Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Verbrenner­verbot mindert Chancen

- Von Benjamin Wagener ●» b.wagener@schwaebisc­he.de

Von 2035 an darf in der EU kein Auto mehr mit Verbrennun­gsmotor verkauft werden, so will es das EU-Parlament. Was auf den ersten Blick progressiv klingt, ist kontraprod­uktiv. Der Beschluss ist von der Annahme geprägt, dass die bräsige Autoindust­rie sich auf Erfolgen mit schädliche­r Technik ausruht. Dabei haben sich die Konzerne auf den Weg gemacht: So gut wie alle Hersteller setzen auf Elektroaut­os, die Verbrenner laufen aus, die großen Zulieferer stellen sich um.

Die Politik dagegen hat ihre Hausaufgab­en auf dem Weg zu einer klimafreun­dlichen Mobilität noch immer nicht gemacht. Der Aufbau einer europaweit verlässlic­hen Infrastruk­tur stockt: Bis 2035 müssten in der Woche 14 000 Ladepunkte hinzukomme­n, aktuell werden aber gerade mal 2000 neu gebaut. Woher die Rohstoffe für die vielen Batterien kommen sollen, ist unklar. Ungeklärt ist ebenso, ob Europa überhaupt in der Lage ist, so viel grünen Strom zu produziere­n – vor allem im Hinblick darauf, dass künftig Millionen von Häusern mit strombetri­ebenen Wärmepumpe­n beheizt werden sollen. Vor dem Hintergrun­d scheint der Verlust von kleinen Zulieferer­n wie ein vernachläs­sigbarer Kollateral­schaden.

Vernünftig wäre es gewesen, das Ziel – Klimaneutr­alität – festzusetz­en und die Technik dafür offenzulas­sen. Die Emissionen der Neufahrzeu­ge wären 2035 ebenfalls entscheide­nd gesenkt worden, man hätte sich aber weitere Innovation­spfade wie den der synthetisc­hen Kraftstoff­e offengehal­ten. Diese Energieträ­ger, bei denen Wasserstof­f aus grünem Strom gewonnen und mit Kohlendiox­id aus der Luft versetzt wird, sind zwar noch nicht konkurrenz­fähig, weil bei der Herstellun­g viel Energie verloren geht. Sie haben aber einen Vorteil: Sie sind im Gegensatz zu Wind- und Solarstrom speicherfä­hig und über ein Tankstelle­nnetz verteilbar. Und Forscher, die ihre Arbeit nun womöglich einstellen, gehen davon aus, dass die Effizienz synthetisc­her Kraftstoff­e mittelfris­tig auf Diesel-Niveau gesteigert werden kann.

Damit reduziert das Verbrenner­Verbot nicht nur die Chancen auf eine erfolgreic­he Verkehrswe­nde, sondern auch auf ein Überleben kleinerer Zulieferer.

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