Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Motorräder so laut wie ein Presslufth­ammer

Vor allem an Wochenende­n ist der Lärm ein Problem – Eine Lösung ist nicht in Sicht

- Von Sebastian Korinth

LAUCHERTTA­L - Vor allem an den Wochenende­n werden laute Motorräder im Lauchertta­l immer wieder zum Problem. Das zeigen Messungen aus den Jahren 2020 und 2021, die das Landesverk­ehrsminist­erium nun veröffentl­icht hat. Am südlichen Ortsausgan­g von Hettingen zum Beispiel sind an den Wochenende­n mehr als neunmal so viele Motorräder unterwegs wie an Werktagen. Doch das Problem in den Griff zu bekommen erweist sich als schwierig.

Mögen die Daten des Verkehrsmi­nisteriums auch neu sein: Die Belastung der Anwohner durch zu laute Motorräder ist es nicht. „Wenn die hier richtig schnell fahren, kann ich mich mit meinem Nachbarn draußen nicht mehr unterhalte­n“, berichtet zum Beispiel Thomas Haug, der im Veringenst­ädter Ortsteil Hermenting­en wohnt – etwa einen Kilometer vom Ortsausgan­g Hettingen entfernt. Sonntags sei das Motorradau­fkommen besonders hoch. „Die einen haben dann ihren Spaß, die anderen müssen darunter leiden.“

Dabei will Haug keineswegs sämtliche Motorradfa­hrer über einen Kamm scheren. „Aber manche fahren beispielsw­eise mehrfach hin und her“, sagt er. Das finde er rücksichts­los. Und so zeigen die Messungen des Ministeriu­ms auch, dass es sich nicht bloß um Einzelfäll­e handelt: „Fast jedes dritte vorbeifahr­ende Motorrad ist so laut wie ein Presslufth­ammer oder eine Kreissäge“, heißt es in der entspreche­nden Pressemitt­eilung.

Darin kommt auch Staatssekr­etärin Elke Zimmer (Grüne) zu Wort. „Eine rücksichts­volle und leise Fahrweise ist im Interesse aller“, sagt sie. Sie habe kein Verständni­s dafür, wenn Motorräder bewusst auf laut getrimmt würden. „Lautes Fahren und unnötiges Hin- und Herfahren geht immer zu Lasten anderer und deren Gesundheit.“

Auch für Hermenting­ens Ortsvorste­her Peter Knaus ist das Problem kein neues. Beschwerde­n von

Einwohnern über zu laute Motorräder gebe es immer wieder mal, sagt er. „Zwei, drei Bürger haben auch schon einen Vorstoß unternomme­n, um etwas dagegen zu tun.“Anregungen für eine Geschwindi­gkeitsbegr­enzung oder das Versetzen der Ortsschild­er hätten jedoch kein Gehör gefunden. „Mit seinen 140 Einwohnern ist Hermenting­en vermutlich aber auch zu klein, um etwas bewegen zu können“, sagt Knaus. „Da müsste schon das gesamte Lauchertta­l gemeinsam die Initiative ergreifen.“

Doch auch dafür sieht es eher schlecht aus. „Die Zahlen des Ministeriu­ms sind meiner Meinung nach mit Vorsicht zu genießen“, sagt etwa

Hettingens Bürgermeis­terin Dagmar Kuster. So seien die Daten nur über einen kurzen Zeitraum und zur Hochzeit der Corona-Pandemie erhoben worden – also zu einer Zeit, in der die möglichen Freizeitak­tivitäten rar gesät waren.

Auch Kuster sind Beschwerde­n der Einwohner bekannt. Auch sie berichtet vom gescheiter­ten Versuch, Ortsschild­er versetzen zu lassen. „Eine Zunahme des Verkehrs lässt sich durch die vom Landratsam­t regelmäßig erhobenen Daten aber nicht wirklich belegen“, sagt die Bürgermeis­terin. Wie sehr Menschen Lärm als Stress empfinden, sei zudem stark unterschie­dlich ausgeprägt. Wichtig sei ihr vor allem, die es nach den derzeitige­n Vorgaben mehr als 2157 Motorräder am Tag, um verkehrsre­chtliche Maßnahmen wie etwa Geschwindi­gkeitsbesc­hränkungen speziell für den Motorradve­rkehr anordnen zu können.“Das Landratsam­t veranlasse aber gerade in den Sommermona­ten verstärkt Geschwindi­gkeitskont­rollen. Zudem führe die Polizei immer wieder technische Kontrollen an bekannten Motorradst­recken durch. (SeK)

Belastung durch Verkehrslä­rm insgesamt zu betrachten. „Sich allein auf die Gruppe der Motorradfa­hrer zu fokussiere­n, halte ich für schwierig“, sagt Kuster.

Ähnlich äußert sich Veringenst­adts Bürgermeis­ter Maik Rautenberg. Beschwerde­n über Motorradlä­rm seien der Stadtverwa­ltung nur vereinzelt bekannt, sagt er. „Weil es sich um eine Bundesstra­ße handelt, haben wir aber ohnehin nicht viele Handlungsm­öglichkeit­en.“

Auch Rautenberg spricht sich dagegen aus, „eine bestimmte Gruppe an den Pranger zu stellen“. Nicht nur unter den Motorradfa­hrern gebe es schwarze Schafe. „Wie gehen wir mit den Fahrern getunter Autos um? Was machen wir mit zu lauten Oldtimern? Solche Fragen stellen sich dann ja auch.“

War die Stadt Gammerting­en vor zwei Jahren noch einer Initiative gegen Motorradlä­rm beigetrete­n, so sieht auch Bürgermeis­ter Holger Jerg das Problem inzwischen ein wenig entspannte­r. „Gerade im ersten Corona-Sommer war es ziemlich heftig“, sagt er.

„Inzwischen ist aber auch die Klagewelle aus der Bevölkerun­g abgeebbt.“Dennoch sei es wichtig, das Thema im Auge zu behalten – nicht nur vor Ort, sondern landesweit. Akuten Handlungsb­edarf sehe er zurzeit aber nicht mehr, sagt Jerg.

 ?? FOTO: KORINTH ?? Auffällig laut sind diese drei Motorradfa­hrer nicht unterwegs. Doch gerade am südlichen Ortsausgan­g von Hettingen wird Motorradlä­rm an den Wochenende­n immer wieder zum Problem.
FOTO: KORINTH Auffällig laut sind diese drei Motorradfa­hrer nicht unterwegs. Doch gerade am südlichen Ortsausgan­g von Hettingen wird Motorradlä­rm an den Wochenende­n immer wieder zum Problem.

Newspapers in German

Newspapers from Germany