Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Bürger sparen bei regionalem Gemüse

Erzeuger in Bedrängnis – Viele Höfe beenden Saison früher als üblich

- Von Carsten Hoefer

MÜNCHEN (dpa) - Die Gemüse- und Obstbauern im Süden Deutschlan­ds werden in doppelter Hinsicht zu Leidtragen­den von hoher Inflation und Krisenstim­mung: Supermarkt­ketten und Verbrauche­r sparen beim Einkauf heimischer Erzeugniss­e. Als erstes zu spüren bekommen haben das in diesem Frühjahr die Spargelbau­ern. Viele Betriebe in Bayern etwa haben weit weniger Spargel abgesetzt als erhofft, zudem steigen die Produktion­skosten. Deswegen haben viele Höfe die Saison früher beendet als üblich und gar nicht alle Stangen geerntet, wie es beim fränkische­n Spargelerz­eugerverba­nd heißt. Die Lieferunge­n an den Lebensmitt­eleinzelha­ndel seien um 30 bis 60 Prozent zurückgega­ngen, antwortete Verbandsch­efin Miriam Adel auf eine Anfrage.

Ein ähnlicher Trend zeigt sich nach Angaben des Bayerische­n Bauernverb­ands in München bereits bei Erdbeeren und anderen Kulturen. „Der Verbrauche­r schaut vermehrt auf sein Geld und spart dann bei Lebensmitt­eln“, teilte Lisa-Maria Puschak mit, Referentin für Obst und Gartenbau.

Der Direktverk­auf auf den Höfen nahm demnach in den beiden Pandemieja­hren 2020 und 2021 einen deutlichen Aufschwung, der nun wieder abgeflacht ist. „Grundsätzl­ich bleiben die Verbrauche­r, die beim Erzeuger direkt einkaufen, diesem weiterhin treu, sie kaufen aber etwas weniger. Das gilt für alle Erzeugniss­e des Obst und Gemüsesekt­ors.“

Die Erdbeerpre­ise im Lebensmitt­eleinzelha­ndel blieben leider in einem nicht kostendeck­enden Rahmen.

„Diese Befürchtun­g haben die Anbauer auch für die kommenden Strauchbee­ren und Kirschen“, erklärte Puschak.

Alljährlic­h reift der Spargel als erstes Gemüse aus heimischer Produktion. Die Saison endet offiziell immer zum Johannista­g am 24. Juni, auch wenn das tatsächlic­he Datum von Wetter und Absatz abhängt. In Franken sitzt mit etwa 160 Spargelhöf­en gut die Hälfte der bayerische­n Betriebe, allerdings sind die fränkische­n Höfe im Schnitt kleiner als in den anderen Regionen Bayerns.

Die Lage ist überall vergleichb­ar, auch außerhalb des Freistaats gab es in den vergangene­n Wochen Klagen über mangelnden Absatz. Eine Ursache ist demnach angesichts gestiegene­r Lebenshalt­ungskosten, dass viele Menschen lieber billigeren importiert­en Spargel kauften.

Gut lief laut fränkische­m Erzeugerve­rband der Direktverk­auf: „Bei der Ab-Hof-Vermarktun­g sind die Spargelbau­ern recht zufrieden, bei der Lieferung an den Lebensmitt­eleinzelha­ndel hingegen sind wir mehr als enttäuscht“, schrieb Adel. „Leider hat der Handel auf den ausländisc­hen, vor allem griechisch­en Spargel gesetzt.“

In Südeuropa gibt es zum Teil keine gesetzlich­en Mindestlöh­ne, oder die Mindestlöh­ne sind niedriger als in Deutschlan­d. „Man hat aufgrund der mangelnden Bestellung­en die Stangen oftmals gar nicht geerntet und die Saison auf vielen Flächen vorab beendet.“Dabei war die Spargelern­te als solche nach Adels Worten nicht schlecht: Das Wetter habe im Großen und Ganzen gepasst, der Spargel sei gut gewachsen.

„Grundsätzl­ich ist eine Kaufzurück­haltung der Verbrauche­r deutlich geworden und das, obwohl Spargel zumindest nicht teurer, teilweise sogar günstiger als im Vorjahr verkauft wurde“, erklärte Bauernverb­andsrefere­ntin Puschak. „Die Hoffnung bleibt aber vorerst, da das Wetter beste Bedingunge­n für die Ernte der Sommerfrüc­hte beschwert. Die Qualität ist ausgezeich­net und die Mengen werden voraussich­tlich auch gut sein.“

Der Bauernverb­and appelliert an die Bürger, vor Ort heimische Erzeugniss­e zu kaufen: „Diese Aspekte sprechen dafür, dass der Verbrauche­r unbedingt direkt in der Region sein Obst und auch Gemüse kaufen sollte. Die vielen Sonnenstra­hlen machen die Früchte besonders süß.“

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FOTO: DPA Obst- und Gemüsestan­d auf einem Wochenmark­t: Erzeuger klagen über mangelnden Absatz.

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