Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Alt wie ein Verein
Musikverein Sigmaringendorf wird 150 – Er feiert nicht als einziger
●
SIGMARINGENDORF/INZIGKOFEN Geschmack etwas finden. Was die Geschichte des Vereins betrifft, so fing wohl alles bereits 1808 an, Hauptlehrer Karl Dehner erwähnt in seiner Ortschronik, dass sich beim Skapulierfest eine „zwölf Mann starke Kapelle“, fand. Hinzu kamen zwei Tanzmusiken. „Nachhaltig beeinflusst wurde die musikalische Entwicklung am Ort 1862 durch die Vernetzung von Lehrer Josef Beck“, heißt es auf der Internetseite des Musikvereins. Er gründete 1872 die Musikvereinigung Sigmaringendorf. Allerdings wurde sie bereits nach 13 Jahren wieder aufgelöst. Dennoch wagte Beck einen zweiten Anlauf und 1887 tritt die Kapelle wieder auf, 1898 wird sie in Musikverein Sigmaringendorf umbenannt. Seitdem hat der Verein einiges erlebt, 1945 wird der Verein zwangsweise aufgelöst und bereinigt, heißt es weiter. Das sei auf Anordnung der französischen Militärregierung geschehen. Am 2. März 1947 entspricht die Militärregierung dem Gesuch einer Neugründung des Vereins, allerdings erst am 30. September.
1971 erhalten die Sigmaringendorfer Musiker die „Pro-Musika-Plakette“und die Ehrenmedaille in Gold des DVB. Seit 1990 intensiviert der Verein die Jugendarbeit, 1996 fährt er auf Einladung der Volkstanzgruppe Vardomp nach Ungarn. Ein Jahr darauf wird das 125-Jährige gefeiert. 2000 nimmt der Verein an einem Wertungsspiel teil. Hier erreichen die Musiker in der Mittelstufe die Note sehr gut, so der Verein. 2002 geht es in die Partnergemeinde nach Argentinien, 2003 übernimmt Andreas Dangel das Dirigentenamt von Peter Rehm. Der Vorsitzende des Musikvereins erklärt, dass bereits das 100-jährige Bestehen klein gefeiert wurde, diese Tradition setzen die Sigmaringendorfer nun fort – „wenn auch ungewollt“, sagt Rebholz.
Ein besonderes Jubiläumsjahr hat die Musikkapelle Inzigkofen erlebt. Bereits 2021 feierte sie ihr 100-jähriges Bestehen. Aufgrund der pandemischen Lage verschoben die Verantwortlichen den Jubiläumsabend auf 2022 und im April war es dann endlich soweit. Nach Monaten der Planung und Organisation luden die Musiker und Musikerinnen ein. Das Programm deckte neben den Klassikern der Blasmusik auch modernere Stücke ab. Gespielt hat unter anderem die Gründerbesetzung. Hier kamen Musiker in der Besetzung und
„Der Fokus liegt nicht auf Festen, sondern auf der Musik.“Peter Rebholz und Stephanie Kordovan
den Instrumenten zusammen, wie sie auch schon 1921 gespielt haben, sagt der Vorsitzende der Kapelle, Jürgen Mors.
Es sei in den vergangenen Jahren relativ schwer gewesen, Proben abzuhalten und vor Publikum zu spielen. Durch die Coronaverordnungen war es lange Zeit gar nicht möglich, gemeinsam zu musizieren. Aber das habe dem Zusammenhalt und dem Wunsch nach Jubiläumsauftritten nichts angehabt, so Mors weiter.
Durch die sozialen Medien haben sie Kontakt gehalten, die Musiker coronakonform zu Hause geprobt, sich gefilmt und diese Videos in die Gruppe gestellt. Mit den Impfungen und Lockerungen waren Zusammenkünfte wieder erlaubt und so achteten die Verantwortlichen auf zusätzliche Sicherheit: Geimpft, genesen und diese beiden Gruppen ließen sich noch testen. Motiviert starteten die Teams rund um das Jubiläum mit der Arbeit und die Proben begannen bereits Wochen vorher in Kleingruppen. Mit einem strikten Hygienekonzept absolvierten die Bläserklasse sowie die Ensembles der Musikkapelle das Programm.
Videomitschnitte zeigen, wie voll der Saal war und der Applaus ist nicht zu überhören. Ein ähnlicher Erfolg sei das Serenadenkonzert 2021 gewesen, dass ebenfalls unter Coronabedingungen stattfand. Die Rückmeldungen zu beiden Konzerten seien positiv gewesen, sagt Mors. Unterstützt wurden sie auch von der Gemeinde, die die coronakonformen Probenräume zur Verfügung stellte. „Wo es ging, haben wir gespielt“, betont Mors. So war auch ein Weihnachtsspiel durch den Ort möglich.
Dass sich mittlerweile über 100 Jahre Vereinsgeschichte nicht so leicht in einen Abend packen lassen, wissen die Verantwortlichen. Sie haben aber einen Blick hinter die Kulissen gewährt und im Bürgerblatt der Gemeinde Inzigkofen nach und nach Artikel über die Aktivitäten und Auftritte veröffentlicht.
Zu den weiteren Höhepunkten der langen Kapellengeschichte gehören viele, ist der Vorsitzende sicher. So wurde vor 70 Jahren das erste Gartenfest (heute Parkfest), für das die Musiker bekannt sind, gefeiert. 1956 richteten sie in Inzigkofen das Kreismusikfest aus, es war damals erst das siebte überhaupt und lockte Tausende in die Gemeinde.
1981 erhielt Rudolf Riester als Anerkennung seines langjährigen und verdienstvollen Wirkens für die Musikkapelle das Bundesverdienstkreuz, 2006 haben die Inzigkofer das Musical Freude aufgeführt, „diesem sollten noch weitere Highlights folgen“, darunter Mini, Midi, Maxi (2008) und Natanja (2015).
In diesem Jahr wollen es die Musiker aber nicht ruhig angehen, sondern vor Publikum spielen. Geplant ist ein Rathausplatzkonzert am 3. Juli und das Jahreskonzert am 19. November. „Der Drang nach dem Musikspielen war und ist groß“, fasst es der Vorsitzende zusammen. Das gilt wohl nicht nur für ihn, sondern auch für die etwa 55 Aktiven im Verein.