Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Werkeln mit Gips und mit Worten
Das Literaturnetzwerk Oberschwaben auf Sommertour im Alten Schlachthof
SIGMARINGEN (gl) - Literatur und Handwerk geben sich am Donnerstag, 23. Juni, ein besonderes Stelldichein. Unter dem Titel „Werkeln mit Gips und mit Worten“gibt es im Freiluftatelier des Alten Schlachthofs eine Gastveranstaltung.
Eingeladen zum Mit-Tun sind alle Interessierten, wenn morgens um 10 Uhr Heide Nonnenmacher ihre Stuckwerkstatt eröffnet und am Nachmittag um 15 Uhr Kai Weyand zur Lesung auftritt. Auf seiner JuniTour 2022 ermöglicht das Literaturnetzwerk Oberschwaben in Zusammenarbeit mit örtlichen Partnern die spontane Begegnung mit künstlerischem Schaffen und preisgekrönter Literatur. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Die Veranstaltung findet „umsonst und draußen“nur bei gutem Wetter statt.
Speziell für teilnehmende Kinder sind in der Stuckwerkstatt ab 10 Uhr selbst zu gestaltende Bilderreliefs vorbereitet. Als Dekorationshilfe dienen Schleichtiere, die mitgebracht werden sollen, ferner können Blätter, Samenstände und ähnliches verarbeitet werden. Bitte jeweils ein Messer, Tuch und Pinsel mitbringen. Jugendliche und Erwachsene sind eingeladen, sich an der Herstellung von Stuckmarmor zu versuchen. Am Ende stehen Kunstwerke, die mit dem eigenen Selfie versehen, die Handwerkerkompetenz der Barockzeit mit dem Lifestyle von heute verbinden. Die Teilnehmerzahl ist auf knapp 20 Plätze beschränkt; Anmeldungen per E-Mail an stuck@buero-regionalkultur.de.
Um 15 Uhr eröffnet Kai Weyand seine Wortwerkstatt im Innenhof des Alten Schlachthofs. Kai Weyand, Jahrgang 1968, absolvierte ein Studium an der Pädagogischen Hochschule Freiburg. Er arbeitete als Lehrer im Strafvollzug, ist Mitarbeiter einer Sozietät und lebt seit 2005 als freier Schriftsteller bei Freiburg. 2004 erhielt er den ersten Preis beim Wettbewerb „Irseer Pegasus“. 2006 nahm er beim Ingeborg-BachmannPreis in Klagenfurt teil. Sein 2015 erschienener Roman „Applaus für Bronikowski“kam auf die Longlist für den Deutschen Buchpreis 2015. 2020 erhielt er den Thaddäus-TrollPreis für seinen Roman „Die Entdeckung der Fliehkraft“, den er im Alten Schlachthof vorstellt: Von außen betrachtet ist Karls Leben völlig in Ordnung, aber trotzdem hat er das Gefühl, dass alles ins Wanken gerät: Die Nähe zu seiner Frau und seinem Sohn schwindet immer mehr, ihre Gespräche laufen ins Leere, und auch die Beziehung zu seinem pflegebedürftigen Vater ist kompliziert. Zum Nachdenken über sein Leben bringen ihn nicht nur seine Schüler im Gefängnis, sondern auch Homer, ein ganz besonderer Junge, den er täglich auf seinem Weg zur Arbeit trifft. Und dann ist da Karoline, die er gar nicht wirklich kennt, an die er aber immer öfter denken muss. Aus einer spontanen Laune heraus schreibt er ihr und ist von ihrem intensiven Austausch über Schuld, Verantwortung, die Liebe und das Leben selbst überrascht. Mit wenigen Worten zeichnet Kai Weyand in seinem neuen Roman eigenwillige Figuren und beweist dabei viel Sinn für Komisches und Skurriles. Er erzählt von Freundschaft, Beziehungen und der Kraft, mit der Gedanken und Entscheidungen auf das eigene Leben wirken.