Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Kieswerk baut Solaranlage auf dem Baggersee
Landratsamt Sigmaringen genehmigt eine der ersten schwimmenden Anlagen in Baden-Württemberg
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OSTRACH - Neuland nicht nur für das Kieswerk Müller in Ostrach: Auf einem der Baggerseen soll noch in diesem Jahr eine schwimmende Photovoltaik-Anlage installiert werden. Das Landratsamt Sigmaringen hat dafür jüngst die Genehmigung erteilt. Es ist eine der ersten im Bundesland.
Die Anlage soll im westlichen Bereich des mittleren Sees entstehen. Von der rund 13 Hektar großen Wasserfläche werden maximal 0,7 Hektar mit Solarmodulen belegt, was etwa fünf Prozent der Fläche entspricht. Die rund 2500 Module mit einer Leistung von 750 kWPeak sollen pro Jahr 800 000 Kilowattstunden Strom erzeugen. „Unser Verbrauch liegt im Ostracher Werk pro Jahr bei ungefähr 1,9 Kilowattstunden. Wir sehen die Anlage als ökologische Verantwortung, aber natürlich auch aus der wirtschaftlichen Perspektive“, sagt Geschäftsführer Thomas Hinderhofer. Rund eine Million Euro investiert das Kieswerk in das Vorhaben, rechnet mit einer Amortisation in spätestens 13 Jahren.
Im Gegensatz zu Photovoltaik-Anlagen auf dem Land ist bei einer schwimmenden Version kein Bebauungsplan erforderlich. Stattdessen durchlief das Vorhaben ein wasserrechtliches Verfahren. Aufgrund des Kiesabbaus ist die Firma ohnehin in ständigem Austausch mit Behörden und Experten, die den Betrieb sowie das Umfeld beobachten. „Durch das Vorhaben waren sie nun öfter vor Ort. Schließlich musste auch besonders auf die Verträglichkeit der Anlage für die Fische im See und die Brutvögel geachtet werden“, berichtet Hinderhofer. Die Zusammenarbeit mit dem Landratsamt Sigmaringen habe dabei sehr gut geklappt. „Eine schwimmende Photovoltaik-Anlage war auch für die Behörde Neuland, aber die Mitarbeiter waren sehr engagiert und gewillt, es mit uns zu betreten“, sagt der Kieswerk-Chef.
Die Idee für das Projekt entstand bei einem Gespräch in privater Runde mit einem Bekannten, der Solaranlagen vertreibt. In der Diskussion über die Flächenkonkurrenz bei Anlagen an Land kam der Vorschlag, stattdessen Wasserflächen wie den
Baggersee zu nutzen. Die Idee war auch schon an anderer Stelle geboren: Seit Mitte 2019 schwimmt auf dem Baggersee des Kieswerkbetreibers Ossola in Renchen – östlich von Straßburg – in Zusammenarbeit mit Erdgas Südwest eine ähnlich große Anlage wie sie in Ostrach geplant ist. Nach rund einem Jahr Laufzeit meldete der Investor eine durchweg positive Bilanz, der Stromertrag und der Grad der Eigenversorgung seien sogar etwas höher ausgefallen als gedacht.
Da die Genehmigung nun vorliegt, hofft Hinderhofer auf einen Baustart im September. „Wir müssen sehen, wie sich die aktuellen Lieferschwierigkeiten auswirken. Aber auf jeden Fall können wir Vorbereitungen treffen.“Sollte alles glatt laufen, rechnet er mit einer Bauzeit von rund vier Wochen. Die Module werden an Land zusammengebaut und dann per Hand auf mit Luft gefüllten Pontons ins Wasser geschoben. Damit die schwimmenden Module nicht wegtreiben, werden sie am Ufer verankert.
Um die Stromproduktion in Zukunft optimal für den Betrieb der schweren Maschinen im Kieswerk zu nutzen, sollen auch die Abläufe angepasst werden. „Da der Strom bei Tageslicht produziert wird, werden wir uns also auch entsprechend orientieren“, sagt Thomas Hinderhofer. Sollte sich die schwimmende Anlage für das Kieswerk rechnen, soll geprüft werden, ob in den kommenden Jahren auch für die übrigen Standorte entsprechende Investitionen Sinn machen.