Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Freiheitsstrafe nach tödlichem Unfall
Traktorfahrer hat Motorrad übersehen – Seit Jahren ohne Fahrerlaubnis unterwegs
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RIEDLINGEN - Gegen einen 83-Jährigen Mann aus einer Gemeinde im westlichen Kreisgebiet ist wegen fahrlässiger Tötung eine Freiheitsstrafe von elf Monaten verhängt worden. Die Strafe wurde für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Der Mann hatte am 29. Mai des vorigen Jahres mit einem Traktor einen Unfall verursacht, bei dem ein Motorradfahrer ums Leben gekommen ist.
Es war ein schöner, warmer Frühlingstag damals, den eine Gruppe von mindestens acht Bikern auf Oldtimer-Motorrädern zu einer Ausfahrt nutzte. In einer kleinen Kreisgemeinde wollten die Ausflügler gegen 14.30 Uhr einen Traktor überholen, der auf der Landstraße mit einer Geschwindigkeit von etwa 25 km/h unterwegs war, wie später die Ermittlungen ergaben. Einem 79-Jährigen, der ohne Beifahrer auf einer alten Harley-Davidson
mit Beiwagen unterwegs war, wurde dies zum Verhängnis. Er hatte offenbar übersehen, dass der Traktorfahrer in diesem Moment nach links abbiegen wollte. Wie die Polizei damals angab, berührte der Biker mit dem Beiwagen das vordere linke Rad des
Traktors, wodurch sich das Motorrad aufstellte und überschlug. Der Motorradfahrer wurde unter seiner Harley-Davidson eingeklemmt und erlitt schwere innere Verletzungen und ein Schädel-Hirn-Trauma. Er wurde mit dem Hubschrauber in die Uniklinik Ulm gebracht, wo er noch am Abend des selben Tages den Unfallfolgen erlag.
Für die Staatsanwaltschaft hatte der 83-jährige Traktorfahrer die erforderliche Sorgfalt vermissen lassen, weshalb Anklage wegen fahrlässiger Tötung erhoben wurde. Insbesondere
der Schulterblick beim Abbiegen, den aus gutem Grund Fahrlehrer ihren Schülern einbläuen, sei unterblieben. Allerdings lagen die Fahrstunden bei dem Beschuldigten schon sehr lange zurück – so er welche genossen hat. Die Fahrerlaubnis war dem Rentner zudem vor längerer Zeit bereits entzogen worden. In seinem Heimatort, wo er ständig mit dem Traktor unterwegs war, sei das kein Geheimnis gewesen, berichtete eine Prozessbeobachterin.
Bei der mündlichen Hauptverhandlung erschien der Beschuldigte nicht, ließ sich jedoch von Anwalt Markus Schendera vertreten. Die Prozessbeteiligten hatten sich zuvor auf ein Verfahren ohne mündliche Verhandlung geeinigt. Die Strafprozessordnung lässt in bestimmten Fällen stattdessen einen Strafbefehl zu, wenn die Rechtsfolgen der Tat beispielsweise eine Geldstrafe oder – bei anwaltlicher Vertretung – eine Freiheitsstrafe von einem Jahr nicht überschreiten.
Der von Richter Ralf Bürglen auf Antrag des Staatsanwalts erteilte Strafbefehl wegen fahrlässiger Tötung und vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis lautet auf eine Freiheitsstrafe von elf Monaten, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Außerdem wurde eine Geldauflage von 1000 Euro verhängt, zu zahlen an die Björn-Steiger-Stiftung. Schließlich wurde auch noch für zwölf Monate eine isolierte Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis ausgesprochen.
„Da ist er gut weggekommen“, befand die Prozessbeobachterin. Der Mann kann noch Einspruch gegen den Strafbefehl einlegen. Dann müsste er zur mündlichen Verhandlung erscheinen, in der eine richterliche Entscheidung gefällt würde. Dann könnte die Strafe auch höher ausfallen.
„Da ist er gut weggekommen“, sagt die Prozessbeobachterin.