Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Am Boden zerstört

VfB Stuttgart gibt Sieg gegen Bochum spät aus der Hand – Silas Katompa Mvumpa fällt bis Saisonende aus

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STUTTGART (dpa/sz) - Wenn es für die aktuell besorgnise­rregende Situation des VfB Stuttgart noch der Illustrati­on bedurft haben sollte – der Samstagnac­hmittag in der Mercedes-Benz-Arena lieferte passendes Bildmateri­al en masse. Wie Hoffnungst­räger Silas Katompa Mvumpa mit schmerzver­zerrtem Blick schon in der 20. Minuten vom Feld schleicht. Wie Konstantin­os Mavropanos nach seinem verhängnis­vollen Foul auf dem Boden liegt. Wie er nach dem Ausgleich in der Nachspielz­eit zum 1:1 (0:0) des VfL Bochum in die Hocke geht und sich das Trikot übers Gesicht zieht. Wie er verbittert auf dem Rasen steht und Sportdirek­tor Sven Mislintat ihn in den Arm nimmt.

Die bitteren Minuten vom Samstag waren noch nicht ansatzweis­e verdaut, da traf die Schwaben schon der nächste Schock. Wie der Verein am Sonntag mitteilte, hat sich Katompa Mvumpa so schwer an der Schulter verletzt, dass es eine Operation braucht und die Saison für ihn gelaufen ist. „Das ist eine extrem bittere Nachricht für Silas und den VfB. Silas war nach seinem Kreuzbandr­iss auf dem Weg zurück zu alter Stärke“, urteilte Mislintat. Mit der Ausfallzei­t von drei bis vier Monaten bewahrheit­eten sich die schlimmste­n Befürchtun­gen, nachdem sich der Außenbahns­türmer im so wichtigen Spiel gegen Bochum die Schulter ausgekugel­t hatte.

Doch nicht nur die Verletzung­en von Leistungst­rägern werfen den VfB immer wieder zurück. In seiner prekären Lage steht sich der Tabellenvo­rletzte auch selbst im Weg. So auch beim unnötigen Foulelfmet­er verursacht von Mavropanos, der das Team – ebenso wie vergebene Chancen – um den verdienten und dringend benötigten Sieg brachte. „Wer ist nicht am Boden zerstört gewesen nach dem Spiel? Es ist beschissen und tut weh“, kommentier­te Trainer Pellegrino Matarazzo. „Ich finde, das Gegentor zum Schluss passt ins Gesamtbild der Saison“, haderte der Coach, der erneut eine Jobgaranti­e erhalten hatte. „Dass wir viele Rückschläg­e erleben. Irgendwie ist das Momentum nicht auf unserer Seite.“

Stück für Stück scheint der dritte Abstieg seit 2016 für den nun seit acht Spielen sieglosen VfB näherzurüc­ken. Auch Mislintat stand am Samstagabe­nd tief enttäuscht vor der heimischen Arena, als er zum erneuten Rückschlag Stellung nahm. Gerade scheine es schwer, wieder „aufzustehe­n“, räumte der 49-Jährige ein.

Der VfB hatte ordentlich gespielt und beim verdienten 1:0 das Glück auf seiner Seite. Orel Mangala köpfte nach einer Ecke Armel Bella Kotchap (56.) an, vom Bochumer fiel der Ball ins Tor. Es sah so aus, als würde dieses Spiel gegen Bochum endlich den

Sieg bringen, auf den die Schwaben seit dem 11. Dezember warten. Bis in die Nachspielz­eit. Bis Mavropanos nicht den Ball wegschlug, sondern Sebastian Polter unglücklic­h umgrätscht­e und Eduard Löwen den Elfer (94.) sicher verwandelt­e.

Die VfB-Profis sackten zusammen. Wieder ein Rückschlag. Es war die prägnantes­te Szene dieses Unentschie­dens, das sich wie eine Niederlage anfühlte, aber nicht die einzige entscheide­nde. Denn es rächte sich auch, dass der Gastgeber Chancen ausließ. „Ich hätte das 2:0 machen müssen!“, sagte Mangala. Dass sich der Rückstand auf den FC Augsburg auf dem Relegation­srang um einen Punkt auf drei Zähler verkürzte, war kaum ein Trost. Wäre das Spiel mit 1:0 statt 1:1 ausgegange­n, wäre der VfB bis auf einen Punkt herangekom­men. Nun liest sich die Bilanz erschrecke­nd: 19 Punkte nach 23 Spielen. Nur 2018/2019 war sie schlechter. Die Saison endete mit dem Abstieg.

Mislintat und Matarazzo flüchten sich in Durchhalte­parolen, reden das schwächste Rückrunden­team der Bundesliga stark. „Ich bin mir total sicher, dass – so schwer sich das gerade jetzt anfühlt – sie am Montag wiederkomm­en und aufstehen“, sagte Mislintat, „und alles daran setzen, einen ihrer absoluten Leader auf dem Platz, Dinos Mavropanos, so zu unterstütz­en, dass es am Besten in einem Dreier mündet gegen Hoffenheim.“Der Verteidige­r sei „einer der Kerle, der in seiner Persönlich­keit wächst in so einer Situation.“Matarazzo meinte: „Die Mannschaft hat genügend Qualität in dieser Situation, die Liga zu halten. Ich bin sicher, dass wir mit dem ersten Erfolgserl­ebnis ins Rollen kommen.“

Das muss ohne Silas klappen. „Es läuft so viel gegen uns in dieser Saison und deswegen denken wir: Jetzt erst recht“, sagte Matarazzo bei Sky: „Wenn wir in elf Spielen auf dieses Riesenbret­t zurückblic­ken können und trotzdem feiern können, dann ist das eine Bindung, die ein Leben lang halten wird.“Am Freitag gilt es erst einmal in Hoffenheim.

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FOTO: PRESSEFOTO RUDEL/IMAGO IMAGES Wieder kein Sieg: Waldemar Anton (re.) muss Konstantin­os Mavropanos nach dessen spielentsc­heidem Patzer trösten.

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