Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Auf dem Land ist das Neun-Euro-Ticket unbeliebt
Stadtbewohner hingegen loben die Maßnahme – Noch weniger Zustimmung erhält der umstrittene Tankrabatt
ESSEN (dpa/sz) - Seit dem 1. Juni gibt es das 9-Euro-Ticket. Mit dem Fahrschein kann man jeweils einen Monat lang im Juni, Juli und August den Regionalverkehr in ganz Deutschland nutzen. Der günstige Nahverkehr soll die Bundesbürger – in einer Zeit in der die Preise steigen – entlasten, eine neue repräsentative Umfrage zeigt jedoch: Weniger als die Hälfte aller erwachsenen Bürger bewertet das 9-Euro-Ticket positiv.
Das Meinungsforschungsinstituts Civey hat im Auftrag der Eon-Stiftung 10 000 Bundesbürger zu dem Thema befragt. Demnach sehen 43 Prozent der Befragten die Einführung positiv, 38 Prozent sehen hier eine negative Maßnahme der Bundesregierung.
Vor allem in strukturschwachen und dünn besiedelten Regionen sei die Ablehnung des Tickets am größten. „So zählen zu den Landkreisen mit der geringsten Zustimmungsquote die Mecklenburgische Seenplatte, Ostfriesland oder Teile von Franken“, erklärte ein Sprecher. In dicht besiedelten Regionen wie Hamburg, Berlin und dem Ruhrgebiet erfahre die Maßnahme hingegen deutliche Zustimmungswerte von über 50 Prozent der Befragten.
Nach Angaben der gemeinnützigen Allianz pro Schiene liegt der Grund für die unterschiedliche Bewertung des 9-Euro-Tickets daran, dass zahlreiche Landkreise im ländlichen Raum vom öffentlichen Nahverkehr „praktisch abgehängt“sind, heißt es in einer Pressemitteilung des Verbands. Besonders in Bayern sei das der Fall. Sieben der zehn unterversorgtesten Landkreise bundesweit liegen im Freistaat. „Wer im Bayerischen Wald lebt, profitiert kaum vom 9-Euro-Ticket“, sagt daher Allianz pro Schiene-Geschäftsführer Dirk Flege. „Nach Ende der auf drei Monate befristeten Preisoffensive muss der Bund gemeinsam mit den
Ländern und Landkreisen eine Angebotsoffensive starten“, fordert er. „Erst, wenn es flächendeckend ein attraktives Bus- und Bahnangebot gibt, steigen die Menschen dauerhaft um.“
Von denjenigen, die das 9-EuroTicket besitzen, äußerten bei der Civey-Umfrage dann auch 57 Prozent der Befragten die Bereitschaft, den öffentlichen Personen-Nahverkehr deutlich häufiger zu nutzen. „Eine besondere Veränderungsbereitschaft beim Mobilitätsverhalten zeigt sich hier insbesondere in mittelgroßen Städten wie Rastatt, Coburg, Kaiserslautern aber auch Gelsenkirchen“, sagte der Civey-Sprecher.
Neben dem 9-Euro-Ticket, hatte die Bundesregierung auch einen Tankrabatt für die Bürger beschlossen. Der für drei Monate eingeführte
Nachlass wird laut Civey-Umfrage nur von sechs Prozent der Befragten als die sinnvollste Maßnahme zur Reduktion von finanziellen Belastungen angesehen. Auch weitere der beschlossenen Maßnahmen wie finanzielle Transferleistungen oder auch das 9-Euro-Ticket werden nicht als grundsätzlich geeignet angesehen, bestehende Belastungen zu verringern. Dieser Meinung waren 53 Prozent der Befragten.
Der Geschäftsführer der Eon Stiftung, Stephan Muschick, sprach im Zusammenhang der Umfrage-Ergebnisse von einer Spaltung bei den unterschiedlichen Mobilitätsbedürfnissen zwischen Stadt und Land. „Während Menschen in den Städten ihre Monatskarten für drei Monate geschenkt bekommen, kommt die gewollte Benzinpreis-Reduzierung auf dem Land nicht an.“