Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Steuerraba­tt bremst Tanktouris­mus aus

Wegen der deutschen Spritpreis­bremse liegt der Preis für Super-Benzin beiderseit­s der Grenze etwa gleich hoch

- Von Ulrich Mendelin

HÖRBRANZ (ume) - Tanken ist in Österreich wegen der deutschen Spritpreis­bremse kaum noch billiger als in der Bundesrepu­blik. In Deutschlan­d kostete der Liter E10-Biosprit zuletzt 1,93 Euro im Bundesdurc­hschnitt, bei Super E5 waren es 1,99 Euro. In Österreich kostete der Liter Super 1,98 Euro. Die Wirtschaft­skammer Österreich erwartet einen Rückgang deutscher Tankkunden. Bislang haben viele Ausflügler einen Abstecher nach Österreich mit dem Volltanken des Autos verbunden. Derzeit lohnt sich das kaum noch. Ab Herbst plant die Regierung in Wien zudem eine CO2-Steuer, was das Tanken in Österreich dauerhaft verteuern dürfte.

HÖRBRANZ - Zum Volltanken einen Abstecher nach Österreich machen: Noch vor kurzem war das für deutsche Autofahrer im Grenzgebie­t äußerst attraktiv. Je nach Zeitpunkt und Tankstelle konnte man im Nachbarlan­d 15 bis 20 Cent je Liter SuperBenzi­n sparen. Das ist vorbei, seit die Bundesregi­erung Anfang Juni die Energieste­uer auf Kraftstoff­e gesenkt hat. Wegen des auf drei Monate angelegten Tankrabatt­s sind die Preise beiderseit­s der Grenze in etwa gleich hoch.

Dass der Stopp an der Tankstelle kurz vor der Grenze nach Deutschlan­d sich nicht mehr lohnt und ein Umweg schon gar nicht, hat sich noch nicht überall herumgespr­ochen. Noch am Nachmittag des Pfingstmon­tags stehen an den beiden Tankstelle­n in Lochau, direkt vor dem Grenzüberg­ang nach Lindau gelegen, die Kunden Schlange – neben Schweizern und Österreich­ern sind auch viele Autos aus Lindau, Friedrichs­hafen und Ravensburg darunter. „Wir sind auch gerade nur rübergefah­ren und sind total geschockt“, sagt die Fahrerin am Steuer eines Autos mit Kennzeiche­n FN. „Vor ein paar Wochen hat sich das noch gelohnt. Jetzt nicht mehr.“Zu diesem Zeitpunkt kostet der Liter Super-Benzin in Hörbranz 1,95 Euro. Zwei Kilometer weiter in Lindau, an der ersten Tankstelle auf deutschem Boden, sind es 1,99 Euro. Wer E10 tankt, kommt hier mit 1,94 Euro je Liter sogar günstiger weg als in Hörbranz. In Österreich gibt es E10 nicht zu kaufen.

Mit dem Tankrabatt, einer bis Ende August befristete­n Senkung der Energieste­uer auf Kraftstoff­e, will die Bundesregi­erung den gestiegene­n Mobilitäts­kosten begegnen. Vor allem die FDP hatte darauf gedrängt, während insbesonde­re Grünen-Politiker darin einen Fehlanreiz für mehr Autofahrte­n sehen.

Der Ravensburg­er Mineralölh­ändler Werner Schindele erwartet, dass sich der deutsche Steuerraba­tt auf sein Geschäft auswirkt. „Das wird sich bemerkbar machen, da bin ich mir sicher“, sagt Schindele, der neben fünf Tankstelle­n in Oberschwab­en und im Allgäu drei weitere in Vorarlberg betreibt, die jeweils direkt hinter der Grenze liegen. Bislang gebe es aber noch keine „krassen Verschiebu­ngen“, weil wegen der Pfingstfer­ien ohnehin Reisezeit sei.

Von Einbußen für Österreich­s Tankstelle­n geht Hedwig Doloszeski aus, die Geschäftsf­ührerin des Fachverban­ds Mineralöli­ndustrie in der Wirtschaft­skammer Österreich (WKO). Betriebe in Grenznähe vor allem in Vorarlberg, Tirol und Salzburg bekämen das Ausbleiben deutscher Kunden zu spüren, sagt sie. Abzuwarten sei noch, wie sich das Geschäft an den Hauptverke­hrsachsen im Alpentrans­it entwickele. Bislang haben Fernfahrer auf dem Weg von Deutschlan­d nach Italien und umgekehrt in Österreich getankt. Da Italien aber ähnliche Steuerraba­tte beschlosse­n habe wie Deutschlan­d, seien die Kraftstoff­kosten in allen drei Staaten derzeit auf dem selben Niveau. „Die Frage ist, ob Lastwagenf­ahrer ihr Tankverhal­ten ändern, wenn die Preise überall etwa gleich hoch sind“, so Doloszeski.

Finanziell wäre das für Österreich ein harter Schlag: Ausländisc­he Autound Lastwagenf­ahrer bescherten dem Fiskus dort in der Vor-CoronaZeit jährliche Einnahmen von einer Milliarde Euro aus Mineralöl- und Mehrwertst­euer, sagt Martin Grasslober, Sprecher des Autoclubs ÖAMTC. Zum Vergleich: Das Gesamtaufk­ommen an Mineralöls­teuern in Österreich lag bei vier Milliarden Euro jährlich.

Ein Tankrabatt wie in Deutschlan­d ist dort aber nicht geplant. Im Gegenteil: Spätestens im Herbst steigen die Preise dauerhaft. Die Alpenrepub­lik bekommt ein Nationales Emissionsh­andelsgese­tz und damit eine CO2Bepreis­ung. Sie verteuert den Liter Benzin um acht Cent und den Liter Diesel um neun Cent und hätte eigentlich zum 1. Juli eingeführt werden sollen. Angesichts der hohen Energiepre­ise wird aktuell eine Verschiebu­ng auf den 1. Oktober diskutiert, eine Entscheidu­ng wird laut ÖAMTC in der kommenden Woche erwartet. Österreich­er sollen im Gegenzug für diese Steuererhö­hung über eine Klimabonus genannte Einmalzahl­ung entlastet werden, von der deutsche Tanktouris­ten freilich nicht profitiere­n. Der Abstecher zur österreich­ischen Tankstelle wird für Bundesbürg­er also auch im Herbst wohl nicht wieder so attraktiv werden wie er einmal war.

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FOTO: ULRICH MENDELIN Sieht aus wie deutsche Spritpreis­e – sind aber österreich­ische: Preistafel einer Tankstelle im vorarlberg­ischen Hörbranz am Pfingstmon­tag.

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