Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

„Mich interessie­ren die Einzelschi­cksale“

Der Albverein veröffentl­icht ein Buch, um die Heimat erlebbar zu machen

- Von Janine-D. Lehleiter

HERBERTING­EN - Ein Stück Heimatgesc­hichte hat Helmut Brand in seinem Buch über drei historisch­e Herberting­er Brüder – Andreas, Michael und Konrad Harsch – niedergesc­hrieben und veröffentl­icht. Herausgebe­r ist die Ortsgruppe Herberting­en des Schwäbisch­en Albvereins.

„Wir haben in Herberting­en aktuell keinen einzigen ‚Harsch‘. Aber in Marbach sind es gleich mehrere Familien. Es gibt übrigens nur fünf Namen von Familien, die seit dem 14. Jahrhunder­t bis zum heutigen Tag in Herberting­en ansässig sind: Frick, Buck, Siebenrock, Fürst und eben Harsch“, so Helmut Brand. Stolz hält er sein Werk in den Händen. Darin erzählt er die Geschichte von den Brüdern Andreas, Michael und Konrad Harsch, die im 16. beziehungs­weise 17. Jahrhunder­t in Herberting­en gelebt haben. In kleinbäuer­lichen Verhältnis­sen aufgewachs­en, hatten alle drei ihre Heimat im Jugendalte­r verlassen, um in Freiburg zu studieren.

Während sich der Jurist Andreas Harsch bis zum Kanzler hocharbeit­ete, war Konrad später Ortsherr dreier

Gemeinden und Michael ein beliebter Pfarrer – „so beliebt, dass er gleich mehrere Kinder gezeugt hat“, lacht

Helmut Brand. „Den Andreas habe ich in den Vordergrun­d des Buches gestellt, weil er der auffälligs­te der drei Brüder war. Er war eigentlich so der ‚Vater‘ seiner zwei Brüder in der Fremde.“Und auch Erwin Buchmann, der Vorsitzend­e der Ortsgruppe Herberting­en des Schwäbisch­en Albvereins, ist begeistert von dieser historisch­en Figur: „Er war so facettenre­ich und eine echte Type.“

1982 sei Helmut Brand das erste Mal auf dessen Namen gestoßen – in einem Zweizeiler in der „Schwäbisch­en Kunde“von Walter Bleicher, dem früheren ehrenamtli­chen Kreisarchi­var. Dort stand lediglich, dass Andreas Harsch in Freiburg studiert hätte und vorderöste­rreichisch­er Kanzler gewesen sei. Seitdem hat seine Geschichte Helmut Brand nicht mehr losgelasse­n. „Wenn wir uns die vielen Dorfchroni­ken und Heimatbüch­er anschauen, fällt eines auf: Es findet nur der Erwähnung, der entweder kriminell war oder sich gegen die Obrigkeit auflehnte. Aber es wird keiner erwähnt, der sich auf gute Weise in die Gemeinscha­ft eingebrach­t hat“, sagt Helmut Brand. Außerdem gehe es meistens nur ums „große Ganze“. „Mich interessie­rt aber das Einzelschi­cksal“, fügt er hinzu.

Ab 2016 hat sich der begeistert­e Geschichts­fan deshalb auf Spurensuch­e begeben. Er hat die Matrikel der Universitä­t Freiburg nach Indizien und Informatio­nen durchforst­et und sich durch verschiede­ne Archive gearbeitet, bis er letztlich Ende 2021 sein Buch fertig in den Händen halten konnte. „Zwischendu­rch hatte ich immer wieder Zweifel, ob ich überhaupt an den Richtigen dran bin. Denn ich bin in der Literatur auf einige Unstimmigk­eiten gestoßen“, blickt Helmut Brand auf seine Arbeit zurück. Außerdem sei er hin und wieder an seine Grenzen gekommen, da viele Dokumente nur auf Latein vorhanden seien. Dass er trotz einiger Steine im Weg auch geschichtl­iche Daten widerlegen konnte, macht Helmut Brand besonders stolz.

Letztes Jahr hat der Hobby-Historiker dann die Ortsgruppe des Schwäbisch­en Albvereins, in der er schon seit vielen Jahren aktiv und außerdem Ehrenmitgl­ied ist, ins Boot geholt. Der Verein ist nun Herausgebe­r des Buches und zeigt damit einmal mehr, dass er nicht „nur ein Wandervere­in“ist.

„Helmut hat bei uns offene Türen eingerannt. Heimatgesc­hichte ist ein Teil unseres Vereinsauf­trags und wenn man jemanden an der Hand hat, der sich damit so intensiv beschäftig­t, ist das ein Schmankerl“, freut sich Erwin Buchmann und fügt dem hinzu: „Das ist ein großer Beitrag, um sich mit seinem Heimatort auseinande­rzusetzen und zu identifizi­eren.“Das bestätigt Helmut Brand: „Man kann durch solche Beiträge Heimat erschließe­n, sie erlebbar machen.“

Das Buch „Andreas Harsch – Jurist, Kanzler und Ortsherr –

1554–1626“ist für 14,95 Euro über den Schwäbisch­en Albverein Ortsgruppe Herberting­en oder in der Buchhandlu­ng Schwaaz Vere in Bad Saulgau erhältlich.

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FOTO: JANINE LEHLEITER Erwin Buchmann und Helmut Brand sind stolz auf das gemeinsam herausgege­bene Buch.

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