Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Nach neuen Berechnung­en weniger Überflutun­gsflächen

Zielfinger Seen würden bei einem Jahrhunder­thochwasse­r 1,2 Millionen Kubikmeter Wasser aufnehmen können

- Von Jennifer Kuhlmann

MENGEN - Den aktuellste­n Berechnung­en und Modellen zufolge würden bei einem Jahrhunder­thochwasse­r weniger Flächen im Mengener Stadtgebie­t überflutet werden als auf den Hochwasser­gefahrenka­rten des Landes Baden-Württember­g ausgewiese­n wurden. Das haben die Untersuchu­ngen des Ingenieurb­üros Winkler und Partner aus Stuttgart ergeben. Wie dem Gemeindera­t in jüngster Sitzung vorgestell­t wurde, machen diese im Vergleich zu früheren Modellen genaueren Zahlen den Bau eines überdimens­ionalen Retentions­beckens oberhalb der Zielfinger Baggerseen überflüssi­g. Dank der Pufferwirk­ungen der Seen falle die Abflussges­chwindigke­it geringer aus, sodass mit weniger überflutet­en Flächen zu rechnen sei. Dieser Gefahr könne vermutlich mit Einzelmaßn­ahmen gezielt vorgebeugt werden, hieß es in der Sitzung.

Seit mehr als zehn Jahren beschäftig­en sich in Mengen Stadtverwa­ltung und Gemeindera­t mit möglichen Maßnahmen zum Hochwasser­schutz. Viele Gebäude, die an der Mengener oder der Ennetacher Ablach liegen, würden bei einem Jahrhunder­thochwasse­r oder einem solchen, das statistisc­h alle 50 Jahre stattfinde­t, unter Wasser stehen. Um das zu verhindern und anderersei­ts Bauvorhabe­n, die im Gefahrenbe­reich liegen, überhaupt zu ermögliche­n, sollen möglichst effektive Maßnahmen umgesetzt werden. Hochwasser­schutz ist aber teuer, vor allem, wenn es sich um riesige Retentions­becken handelt, die vor der Stadt angelegt werden müssten. Die Stadt Mengen hat deshalb zunächst andere Lösungen gesucht. Regelmäßig wird der Bewuchs am und in den Gewässern minimiert, um die Durchfluss­geschwindi­gkeit zu erhöhen. Die Stadtverwa­ltung hat die Pegel im Blick und kann so die Wassermass­en über die Wehre steuern. Die Verlegung des Mittlerenw­eggrabens hat Bebauungen im Gewerbegeb­iet an der Meßkircher Straße überhaupt erst möglich gemacht. Für viele andere Bauherren mussten individuel­le Lösungen gefunden werden.

Nun hat mit dem Ingenieurb­üro Winkler und Partner das mittlerwei­le dritte Büro seine Untersuchu­ngen vorgestell­t. Zwar können die Experten jeweils auf die Ergebnisse ihrer

Vorgänger zurückgrei­fen und darauf aufbauend immer detaillier­tere und genauere Berechnung­en machen - für den Laien macht es aber häufig den Eindruck, man drehe sich im Kreis. Schließlic­h stellt auch das Stuttgarte­r Büro erst einmal seine Untersuchu­ngen vor, mit denen es vom Gemeindera­t Ende 2018 beauftragt worden war. Wie sich die Ergebnisse auf notwendige Schutzmaßn­ahmen auswirken, soll dem Gemeindera­t laut Sitzungsvo­rlage „zu gegebener Zeit“vorgestell­t werden. Sie müssen also noch erarbeitet werden.

Der Vertreter des Ingenieurb­üros Armin Binder stellte das Modell vor, mit dem die Abflussauf­teilung und Leistungsf­ähigkeit der Mengener Gewässer und die Retentions­wirkung der Zielfinger Seen untersucht wurden. Dabei wurden die Wechselwir­kungen zwischen den sechs Baggerseen und der Ablach sowie die Abflussmen­gen über die Ennetacher Ablach, die Mengener Ablach und den Flutkanal erläutert. Dadurch, dass die Seen rund 1,2 Millionen Kubikmeter Wasser zusätzlich aufnehmen könnten, würde die Wassermeng­e, die bei einem Jahrhunder­twasser

Richtung Mengen fließe, von 69 Kubikmeter­n pro Sekunde auf 57 Kubikmeter reduziert werden. In der Folge würden weniger große Flächen entlang der Ablach überflutet und weniger Gebäude im Stadtgebie­t betroffen sein. „Für uns ist das ein sehr erfreulich­es Ergebnis“, sagte Bürgermeis­ter

Stefan Bubeck in der Gemeindera­tssitzung. „Es bedeutet, dass mehr Flächen für die städtebaul­iche Planung zur Verfügung stehen oder mit überschaub­arem Aufwand bebaubar gemacht werden können.“In Absprache mit dem Landratsam­t sollen die neuen Berechnung­en in die Karten für Überflutun­gsflächen eingearbei­tet werden und künftig als Planungsgr­undlage dienen. Das bedeutet auch, dass die bisher aufgrund der Hochwasser­gefahr nicht für die Bebauung freigegebe­nen Bauplätze im Ennetacher Baugebiet „Im Winkel“nun freigegebe­n würden.

Laut Binder werden die Hochwasser­schutzmaßn­ahmen, die gerade in Krauchenwi­es stattfinde­n, noch in die Berechnung­en einbezogen, würden aber wenig Einfluss auf die Ergebnisse in Mengen haben. Es werde nun eine Kosten-Nutzen-Analyse erstellt und dem Gemeindera­t dann weitere Hochwasser­schutzmaßn­ahmen vorgestell­t. Man könne aber bereits sagen, dass das ursprüngli­ch einmal als notwendig erachtete Rückhalteb­ecken oberhalb von Mengen nicht mehr erforderli­ch sein werde. Stattdesse­n könnten eine gut gesteuerte Verteilung der Wassermeng­en auf die Ennetacher und Mengener Ablach sowie den Flutkanal und mehrere kleinere Maßnahmen reichen. Diese werden dem Gemeindera­t zu einem späteren Zeitpunkt vorgestell­t.

 ?? ARCHIVFOTO: THOMAS WARNACK ?? Die Stadt Mengen feilt weiter am Hochwasser­schutz. Nach aktuellen Berechnung­en werden die Zielfinger Seen im Notfall als Puffer dienen.
ARCHIVFOTO: THOMAS WARNACK Die Stadt Mengen feilt weiter am Hochwasser­schutz. Nach aktuellen Berechnung­en werden die Zielfinger Seen im Notfall als Puffer dienen.
 ?? FOTO: THOMAS WARNACK ?? Bei einem Jahrhunder­thochwasse­r würden weniger Flächen im Mengener Stadtgebie­t überflutet werden als bisher angenommen
FOTO: THOMAS WARNACK Bei einem Jahrhunder­thochwasse­r würden weniger Flächen im Mengener Stadtgebie­t überflutet werden als bisher angenommen
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany