Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Ampel droht Krach um Schuldenbremse
Esken stellt Einhaltung infrage – Lindner dämpft Hoffnungen auf Entlastungen
BERLIN (dpa) - Der Ampel-Koalition droht ein Streit über die künftige Einhaltung der Schuldenbremse und um rasche weitere Entlastungen von Bürgern und Unternehmen angesichts der hohen Inflation. Mit Blick auf mögliche neue Maßnahmen wegen explodierender Preise für Energie und Lebensmittel stellte SPD-Chefin Saskia Esken (Foto: dpa) die von Finanzminister Christian Lindner (FDP) geplante Einhaltung der Schuldenbremse ab 2023 in Frage. „Die Frage der Finanzierung ist berechtigt und sehr ernst. Ich sage Ihnen: Über die Schuldenbremse oder andere Wege der Finanzierung werden wir in der Koalition sprechen müssen“, sagte sie dem „Tagesspiegel“.
Lindner bekräftigte dagegen am Sonntag im Kurznachrichtendienst Twitter: „Die Schuldenbremse müssen wir schnellstmöglich wieder einhalten! Deshalb halte ich 2023 daran fest.“Man müsse den Staat aus den Schulden führen, weil die Zinslast immer größer werde. „Das erfordert sehr harte Arbeit und starke Nerven.“Ohne Esken namentlich zu erwähnen, schrieb er weiter: „Mein Eindruck ist, dass in der Politik noch nicht alle verstanden haben, dass wir auch eine ökonomische Zeitenwende erleben, die uns noch sehr beschäftigen wird.“Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse lässt nur eine minimale Kreditaufnahme zu. In den vergangenen Jahren war sie wegen der hohen Lasten erst durch die Corona-Pandemie und dann durch den Ukraine-Krieg ausgesetzt worden. So sieht der soeben beschlossene Bundeshaushalt 2022 eine Neuverschuldung von fast 139 Milliarden Euro vor. Den Etatentwurf 2023 will Lindner in Kürze vorlegen.
Mit Blick auf die Haushaltslage dämpfte Lindner Hoffnungen auf schnelle weitere Entlastungen von Bürgern und Unternehmen. Er habe gelesen, dass die Koalition noch vor der Sommerpause darüber entscheiden wolle, sagte er dem Nachrichtenportal t-online. „Es gibt aber finanziell und rechtlich wenig Spielraum dafür, wenn wir nicht woanders sparen. Das muss bei allen Vorschlägen mit bedacht werden.“
SPD und Grüne halten die beschlossenen Hilfspakete für Bürger und Unternehmen aber noch nicht für ausreichend. Familienministerin Lisa Paus geht davon aus, dass schon im Herbst weitere Schritte notwendig sein werden. „Alle Daten zeigen, dass die steigenden Lebensmittelund Energiepreise ganz besonders ärmere Familien belasten“, sagte die Grünen-Politikerin. Die Bundesregierung habe bereits zwei Entlastungspakete beschlossen. „Wir werden genau schauen, wie sie wirken und beraten über weitere Schritte. Ich gehe davon aus, dass wir im Herbst feststellen werden, dass wir weitere Entlastungen für Familien brauchen.“