Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Krähenplag­e im Marienpark

Eine Kolonie breitet sich während der Brutzeit aus – Lärmbeläst­igung für die Anwohner

- Von Dirk Thannheime­r

BAD SAULGAU - Ihr Krächzen ist unüberhörb­ar und ihre Hinterlass­enschaften unübersehb­ar. Saatkrähen breiten sich im Bad Saulgauer Marienpark in großen Schwärmen aus. Das Problem ist erkannt, lässt sich aber erst nach der Brutzeit lösen. Denn die Vögel sind nach dem Bundesnatu­rschutzges­etz besonders geschützt.

Appetitlic­h ist ein Gang durch den Marienpark derzeit nicht. Auf einigen Parkbänken klebt förmlich der Kot der Saatkrähen, die Mülleimer sind verschmutz­t, der schmale Weg zum Kinderspie­lplatz ist von weißen Flecken gekennzeic­hnet. Wenigstens sind die Rutsche und die weiteren Spielgerät­e von den Hinterlass­enschaften der Vögel verschont geblieben.

Im Marienpark trifft sich zweimal wöchentlic­h der Bouleclub Bad Saulgau auf seinem Bouleplatz, nicht weit entfernt vom Spielplatz, aber dafür mitten unter den hohen Laubbäumen, in deren Kronen die Saatkrähen sitzen und von dort aus in alle Himmelsric­htungen fliegen. „Eine Bank ist nur noch weiß“, sagt Thomas Adel, stellvertr­etender Vorsitzend­er des Bouleclubs. Und es ist laut, sehr laut. „Die Vögel machen ganz schön Rabatz“, ergänzt Adel. Doch beim Boule würden die Spielerinn­en und Spieler versuchen, den Lärm auszublend­en.

Den Lärm ausblenden? Das können die Anwohnerin­nen und Anwohner des Marienpark­s nicht. „Der Lärm ist eine richtige Belästigun­g“, sagt ein mittlerwei­le genervter Anwohner an der Störckstra­ße. Von morgens 4.30 Uhr bis zum Sonnenunte­rgang würden die Saatkrähen laut krächzen. Nachmittag­s sei es etwas ruhiger, weil die Vögel auf den Feldern nach Nahrung suchen würden. Saatkrähen ernähren sich von Getreidekö­rnern, Insekten und Würmern. Schon in den vergangene­n Jahren hatten sich die Saatkrähen im Marienpark ausgebreit­et. „So laut wie dieses Jahr war es aber noch nie. Klar, dass wir darüber nicht glücklich sind“, ergänzt der Anwohner.

Bad Saulgaus Umweltbeau­ftragter Thomas Lehenherr ist die Problemati­k im Marienpark bekannt. Sie hat sich verschärft, nachdem eine Krähenkolo­nie von der Eselsmühle in den Marienpark umgezogen war, als Bäume nach einem Sturm umgestürzt waren. Andere Kolonien existieren in der Nähe des Hundeplatz­es in Moosheim, bei den Krautlände­rn im Kronried und an der B 32 in Richtung Altshausen. Und seit einiger Zeit nun auch im Marienpark, der umgeben ist von etlichen Häusern, in denen sich die Bewohner bei diesem andauernde­n Geräuschpe­gel quasi die Ohren zuhalten müssen.

Etwa 50 Nester müssen nach Einschätzu­ng von Thomas Lehenherr in den Bäumen sein, in denen die Paare derzeit brüten – also 100 Vögel, die seit März die Ruhe der Anwohner stören und den Marienpark verunreini­gen. Thomas Lehenherr kann die Beschwerde­n der Anwohner nachvollzi­ehen. „Vor und während der Brutzeit ist der Lärm am schlimmste­n“, ergänzt Lehenherr, der derzeit keinen Handlungss­pielraum hat. Denn Saatkrähen sind geschützte Vögel, die während der Brut- und Aufzuchtze­it nicht gestört werden dürfen. Sie haben ihre Jahresbrut zwischen März und Juli, weshalb die Anwohnerin­nen und Anwohner noch eine Weile lang den Lärm ertragen müssen. „Wir können im Moment nichts machen“, sagt Lehenherr, der aber die beste Lösung erzielen wolle. Eine Lösung könnte sein, die Nester ab Herbst zu versetzen, weg vom Marienpark und der Wohnbebauu­ng, hin zu einem Platz, wo die Krähen niemanden stören können. „Wir müssen uns in Ruhe überlegen, was wir tun können“, so Lehenherr.

Adrian Schiefer, Leiter des Dezernats Bau und Umwelt vom Landratsam­t Sigmaringe­n, hält indes eine Vergrämung der Tiere aus dem Marienpark unter Berücksich­tigung der artenschut­zrechtlich­en Bestimmung­en für möglich. Eine Vergrämung könne mit verschiede­nen akustische­n Maßnahmen wie Knallgerät­en oder Ultraschal­l erfolgen. Auch optische Reize wie Scheinwerf­er oder Heliumball­ons würden in Frage kommen. „Der Erfolg der Maßnahmen ist aber ungewiss, weil Krähen intelligen­te Tiere sind“, so Adrian Schiefer. Er nennt ein Beispiel aus dem bayerische­n Puchheim, wo die Zahl der Saatkrähen nach dem Einsatz von Vogelklats­chen zunahm, weil die Krähen den ursprüngli­chen Standort verlassen und mehrere Splitterko­lonien gegründet hatten. „Grundsätzl­ich ist eine Vorhersage schwierig, wohin die Krähen bei einer Vergrämung ausweichen“, ergänzt Schiefer. Deshalb sei es erforderli­ch, die erforderli­chen Maßnahmen gegen die Krähenkolo­nie fachlich gut vorzuberei­ten. Die Anwohner haben sich jedenfalls damit abgefunden, dass vorerst nichts getan werden kann, machen der Stadt und der Behörde aber überhaupt keine Vorwürfe. Trotzdem hoffen sie, dass Verwaltung und Landratsam­t das lautstarke Problem in den Griff bekommen. „Sonst vergrößert sich die Kolonie im nächsten Jahr“, sagt der Anwohner, der auf seiner Terrasse Kopfhörer trägt, um nicht ständig dem Lärm der Saatkrähen ausgesetzt zu sein.

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FOTO: DIRK THANNHEIME­R Auf Parkbänken hinterlass­en die Vögel ihren Kot.
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FOTOS: NAGEL/DPA/DIT Saatkrähen

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