Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Die grüne Polit-Demenz
Es ist jetzt ein gutes Jahr her, dass Robert Habeck davon träumen konnte, Kanzler zu werden. Das waren gute Nachrichten für Julian Assange im englischen Hochsicherheitsgefängnis, denn Habeck sagte damals im Interview, dass er sich auf jeden Fall für die Freilassung des Enthüllungsjournalisten einsetzen würde, was auch offizielle grüne Politik war. Im September 2021, kurz bevor sie Außenministerin wurde, forderte dann auch Annalena Baerbock die „sofortige Freilassung“von Julian Assange. Man war sich einig, dass es schon recht merkwürdig ist, wenn ein Australier, der in Schweden – sagen wir mal freundlich – Fehlleistungen der US-Armee enthüllte, im britischen Auslieferungsgewahrsam schmoren muss, um am Ende in den USA womöglich zu 175 Jahren Gefängnis verurteilt zu werden.
Diese Aussicht ist nun für Assange bedrohlich näher gerückt. Und die Grünen? Die reden gerne darüber, dass sie russischen Regimekritikern die Einreise nach Deutschland erleichtern. Und sie erinnern – zu Recht! – immer wieder an den in Russland inhaftierten Alexej Nawalny. Aber wer war doch gleich wieder dieser Julian Assange?
●» Die ab 2010 veröffentlichten Papiere enthielten brisante Informationen über die US-Einsätze in diesen Ländern, unter anderem über die Tötung von Zivilisten und die Misshandlung von Gefangenen.
Assange sitzt seit mehr als drei Jahren im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh bei London. Der Australier war im April 2019 in Großbritannien festgenommen worden, nachdem er sich zuvor sieben Jahre lang in der ecuadorianischen Botschaft in London einem Zugriff entzogen hatte. Der 50-Jährige und seine Unterstützer kritisieren die Verfahren gegen ihn als politisch motiviert.