Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Seniorenhaus wird teurer
In der Hettinger Stadtmitte wurde Richtfest gefeiert – In einem Jahr soll Anlage eröffnet werden
HETTINGEN - Sichtlich zufrieden wirkten Bürgermeisterin Dagmar Kuster und Kaspar Pfister, Geschäftsführer der Benevit-Gruppe, beim Richtfest des neuen Seniorenhauses in der Stadtmitte von Hettingen. Denn allen widrigen Umständen zum Trotz konnte nach nur neun Monaten nach Grundsteinlegung das Richtfest gefeiert werden.
Dabei ist der Bau schon weiter fortgeschritten als bei Richtfesten üblich. Das Dach ist bereits komplett gedeckt, sodass das obligatorische Tännchen mit den Flatterbändern von Zimmerermeister Georg Dietz und seinen Mannen am Gerüst festgemacht werden musste. Dietz vollzog auch den Brauch des Richtspruchs und das Zertrümmern des Glases, damit „jeder Splitter des Glases dem Haus Glück bringen möge“.
Die Hiobsbotschaften, dass wegen Lieferengpässen Materialnot bei den Handwerkern herrscht und andere schwerwiegende Gründe, „haben uns in den vergangenen Wochen zum Schwitzen gebracht“, sagte die Bürgermeisterin. Umso größer die Freude über den jetzigen Baufortschritt. Allerdings seien die Kosten gestiegen mit den zurzeit üblichen Begründungen
wie Material- und Rohstoffverknappung, pandemiebedingt oder wegen des Ukraine-Krieges. „Aber für uns beherrschbar“, sagte Kaspar Pfister.
Er bezifferte die Kosten für das Gebäude mit einer Nutzfläche von 2995 Quadratmetern auf rund 8,2 Millionen Euro, betonte aber, dass trotz der Verteuerung nicht am Material gespart werde. Es bleibe bei der Dreifachverglasung der Fenster und hochwertiger Dämm- und Isoliertechnik, sodass das Haus den Effizienzstandard KfW 40 erfülle. Neben einer Photovoltaikanlage werde zusätzlich eine Geothermie-Anlage mit Wärmepumpe zur Energiegewinnung und Ressourceneinsparung eingesetzt. „Wir werden in unserer Stadt über eine Pflege- und Wohneinrichtung verfügen, die heutigen Standards in Hinsicht entspricht, ja sogar Standards für die Zukunft setzt“, hob Kuster hervor.
„Wir werden in unserer Stadt über eine Pflege- und Wohneinrichtung verfügen, die heutigen Standards in Hinsicht entspricht, ja sogar Standards für die Zukunft setzt“Hettingens Bürgermeistserin Dagmar Kuster
Der Neubau ermögliche Senioren ein Wohnen im Quartier. 57 Pflegeplätze in Einzelzimmern entstehen, in vier autarken Wohngemeinschaftsgruppen zu je 14 Bewohnern. Von Beginn an sei wichtig gewesen, die alten Menschen in das Ortsgeschehen einzubinden. Deshalb sei der Bau auch in der Ortsmitte und nicht irgendwo am Rand ermöglicht worden. Er soll Treffpunkt sein für alle: Bewohner, Besucher, aber auch für Bürger.
In rund einem Jahr soll die Einrichtung eröffnet werden. Jede der vier Wohnungen hat einen zentral gelegenen Wohn-, Ess- und Kochbereich, ist mit einem Kaminofen im Wohnzimmer sowie überdachten Balkonen und Terrassen ausgestattet. Das Alltagsleben wird von Präsenzkräften gemeinsam mit den Bewohnern erledigt, hieß es beim Richtfest: zum Beispiel beim Kochen, der Wäschepflege,
beim Kaminofen Bestücken. „Alte Menschen haben in ihrem Leben so viel Wissen und Können angesammelt. Ihnen im Alter alles abzunehmen, bedeutet, ihnen nichts mehr zuzutrauen, was die Fähigkeiten, die sie noch haben, verkümmern lässt“, sagte die Pflegefachkraft Marion Seigel, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit, in einem Gespräch.
Examinierte Fachkräfte sorgen mit Unterstützung durch ambulante Dienste für die Pflege, wobei auch Angehörige hauswirtschaftliche Aufgaben oder Tätigkeiten der Grundpflege übernehmen könnten und dafür Pflegegeld erhielten. Die Erfahrung habe gezeigt, dass das Zusammenleben wie in einer WG die Individualität und Eigenständigkeit jedes einzelnen Bewohners unterstützt und wertschätzt.
„Das Erleben von Zuwendung, Fürsorge und Respekt ist verbunden mit Lebensfreude und Spaß, die von alleine entsteht, wenn man den Alltag mit seinen Mitbewohnern, den Mitarbeitern und den Angehörigen zusammen gestaltet“, sagte Pfister und fügt hinzu, dass dieses Hausgemeinschaftskonzept seit 2004 in 26 bundesweit betriebenen Pflegeeinrichtungen der Benevit-Gruppe funktioniere.