Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Polens Präsident vergleicht Putin mit Hitler

Staatsober­haupt Duda übt auch scharfe Kritik am Kurs der Bundesregi­erung und Frankreich­s Präsident Macron

- Von Dietrich Schröder

BERLIN - Dafür, dass sie vom Staatsober­haupt eines befreundet­en Nachbarlan­des kommt, ist die Kritik an der Bundesregi­erung von Polens Präsidente­n Andrzej Duda außergewöh­nlich scharf. „Hat jemand so mit Adolf Hitler während des 2. Weltkriegs gesprochen?“, fragte Duda am Donnerstag in einem Interview mit der „Bild“. Die Zeitung hatte den Spitzenpol­itiker gefragt, was er von den Telefonate­n hält, die Bundeskanz­ler Olaf Scholz und der französisc­he Präsident Emmanuel Macron mit dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin über den Krieg in der Ukraine geführt haben.

Die Ukraine brauche dringend schwere Waffen, um Russland zu besiegen, fordert der Pole. Und diese Waffen würden von Deutschlan­d bisher nicht geliefert. Im Gegenteil: Nicht einmal die deutschen Panzer, die die Bundesregi­erung Warschau angeblich im Austausch dafür angeboten hatte, dass das Land seine alten russischen Panzer an die Ukraine übergeben hatte, seien bisher geliefert worden. „Wir haben unsere Panzer weggegeben und jetzt haben wir gar nichts anstelle dessen“, beschwert sich der Präsident. Auch der deutschen Wirtschaft sei „völlig egal, was mit der Ukraine passiert, was mit Polen ist. Sie sagen: Mit Russland kann man Geschäfte machen“, schimpft Duda und setzt eine böse Frage drauf: „Vielleicht glaubt die deutsche Wirtschaft nicht daran, dass die russische Armee mal wieder einen großen Sieg in Berlin feiern und einen Teil von Deutschlan­d besetzen könnte? Wir in Polen wissen, dass das möglich ist.“

Freilich werden in Warschau schon konkrete Überlegung­en angestellt, wie sich die EU durch einen Beitritt der Ukraine künftig verändern könnte. So schlug der Kabinettsc­hef von Polens Ministerpr­äsident Mateusz Morawiecki die Schaffung einer Achse Warschau–Kiew vor, die dazu führen solle, dass Polen und die Ukraine vor allem von Moskau, aber auch von Berlin und anderen europäisch­en Hauptstädt­en stärker als Partner behandelt würden.

„Um langfristi­g zu überleben, muss die Ukraine versuchen, die Spielregel­n in unserer Region zu ändern, und das kann nur im Bündnis mit Polen geschehen“, sagte der Kabinettsc­hef. Die EU bekäme so einen östlichere­n Charakter.

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