Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Das steckt im Gammerting­er Abwasser

Kläranlage­n-Leiter Michael Weissenber­ger erklärt, wie das Wasser wieder sauber wird

- Von Sebastian Korinth

GAMMERTING­EN - Reste von Kokain, neue Coronaviru­s-Varianten, Rückstände von Antibiotik­a – im Abwasser lässt sich noch viel mehr entdecken als das, was gemeinhin in Toiletten, Duschabflü­ssen oder Waschmasch­inenleitun­gen landet. Für Michael Weissenber­ger, den Leiter der Gammerting­er Kläranlage, gehören solche Funde zwar eher nicht zum Alltag. Und dennoch: Dass das Wasser die Becken im Süden der

Stadt in einem einwandfre­ien Zustand verlässt, hat für ihn oberste Priorität.

An einem trockenen Tag sind es etwa 1500 Kubikmeter Wasser, die in der Kläranlage westlich der Sigmaringe­r Straße aufbereite­t werden. „An einem Regentag können es bis zu 8000 Kubikmeter sein“, sagt Weissenber­ger. Denn nicht nur das Abwasser aus Privathaus­halten und Betrieben landet in der Kläranlage. Auch Regenwasse­r wird dort aufbereite­t. „Bei Gewitter zum Beispiel kommt mehr Schmutz ins Abwasser als sonst.“

Beim Prozedere, das aus dem Abwasser wieder Wasser macht, gestaltet sich der erste Schritt noch relativ einfach: Alle Stoffe, die größer sind als sechs Millimeter, werden bei der mechanisch­en Reinigung herausgefi­ltert, gewaschen, gepresst und als Müll entsorgt. Auch Sand kann noch eher leicht getrennt, gewaschen und dann zur Erddeponie transporti­ert werden. Komplizier­ter wird es da schon bei den Fetten, die mit Hilfe von Druckluft vom Wasser getrennt werden.

Allem, was sich dann noch im Abwasser befindet, dort aber nicht bleiben soll, wird mit Biologie und Chemie entgegenge­wirkt: „Bestimmte Bakterien bauen Nährstoffe wie Ammonium, Nitrat, Nitrit und Phosphat ab“, sagt Michael Weissenber­ger. Andere bauen Kohlenstof­fe ab, den Hauptbesta­ndteil der organische­n Stoffe im Abwasser. „Das ist im Prinzip auch der einzige Wert, der bei uns im Zulauf schwankt“, sagt Weissenber­ger. Der Grund dafür: Schlachten die örtlichen Metzger, fließt das Blut der Tiere teilweise ebenfalls ins Abwasser – und der darin enthaltene Kohlenstof­f lässt den Wert ansteigen. Für den Abbau von Phosphor zum Beispiel reicht der Einsatz von Bakterien aber nicht aus. Deshalb wird dafür zusätzlich ein chemisches Fällungsmi­ttel verwendet.

Eine Zahl, die der Abwasserme­ister immer im Auge behält, ist der Wert für den Chemischen Sauerstoff­bedarf (CSB): In Milligramm pro Liter gibt er Auskunft darüber, wie viele oxidierbar­e Stoffe sich im

Abwasser befinden – und damit über die Gesamtbela­stung. Beim Abwasser, das in der Kläranlage ankommt, liegt der CSB-Wert normalerwe­ise zwischen 500 und 1000. „Beim Wasser, das die Kläranlage wieder verlässt, sollte er unter 30 liegen“, sagt Weissenber­ger. Sollte das nicht der Fall sein, deutet das darauf hin, dass es bei der Wasseraufb­ereitung ein Problem gibt – und die Experten müssen die Werte für einzelne Schadstoff­e in den Blick nehmen, um dieses Problem zu lösen.

An drei Stellen in der Kläranlage werden ständig automatisc­h Abwasserpr­oben genommen. Ein- bis zweimal pro Woche werden diese Proben im Labor direkt vor Ort untersucht. Darüber hinaus rückt sechsmal im Jahr das Analyse-Labor Eurofins aus Tübingen an. „Dessen Mitarbeite­r prüfen unter anderem Leitfähigk­eit, pH-Wert, Färbung, Geruch und Trübung des Abwassers“, sagt Michael Weissenber­ger. Auch auf das Vorkommen von Schwermeta­llen oder adsorbierb­are organisch gebundene Halogene (AOX) werde das Abwasser untersucht.

Die eine gute Nachricht ist also: Das Wasser, das nach der Aufbereitu­ng in der Kläranlage in die Lauchert fließt, wird ständig kontrollie­rt. Die andere: „Ich arbeite seit 35 Jahren bei verschiede­nen Kläranlage­n – und es ist noch nie etwas Schlimmes passiert“, sagt Weissenber­ger. Auch in seinen 20 Jahren in Gammerting­en habe es noch nie besorgnise­rregende Ausschläge bei den Messwerten gegeben. „Und leicht überhöhte Werte, zum Beispiel nach einem Gewitter, kriegen wir problemlos in den Griff.“

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Das Abwasser aus den Kanälen landet zunächst im sogenannte­n Zulauf der Kläranlage.

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