Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Lauterbach setzt auf Vorsicht
Im Herbst könnten neue Corona-Regeln folgen – WTO setzt Impfpatente aus
BERLIN (AFP) - Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will mit einem Bündel von Maßnahmen die neue Corona-Welle eindämmen: Er kündigte am Freitag in Berlin eine neues Testkonzept sowie eine Impfkampagne für den Herbst an. Er strebt zudem an, noch vor der Sommerpause Eckpunkte für ein künftiges Infektionsschutzgesetz vorzulegen.
„Ziel ist ganz klar, dass wir besser in den Herbst hineingehen wollen, als wir das im letzten Jahr konnten und auch im Jahr davor“, sage Lauterbach. Er erwarte, dass es ab September die von den Herstellern angepassten Corona-Impfstoffe geben werde. Dann könne jedem der für ihn beste Impfstoff angeboten werden. Es gehe vor allem darum, „die vorhandenen Impflücken zu schließen“.
Nach Lauterbachs Angaben laufen derzeit die Verhandlungen für die weitere Finanzierung der Bürgertests.
Das Konzept solle in den nächsten Tagen vorgestellt werden. Die kostenlosen Bürgertests für alle laufen Ende Juni aus.
Trotz steigender Infektionszahlen sieht Lauterbach derzeit keinen Grund zur „Panik“. Sehr viele Bürger seien bereits geimpft, zudem verlaufe eine Erkrankung bei der OmikronVariante meistens harmloser. Auch sei ein großer Teil der Bevölkerung genesen.
Der neue Virustyp BA.5 ist offenbar die vorherrschende Variante bei den Corona-Infektionen in Deutschland. Anfang Juni habe der Anteil noch bei 24 Prozent gelegen, sagte der Vizepräsident des Robert-KochInstituts, Lars Schaade. „Inzwischen ist er wahrscheinlich schon die dominierende Sublinie.“Die Sieben-Tage-Inzidenz ist nach deutlichen Anstiegen am Freitag zwar leicht gesunken, und zwar auf 427,8. Dies ist laut Schaade aber auf den Feiertag am Donnerstag in mehreren Bundesländern zurückzuführen.
Zum künftigen Infektionsschutzgesetz sagte Lauterbach, er sei derzeit mit Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) im „intensiven Gespräch“Die bisherige Regelung läuft zum 23. September aus.
Einem Bericht der „Welt am Sonntag“zufolge wird innerhalb der Ampel-Koalition eine sogenannte „O-bis-O“-Regel für die Maskenpflicht erwogen – sie ist eigentlich bekannt von der Nutzung von Winterreifen von Oktober bis Ostern. Lauterbach sagte dazu: „Es ist klar, dass wir mehr brauchen, als wir an Sommerreifen aufgezogen haben.“
Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki, äußerte sich auf Facebook kritisch zu den Vorhaben: „Es entzieht sich meiner Kenntnis, mit wem dieser ,Plan’ abgesprochen worden sein soll. Mit mir hat jedenfalls in dieser Sache niemand gesprochen. Wer meint, ein Kalender sei ein vernünftiger Gradmesser für eine wissenschaftsbasierte Corona-Politik, der hat sich von einer vernunftbasierten Auseinandersetzung verabschiedet.“
Mit solchen Erklärungen werde überdies die Arbeit des Evaluationsgremiums, das am 30. Juni einen Bericht zur Wirksamkeit von Auflagen vorlegen will, untergraben. Kubicki schrieb weiter, er werde „nur politischen Maßnahmen zustimmen, die evidenzbasiert sind“.
In der Koalition besteht derzeit Uneinigkeit darüber, wann über eine Verlängerung des Infektionsschutzgesetzes entschieden werden soll. Die FDP lehnt bislang Forderungen der Grünen ab, bereits vor der Sommerpause eine Nachfolgeregelung für das Infektionsschutzgesetz im Bundestag zu beraten. Der Deutsche Städtetag rief die Ampel-Koalition auf, das Infektionsschutzgesetz noch vor der Sommerpause zu ändern. „Wir brauchen schnelle Entscheidungen“, sagte Städtetagspräsident Markus Lewe der Funke Mediengruppe.
In Genf haben die 164 Mitglieder der Welthandelsorganisation WTO für eine vorübergehende Aussetzung der Patente auf Covid-19-Impfstoffe gestimmt. Mit der Aussetzung der geistigen Eigentumsrechte sollen Unternehmen in armen Ländern in die Lage versetzt werden, Impfstoffe gegen Covid-19 zu produzieren. Die Unternehmen können somit die Verfahren nutzen, die etablierte Impfstoffproduzenten anwenden.