Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

„Betrunken“vor Glück

Laura Nolte krönt sich vor Mariama Jamanka zur jüngsten Olympiasie­gerin im Bob

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YANQING (SID/dpa) - Laura Nolte schnappte immer wieder nach Luft, dabei war ihre Triumphfah­rt längst vorbei. Die jüngste Olympiasie­gerin im Bobsport kam nach ihrem Goldcoup zusammen mit Anschieber­in Deborah Levi aus dem Lachen einfach nicht heraus. „Ich fühle mich, als wäre ich betrunken. Keine Ahnung, was hier abgeht gerade“, sagte Nolte – und kicherte weiter. Die 23-Jährige schwebte während ihrer Interviews in einer anderen Welt. Bei ihrem Sieg im ZweierSchl­itten hatte sie gleich mehrfach Bob-Geschichte geschriebe­n: Nolte krönte sich nicht nur zur jüngsten Goldmedail­lengewinne­rin, sondern führte auch einen historisch­en Doppelsieg vor Mariama Jamanka an.

„Ich habe es immer noch nicht verstanden, die Siegerehru­ng ist vorbei, die Medaille hängt hier – aber ich checke es nicht“, sagte die Winterberg­erin und griff nach dem Stück Gold. Levi, auch abseits des Eiskanals Noltes beste Freundin, erging es ganz ähnlich: „Ich kann es überhaupt nicht fassen.“So aufgedreht Nolte diesen Erfolg verarbeite­te, so eiskalt hatte sie zuvor in vier Läufen die Konkurrenz dominiert. Die Winterberg­erin lag letztlich beeindruck­ende 0,77 Sekunden vor Jamanka, einen noch deutlicher­en Triumph gab es im FrauenZwei­er bei Winterspie­len erst einmal. Bronze gewann Elana Meyers Taylor aus den USA, Vize-Weltmeiste­rin Kim Kalicki belegte den vierten Rang.

Noltes Sieg war dabei auch ein Beweis ihrer eigenen Stärke. Nachdem sie nach ihrem bitteren vierten Platz im Monobob noch Tränen des Frusts vergossen hatte, fiel großer Druck vom neuen Shootingst­ar ab. „Nach dem Mono war für mich klar: Vierte – das kann ich Debbie nicht antun“, sagte Nolte. Dabei war Nolte völlig nervös in die ersten beiden Läufe gegangen, war im zweiten Durchgang beim Start fast nicht in den Bob gekommen – und trotzdem Bestzeit gefahren. Die junge Athletin war so aufgeregt, dass sie tagsüber kaum etwas gegessen hatte. „Ich war super nervös, ich war noch nie in meinem Leben so nervös wie vor dem Lauf, beim Warmup wurde mir teilweise schwindeli­g, dann habe ich meine Beine nicht mehr gespürt, dann habe ich gezittert, mir wurde heiß“, sagte Nolte, die erst 2015 als damals 16-Jährige durch einen Anschubtes­t zum Bobsport gefunden hatte. Spätestens in dieser Saison etablierte sich die Frohnatur mit vier Siegen endgültig in der Weltspitze – und seit Samstag auch in den olympische­n Geschichts­büchern.

Dort steht dank des Doppelerfo­lgs nun auch Mariama Jamanka, die in Pyeongchan­g vor vier Jahren noch Gold geholt hatte und sich nun mit Silber belohnte. „Ich bin so unfassbar glücklich. Ich bin extrem stolz auf die Medaille. Das sind meine zweiten Spiele, ich habe meine zweite Medaille. Das können nicht viele von sich behaupten“, sagte die gebürtige Berlinerin im ZDF. Für ihre Anschieber­in Alexandra Burghardt endete der Kurzausflu­g in die Eisrinne mit dem erhofften Edelmetall. Erst vor 28 Wochen hatte die Leichtathl­etin bei den Sommerspie­len in Tokio ihr OlympiaDeb­üt gegeben. Ob Jamanka ihre Karriere fortsetzen wird, ließ die erfahrene Athletin offen. Ihre letzten Olympische­n Spiele seien es aber auf jeden Fall gewesen.

Für Laura Nolte hat die olympische Reise hingegen erst begonnen.

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FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA Freude über den Doppelsieg (v. li.): Mariama Jamanka, Alexandra Burghardt, Laura Nolte und Deborah Levi.

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