Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Jahre auf diesen Tag gewartet
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BAD SAULGAU - So wie die Kinder, die in diesem Sommer in die 4. Klasse kommen, (bedauerlicherweise) nur den FC Bayern München als deutschen Fußballmeister kennen, kennen Jugendliche und junge Erwachsene, die in Ertingen, Binzwangen und der fußballinteressierten Umgebung derzeit ihren AutoFührerschein machen, die SGM TSV Ertingen/SV Binzwangen nur in der Kreisliga A. Wenigstens Letzteres hat sich am vergangenen Samstag geändert: 18 Jahre nach dem Abstieg damals noch als TSV Ertingen - steigt die Spielgemeinschaft - pünktlich zur „Volljährigkeit“dieses fragwürdigen Geburtstages, in die FußballBezirksliga auf. Ab 2022/2023 rollt der Bezirksligaball auch wieder auf den Sportplätzen in Ertingen und Binzwangen.
Entsprechend groß wurde - und wird noch immer wie bei Zeltfesten in Ertingen und Binzwangen gefeiert. Am Samstag fuhr die Mannschaft nach dem 2:0-Sieg in Munderkingen gemeinsam mit der zweiten Mannschaft und einem Teil der Fans mit dem Bus zurück nach Ertingen, wo sie von der Feuerwehr und dem örtlichen Musikverein empfangen wurde. In einer Art Festumzug ging es dann von der Ortsmitte hinaus zum Sportplatz, wo die Mannschaft den Wimpel aus den Händen von Staffelleiter Dietmar Traub in Empfang nahm. „Die zweite Mannschaft fuhr schon mit dem Bus und mit den Fans nach Munderkingen. Wir nicht. Das wollte ich nicht“, macht Trainer Steffen
Maurer, der die SGM seit Sommer 2020 trainiert, deutlich, dass nichts seine Mannschaft am Tag X ablenken sollte.
Zwei Tage nach dem Titelgewinn ist die Stimmung bei der Spielgemeinschaft (SGM), auch und vor allem bei Trainer Steffen Maurer, noch immer sehr gut. Der ehemalige Landesligaspieler und Kapitän des SV Uttenweiler, der mit seinem Stammverein von der Kreisliga B bis in die Landesliga aufgestiegen war, darf sich nun über seinen ersten Aufstieg als verantwortlicher (Spieler-)Trainer freuen. „Der Verein, die Verantwortlichen, alle im Verein haben so lange auf diesen Tag gewartet, so viel investiert, seit 20 Jahren haben sie alles in den Verein eingebracht“, sagt Steffen Maurer. „Wir haben alle immer daran geglaubt, dass es klappen kann.“Und so sagt Maurer: „Es war natürlich eine knappe Kiste. Aber ich denke wir hatten am Ende den größeren Willen und den Glauben an uns und im Vergleich mit dem SV Betzenweiler vielleicht auch den breiteren Kader.“
Dabei sah es lange nicht so aus, als könne es Ertingen/Binzwangen packen. Die meiste Zeit führte der SV Betzenweiler die Liga an. Hätten alle Spiele zum vorgesehenen Zeitpunkt stattgefunden und hätte die Tabelle kein schiefes Bild aufgrund der Nachholspiele ergeben, hätte an 26 von 27 Wochenenden der Tabellenführer Betzenweiler geheißen. Aber an den letzten drei Spieltagen übernahmen Maurer, Jäggle und Co. das Kommando. „Wir waren ja nie enteilt, Betzenweiler hatte mehrfach einen Vorsprung von sieben und vier Zählern. Aber wir haben zweimal gegen Betzenweiler gewonnen (2:0, 2:1). Doch erst nach dem 0:0 Betzenweilers gegen Griesingen haben wir gewusst: Jetzt kann es reichen. Wir haben es in der eigenen Hand. Und die Chance haben wir genutzt.“
So richtig herausheben möchte Steffen Maurer keinen Spieler. „Nach jedem Spiel haben wir einen Mannschaftskreis gebildet und ich wollte jeweils einen Spieler des Spiels küren. Aber nach vielen Spielen habe ich gesagt: ,Jungs, heute kann und will ich keinen Spieler herausstellen’, veranschaulicht er eine Stärke der SGM, den Teamgedanken.
Natürlich ragte für Außenstehende ein Spieler besonders heraus. Lukas Reiter erzielte in den 30 Saisonspielen 38 Tore - und das obwohl der Kapitän gar kein gelernter Stürmer ist, zu Beginn von Maurers Amtszeit in der Abwehr einen festen Platz hatte. „Hinzu kam, dass Johannes Jäggle verletzt war. Man hat aber bei vielen Übungen gesehen, dass Lukas außerordentliche Fähigkeiten im Abschluss hat“, erklärt Maurer zu seinem Kapitän. Auch deshalb rückte der 24-Jährige in der Aufstellung immer weiter nach vorne. „Lukas kann ganz vorne spielen, aber auch auf der Zehn.“Eine Charaktereigenschaft Reiters ist für Maurer zentral: „Lukas will alles wissen, ist gierig darauf zu lernen, fragt zum Beispiel: ,Trainer, wie kann ich eine bestimmte Situationen noch besser lösen.“
Einen seiner Spieler hebt Maurer dann aber doch heraus. „Christian Jäggle ist jetzt 40 Jahre alt und spielt noch immer für die erste Mannschaft. Das ist super. Er hat schon so viel erlebt, unter anderem als junger Spieler die Bezirksliga.“Und so absolvierte der Routinier auch in dieser Saison 29 Einsätze, erzielte vier Tore - umringt von vielen Spielern, die gerade mal 25 und (weit) jünger sind. Maurer selbst will den Titel mit der
SG Ertingen/Binzwangen nicht mit seinen Titeln, die er mit dem SV Uttenweiler holte, vergleichen. „Wir hatten die Zielsetzung unter die besten zwei zu kommen. Der Druck war schon zu spüren, auch weil ich nun quasi der sportlich Verantwortliche war. Das hat noch einmal eine Qualität“, räumt Maurer, der in den kommenden Tagen dem SV Uttenweiler II in der Relegation auch live vor Ort die Daumen drückt, aber ein.
Jetzt machen die Aufstiegshelden erst mal vier Wochen Pause. „Wir starten am 8. Juli. Dann haben wir noch sechs Wochen Vorbereitung. Das müsste reichen.“Der Fahrplan steht fast schon komplett. „Manches konnte ich noch nicht genau planen, da ja die Klasse noch unklar war. Noch fehlen mir ein, zwei Vorbereitungsspiele, gerne gegen Bezirksliga oder Vergleichbares“, sagt Maurer, der am Freitag seinen 34. Geburtstag feiert und auch im kommenden Jahr als Spieler zur Verfügung steht. „In der kommenden Saison wollen wir den Klassenerhalt. Darum wollen wir kämpfen. Das ist unser Ziel.“
Und vielleicht wird die nächste Generation ja mit der Maxime groß: „SGM Ertingen/Binzwangen - Bezirksliga. Was sonst?“
Die SGM Ertingen/Binzwangen feiert weiter. Am kommenden Wochenende, Fr., 17. bis So., 19. Juni, beim Sportwochenende auf dem Gelände des TSV Ertingen. Mit Elfmeterschießen (Fr., 18 Uhr: Kids; 18.30 Uhr: Erwachsene, Team: 5 Schützen; Anmeldeschluss 18 Uhr), Jugendspieltag (Sa.) und Kleinfeldturnier (So., 10 Uhr; Entenrennen: 14 Uhr). Mehr: ●»