Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Motorräder so laut wie ein Presslufthammer
Vor allem an Wochenenden ist der Lärm ein Problem – Eine Lösung ist nicht in Sicht
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LAUCHERTTAL - Vor allem an den Wochenenden werden laute Motorräder im Laucherttal immer wieder zum Problem. Das zeigen Messungen aus den Jahren 2020 und 2021, die das Landesverkehrsministerium nun veröffentlicht hat. Am südlichen Ortsausgang von Hettingen zum Beispiel sind an den Wochenenden mehr als neunmal so viele Motorräder unterwegs wie an Werktagen. Doch das Problem in den Griff zu bekommen erweist sich als schwierig.
Mögen die Daten des Verkehrsministeriums auch neu sein: Die Belastung der Anwohner durch zu laute Motorräder ist es nicht. „Wenn die hier richtig schnell fahren, kann ich mich mit meinem Nachbarn draußen nicht mehr unterhalten“, berichtet zum Beispiel Thomas Haug, der im Veringenstädter Ortsteil Hermentingen wohnt – etwa einen Kilometer vom Ortsausgang Hettingen entfernt. Sonntags sei das Motorradaufkommen besonders hoch. „Die einen haben dann ihren Spaß, die anderen müssen darunter leiden.“
Dabei will Haug keineswegs sämtliche Motorradfahrer über einen Kamm scheren. „Aber manche fahren beispielsweise mehrfach hin und her“, sagt er. Das finde er rücksichtslos. Und so zeigen die Messungen des Ministeriums auch, dass es sich nicht bloß um Einzelfälle handelt: „Fast jedes dritte vorbeifahrende Motorrad ist so laut wie ein Presslufthammer oder eine Kreissäge“, heißt es in der entsprechenden Pressemitteilung.
Darin kommt auch Staatssekretärin Elke Zimmer (Grüne) zu Wort. „Eine rücksichtsvolle und leise Fahrweise ist im Interesse aller“, sagt sie. Sie habe kein Verständnis dafür, wenn Motorräder bewusst auf laut getrimmt würden. „Lautes Fahren und unnötiges Hin- und Herfahren geht immer zu Lasten anderer und deren Gesundheit.“
Auch für Hermentingens Ortsvorsteher Peter Knaus ist das Problem kein neues. Beschwerden von
Einwohnern über zu laute Motorräder gebe es immer wieder mal, sagt er. „Zwei, drei Bürger haben auch schon einen Vorstoß unternommen, um etwas dagegen zu tun.“Anregungen für eine Geschwindigkeitsbegrenzung oder das Versetzen der Ortsschilder hätten jedoch kein Gehör gefunden. „Mit seinen 140 Einwohnern ist Hermentingen vermutlich aber auch zu klein, um etwas bewegen zu können“, sagt Knaus. „Da müsste schon das gesamte Laucherttal gemeinsam die Initiative ergreifen.“
Doch auch dafür sieht es eher schlecht aus. „Die Zahlen des Ministeriums sind meiner Meinung nach mit Vorsicht zu genießen“, sagt etwa
Hettingens Bürgermeisterin Dagmar Kuster. So seien die Daten nur über einen kurzen Zeitraum und zur Hochzeit der Corona-Pandemie erhoben worden – also zu einer Zeit, in der die möglichen Freizeitaktivitäten rar gesät waren.
Auch Kuster sind Beschwerden der Einwohner bekannt. Auch sie berichtet vom gescheiterten Versuch, Ortsschilder versetzen zu lassen. „Eine Zunahme des Verkehrs lässt sich durch die vom Landratsamt regelmäßig erhobenen Daten aber nicht wirklich belegen“, sagt die Bürgermeisterin. Wie sehr Menschen Lärm als Stress empfinden, sei zudem stark unterschiedlich ausgeprägt. Wichtig sei ihr vor allem, die es nach den derzeitigen Vorgaben mehr als 2157 Motorräder am Tag, um verkehrsrechtliche Maßnahmen wie etwa Geschwindigkeitsbeschränkungen speziell für den Motorradverkehr anordnen zu können.“Das Landratsamt veranlasse aber gerade in den Sommermonaten verstärkt Geschwindigkeitskontrollen. Zudem führe die Polizei immer wieder technische Kontrollen an bekannten Motorradstrecken durch. (SeK)
Belastung durch Verkehrslärm insgesamt zu betrachten. „Sich allein auf die Gruppe der Motorradfahrer zu fokussieren, halte ich für schwierig“, sagt Kuster.
Ähnlich äußert sich Veringenstadts Bürgermeister Maik Rautenberg. Beschwerden über Motorradlärm seien der Stadtverwaltung nur vereinzelt bekannt, sagt er. „Weil es sich um eine Bundesstraße handelt, haben wir aber ohnehin nicht viele Handlungsmöglichkeiten.“
Auch Rautenberg spricht sich dagegen aus, „eine bestimmte Gruppe an den Pranger zu stellen“. Nicht nur unter den Motorradfahrern gebe es schwarze Schafe. „Wie gehen wir mit den Fahrern getunter Autos um? Was machen wir mit zu lauten Oldtimern? Solche Fragen stellen sich dann ja auch.“
War die Stadt Gammertingen vor zwei Jahren noch einer Initiative gegen Motorradlärm beigetreten, so sieht auch Bürgermeister Holger Jerg das Problem inzwischen ein wenig entspannter. „Gerade im ersten Corona-Sommer war es ziemlich heftig“, sagt er.
„Inzwischen ist aber auch die Klagewelle aus der Bevölkerung abgeebbt.“Dennoch sei es wichtig, das Thema im Auge zu behalten – nicht nur vor Ort, sondern landesweit. Akuten Handlungsbedarf sehe er zurzeit aber nicht mehr, sagt Jerg.