Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Fußballromantik und Bauchgefühl
Christian Streich lässt Schmid und Petersen in Augsburg von Beginn an spielen – Erster Freiburger Sieg beim FCA
AUGSBURG (dpa) - Nils Petersen zeigte, dass er beim SC Freiburg eine größere Rolle einnehmen möchte als die des Edeljokers. Auch dank seines Führungstors beim 2:1 (2:1)Sieg beim FC Augsburg sagte SC-Sportvorstand Jochen Saier am Sonntag im „Sport1“Doppelpass: „Wir stehen zurecht da, wo wir gerade stehen.“
Läuft es für den badischen Fußball-Bundesligisten so weiter, darf er in der kommenden Spielzeit im europäischen Wettbewerb ran. Offen ist jedoch, ob Petersen dann noch das SC-Trikot tragen wird. „Der Verein ist fair und hat mir signalisiert, dass er weitermachen will. Jetzt liegt es an mir“, sagte der Publikumsliebling nach dem ersten Freiburger Erstliga-Sieg in Augsburg beim Pay-TV-Sender „Sky“.
Petersens Vertrag läuft aus. Eine Entscheidung über seine Zukunft soll in den kommenden Wochen fallen, wie Saier klarmachte. „Wir wissen, dass er ein Spieler mit außergewöhnlichen Fähigkeiten im Torabschluss ist“, lobte der Sportvorstand. „Es zeichnet ihn aus, dass er in der für ihn schwierigen Phase nicht aufgegeben hat. Aber er muss auch in einem Topzustand sein.“
Das war in dieser Saison selten der Fall, Knieprobleme machten dem 33-Jährigen zu schaffen und verhinderten
„Das Fußballerleben ist kurz, da möchte man Momente wie heute erleben. Danach ist man süchtig.“Nils Petersen, Torschütze zur Freiburger Führung
mehr Einsätze. Seine Jokerqualitäten aber hatte der Freiburger Rekordtorjäger bereits acht Tage zuvor beim 1:1 gegen Mainz 05 bewiesen, nachdem er zuvor monatelang kein Tor erzielt hatte. In Augsburg vertraute Trainer Christian Streich nun seinem Bauchgefühl und entschied sich zum ersten Mal seit Mai 2021 für Petersen in der Startelf. Es dauerte nur vier Minuten, bis dieser lieferte. „Nils hat ein herausragendes Tor gemacht. Wir wissen, was er kann in der Box“, sagte Streich.
Nach der durchwachsenen Bilanz mit fünf Punkten aus den zurückliegenden fünf Partien wollte der
Coach nicht nur in der Offensive neue Impulse setzen. Auch Rechtsverteidiger Jonathan Schmid feierte seine Rückkehr, weil Streich eben auch ein Fußballromantiker ist. Zu „ein, zwei oder vielleicht sogar drei Prozent“habe es eine Rolle gespielt, dass Schmid zwischen 2016 und 2019 das FCA-Trikot getragen habe, meinte der Trainer. Der Franzose war als Co-Kapitän und Führungsspieler in die Saison gegangen, ehe er schwer an Corona erkrankte. „Es hätte mit Long Covid auch anders laufen können. Wir hatten große Sorgen um ihn“, so Streich. Nach 55 Minuten war für den ausgelaugten Schmid Schluss. Eine Viertelstunde später nahm Streich auch Petersen vom Feld. In der Zwischenzeit hatte zunächst Michael Gregoritsch ausgeglichen (16.), doch noch vor der Pause brachte der von vielen Spitzenvereinen umworbene Nico Schlotterbeck den SC wieder in Führung (26.).
Die Freiburger untermauerten ihre Europapokal-Ambitionen. Daran änderte auch die schwächere zweite Halbzeit nichts, denn letztendlich reichte es für den ersten Auswärtssieg seit dem 14. Spieltag. „Es ist im Moment alles ein bisschen zäh, nicht ganz so einfach“, befand Streich dennoch. Vor dem Spiel kommenden Samstag daheim gegen Hertha BSC (15.30 Uhr/Sky) vermisst er die Leichtigkeit der Hinrunde.
Vielleicht kann Petersen mit all seiner Ruhe und Erfahrung da positiv wirken. „Der Nils hat gut gespielt“, urteilt Streich. Genügt die Leistung aber auch, um gegen die Hertha den Platz in der Startelf zu behaupten? „Das kann ich nicht sagen. Aber wenn der Nils in dieser Verfassung ist, dann ist er auch in der Lage, länger zu spielen“, sagte Streich. Er traut seinem Torjäger wieder mehr zu als die Jokerrolle.