Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Friedrich und die Frauen
CDU-Chef Merz muss sich zu Frauenquote in der Partei positionieren
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BERLIN - Diskutiert wird seit Jahren, jetzt steht der vorläufige Tag der Wahrheit für die Frauenquote in der CDU an. Am Mittwoch befassen sich die Spitzengremien der Union mit der Frage – und stellen die letzte Weiche für den entscheidenden Parteitagsbeschluss im Herbst.
Mit Spannung wird vor allem darauf gewartet, ob und wie sich Parteichef Friedrich Merz im Vorstand positioniert. Er war im Januar auch wegen seines Versprechens klarer Führung gewählt worden, hat diese aber in Sachen Quote vermieden. Diese bezeichnete er bislang stets „zweitbeste Lösung“, blieb eine beste Lösung aber schuldig. Der Bundesvorsitzende der CDU hatte eine Quotenregelung früher abgelehnt, zuletzt legte er sich nicht mehr fest.
Das Thema birgt innerparteiliche Sprengkraft. Spätestens seit Markus Söder die Frauenquote auf einem CSU-Parteitag 2019 um die Ohren flog, wird die Angelegenheit auch in der CDU wie eine entsicherte Handgranate behandelt; mit größter Vorsicht. Bisher sieht die Satzung der CDU lediglich vor, dass Frauen „mindestens zu einem Drittel“an Parteiämtern und öffentlichen Mandaten beteiligt sein sollen.
Selbst die Quotenbefürworterinnen und -befürworter wurden daher nervös, als der neue Generalsekretär Mario Czaja nicht nur offensiv für die Quote warb, sondern dabei sogar das noch verpöntere Wort „Parität“in den Mund nahm.
Prompt formierten sich die Gegner: Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) beispielsweise beschloss, eine Basisabstimmung über die Frage erzwingen zu wollen. „Wenn man einmal ein Votum der Basis hat, ist das Thema hoffentlich erst einmal erledigt“, sagt der badenwürttembergische MIT-Landesvorsitzende Bastian Atzger. Die Hoffnung der MIT ist, dass die bislang zu drei Vierteln männliche Parteimitgliedschaft die Sache zu Fall bringt.
Eine Mehrheit wird dieser Vorschlag an der Parteispitze aber wohl nicht bekommen, heißt es in der CDU. Nicht zuletzt, weil eine solche Befragung über eine Million Euro kosten würde. Für umso wichtiger halten es nicht wenige Unionsleute allerdings, dass Merz endlich ein Machtwort spricht.
Auf dem Tisch liegt der schon zwei Jahre alte Antrag des früheren CDU-Vorstands, wonach bis 2025 schrittweise eine Frauenquote von 50 Prozent für Vorstandsämter ab der Kreisebene eingeführt werden soll. Eine Öffnungsklausel gibt es für den Fall, dass nicht genug Frauen kandidieren. Diese Satzungsänderung konnte allerdings nie verabschiedet werden, weil Corona den dazu nötigen Präsenzparteitag verhinderte.
Die Vorsitzende der Frauen-Union, Annette Widmann-Mauz, macht nun Druck: „Es gibt eine Zeit zu diskutieren, und es gibt eine Zeit zu entscheiden“, sagte sie. Sie weist darauf hin, dass die geplanten Änderungen nicht nur die Frauen, sondern auch die Jugendvertretung, die Lesben und Schwulen in der Union (LSU) sowie die Digitalisierung der Parteiarbeit umfassen.
„Ein ausgewogener Kompromiss liegt auf dem Tisch und ist reif zur Entscheidung auf dem Parteitag in Hannover“, erklärte WidmannMauz. Unterstützt wird sie von der Chefin der Unionsfrauen im Bundestag, Mechthild Heil: „Ich begrüße die Frauenquote“sagte sie. Dem Leistungs-Argument der Quotenkritiker hält sie entgegen: Dass bislang weniger Frauen als Männer in Führungspositionen anzutreffen seien, sei „sicher nicht mit mangelndem Leistungsvermögen“zu begründen.
„Mit einer Quote tut man kompetenten Frauen keinen Gefallen“, meint hingegen MIT-Landesvorsitzender Atzger, dessen Parteigliederung auf Bundesebene von der niedersächsischen Bundestagsabgeordneten Gitta Connemann angeführt wird. „Sie müssten dann im Wettbewerb nicht nur mit Männern, sondern auch mit Quotenfrauen bestehen und müssten trotz eigener Karriere immer den Vorwurf entkräften, selbst eine Quotenfrau zu sein.“