nehmen. Auch im Erfolg der knallharten Corona-Maßnahmen in der hermetisch abgeriegelten Blase sahen sich die Organisatoren bestätigt. Bei 1,7 Millionen CoronaTests waren in den vergangenen vier Wochen 437 Infektionen festgestellt worden.
Der Preis dafür waren die Dauerüberwachung der Beteiligten, die Zäune um die olympische Parallelwelt und die bedrückenden Berichte von Sportlern aus den Quarantänehotels. Diese Seite der Winterspiele führte schnell zur grundsätzlichen Kritik an der Wahl Chinas als Ausrichter. So waren sie auch überschattet von einem diplomatischen Boykott – angeführt von den USA, Kanada, Großbritannien und Australien, die keine politischen Vertreter zur Eröffnung und Schlussfeier schickten. Auch Deutschland entsandte keine Vertreter, wollte aber nicht von einem Boykott sprechen.
Der Gastgeber habe die Winterspiele „als Plattform für seine Propagandazwecke nutzen“können, urteilte der Verein Athleten Deutschland und prangerte das Schweigen des IOC zu den Verletzungen von Menschenrechten in China an. Während der Ringe-Zirkel um Bach stets die Trennung von Sport und Politik betonte, ließ China zur Eröffnung eine uigurische Skilangläuferin die Flamme entzünden. Die Sprecherin der Organisatoren bezeichnete Berichte über Umerziehungslager für die muslimische Minderheit als „Lüge“und bestritt die Unabhängigkeit Taiwans, mit dessen Eroberung die kommunistische Führung schon länger droht.