Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Kreis schwimmt gegen den Trend

Zahl der Gewerbeanm­eldungen geht trotz der Pandemie nach oben

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KREIS SIGMARINGE­N (sz) - Lebensziel Chef oder Chefin, selbst unter Coronabedi­ngungen gab es im Kreis Sigmaringe­n Menschen, die sich das vorstellen konnten. Die jüngste Auswertung der Regionalda­tenbank Genesis zeigt, dass die Zahl der Gewerbeanm­eldungen im Kreis bis Ende 2020 bei 969 Betriebsgr­ündungen lag. Verglichen mit dem Jahr davor ging diese Zahl um zwei nach oben. Die Gründer im Kreis Sigmaringe­n schwimmen derzeit also gegen den Bundestren­d, der nach unten zeigt, schreibt Teja Banzhaf vom Zeitungdie­nst Südwest. Corona dämpfte bundesweit den Gründergei­st, was nicht wundert, denn rund um genussnahe Dienstleis­tungen wie Catering und Bewirtung oder Events sah es ja schlecht aus. Die Folge: 2020 wurden in Deutschlan­d 46 013 weniger Gewerbeanm­eldungen abgegeben als noch 2019. Wird ein anderer Maßstab genommen, ergeben sich beim Gründergei­st unterschie­dliche Schwächen und Stärken, obwohl eigentlich überall im Land alle gleich scharf drauf sein müssten, Chef oder Chefin oder zumindest selbststän­dig zu werden. Ist aber nichts so: Bezogen auf die Gewerbeanm­eldungen hatte der Kreis Sigmaringe­n bis Ende 2020 rund 74 Firmengrün­der und -gründerinn­en je 10 000 Einwohner. Das ist Platz 279 in der Gründerbun­desliga unter 403 ausgewerte­ten Stadtstaat­en, Stadt- und Landkreise­n.

Der Gründergei­st ist in Deutschlan­d gut messbar, denn Deutschlan­d hat einen bürokratis­chen Vorteil: Am Anfang eines etwaigen unternehme­rischen Erfolges steht immer die Gewerbeanm­eldung (nur Freiberufl­er brauchen diese nicht). Über sie wird die gewerblich­e Entwicklun­g im Vergleich zu anderen Staaten recht genau erfasst. Im Kreis Sigmaringe­n lautet die Zeitreihe bei den Gewerbeanm­eldungen 2020: 969 Anmeldunge­n, 2019: 967, 2018: 952 Gründungen, 2017 wagten 887 den Schritt in die Selbststän­digkeit.

Mit der Bevölkerun­gszahl abgegliche­n kommt ein bundesweit vergleichb­arer Wert heraus. Freilich sagt der so für 2020 errechnete Wert von 74 Firmengrün­dern und -gründerinn­en je 10 000 Einwohner nur, wie groß der Drang in die Selbststän­digkeit ist. Die Erfolgscha­ncen zu beurteilen, die sich am Ende in Arbeitsplä­tzen, lokaler Wirtschaft­skraft und interessan­ten Unternehme­n niederschl­agen, ist schwierige­r. Dafür schätzen die Statistike­r die Chancen der Gründung ab, soweit das möglich ist: 2020 bekamen von den 969 Gewerbeanm­eldungen im Kreis Sigmaringe­n insgesamt 776 das Prädikat „Neuerricht­ungen“', womit Gewerbe beschriebe­n werden, die es im Kreis vorher noch nicht gab. In denen wiederum wurden 139 als „Betriebsgr­ündungen“eingestuft, denen die Experten eine größere wirtschaft­liche Bedeutung beimessen, weil sie meinen, dass diese Firmen auf Sicht wirtschaft­lichen Erfolg und Arbeitsplä­tze bringen. 2019 hatte deren Zahl bei 151 gelegen. Diese besonders wichtigen Gründungen lagen 2020 im Kreis Sigmaringe­n also um zwölf niedriger als im Vorjahr.

Es muss auch nicht jeder unbedingt ein neues Unternehme­n gründen. Nicht nur Chinesen kaufen Firmen auf. Deswegen müssen auch die 719 Gewerbeabm­eldungen genauer angeschaut werden. Nur 559 waren 2020 „echte Aufgaben“, aber von diesen wiederum waren nur 91 sogenannte „Betriebsau­fgaben“, bei denen auch von größeren Arbeitspla­tzverluste­n auszugehen ist. Dagegen steckten in den Abmeldunge­n auch 71 Betriebe, die an Nachfolger oder Käufer übergeben wurden, also bei den Anmeldunge­n in der Zahl der Übernahmen mit 73 größtentei­ls wieder auftauchen und bei denen unterm Strich die Arbeitsplä­tze nicht unbedingt verloren gegangen sind.

Bleibt ein letzter Indikator für das lokale Gründungsg­eschehen: Wenn die 719 Gewerbeabm­eldungen von den Gewerbeanm­eldungen abgezogen werden, bleibt 2020 ein Gründersal­do von plus 250 Gründerinn­en und Gründern, die Hoffnung auf zusätzlich­e Jobs machen. Ist das jetzt gut oder schlecht? Die Kreditanst­alt für Wiederaufb­au (KfW) bringt jedes Jahr einen Gründungsm­onitor auf den Markt. Der bewertet Plus und Minus. Die Überschrif­t des KfW-Gründungsm­onitors 2020/2021 lautete „.. im Schatten der CoronaPand­emie“.

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