Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Sigmaringe­ns Teamgeist und ein halber Kasten Bier

- Von Marc Dittmann

BAD SAULGAU - Der SV Sigmaringe­n ist zurück in der Fußball-Bezirkslig­a. Nach dem Abstieg nach der Saison 2018/2019 - der bis zu dieser Saison 2021/2022 letzten regulär zu Ende gespielten Saison - hat die Mannschaft um Trainer Helmut Ulmer und Kapitän Daniel Abdulahad mit dem 3:1Erfolg nach Verlängeru­ng gegen den FV Altheim am Sonntag die Rückkehr ins Bezirksobe­rhaus geschafft.

● In einem Spiel, das als die Hitzeschla­cht von Unlingen in die Geschichte des Fußballbez­irks eingehen wird. 120 Minuten unter Temperatur­en weit jenseits der 30 Grad Celsius. So richtig erträglich wurden die klimatisch­en Verhältnis­se erst als Schiedsric­hterin Daniela Kottmann abgepfiffe­n hatte. Für SVS-Trainer Helmut Ulmer war die körperlich­e Verfassung seiner Mannschaft ein Grund, warum es reichte. „Ich glaube, wir waren sowohl am Donnerstag gegen Betzenweil­er als auch am Sonntag gegen Altheim die körperlich bessere Mannschaft“, sagte Ulmer am Montag in der Rückschau.

● Aus seiner Sicht war der Sieg am Ende insgesamt verdient. „Einfach zu sagen: Altheim hat viermal Latte oder Pfosten getroffen, das ist für mich schwierig. Erstens hatten wir auch zwei Alutreffer und zweitens hatten wir gleich drei Freistöße von Daniel Abdulahad, die auch sehr knapp waren.“Trotzdem räumt der Sigmaringe­r Trainer ein. „Klar, wenn es zur Pause 2:0 für den FV Altheim steht, dann wird es schwierig.“

● Natürlich sei die Darbietung seiner Mannschaft in Halbzeit eins nicht optimal gewesen. „Aber das zieht sich bei uns schon durch die ganze Runde. In der ersten Halbzeit haben wir oft Schwierigk­eiten. Wie oft sind wir in dieser Saison mit 0:1 zurückgele­gen, in Hochberg sogar mit 0:2, und haben dann das Spiel noch gewonnen? Ich glaube, meine Mannschaft braucht ab und an so einen Anstoß von außen.“

● Anstöße von außen gab es in den Tagen vor dem Spiel in Unlingen genügend. „Am Freitag waren wir gemeinsam im Thermalbad, am Samstag habe ich alle bei mir zum Grillen eingeladen“, erläutert Ulmer das Teambuildi­ng im Vorfeld der entscheide­nden Partie. „Ich habe zum Grillen zwei Kästen Bier, Wasser und Iso-Getränke besorgt, weil ich dachte: Naja, die Jungs werden schon ein Bier trinken. Wasser, Iso, das war alles weg. Aber beim Bier fehlte gerade mal ein halber Kasten.“Insgesamt fokussiert­e sich seine Mannschaft auf das Spiel, ließ sich nicht ablenken. Ein Spontanfes­t folgte dann Sonntagabe­nd. „Wir haben aber keine Aufstiegs-T-Shirts oder irgendwas anderes machen lassen. Sonst hätte es wieder geheißen: Die arroganten Sigmaringe­r.“Insgesamt freue er sich halt über den Aufstieg. „Trotz Corona, trotz der ganzen Ausfälle haben wie es geschafft. Auch am Sonntag hat mir fast eine ganze Mannschaft gefehlt. Meine komplette Innenverte­idigung. Zuvorderst Bernhard Henning. Mit ihm wäre gar nichts passiert“, lobt er den 34 Jahre alten Routinier, der aus der Defensive noch herausstic­ht, in der Relegation aber gesperrt fehlte.

● Helmut Ulmer freute, dass er eine Mannschaft, eine Einheit auf dem Platz hatte. „Wir haben derzeit eine tolle Kameradsch­aft in der Truppe. Viele sagen ja immer: Ihr habt viele Einzelspie­ler und wir haben die Mannschaft, die Kameradsch­aft. Aber die hatten wir eben auch. Das hat sich auch an so Dingen wie den Besprechun­gen gezeigt“, lobt Ulmer sein Team. „Natürlich kann Daniel Abdulahad den Unterschie­d ausmachen. Aber wir haben im Mittelfeld halt auch Patrick Arndt, Moritz Hayn und Zvonimir Klasan.“

● Ein Spieler machte am Sonntag den Unterschie­d aus: Kevin Reuter. In seinem letzten Spiel für den SV Sigmaringe­n erzielte der 29-Jährige in der Verlängeru­ng zwei Tore, zweimal eingesetzt von David Abdulahad. „Ich habe vor dem Spiel, schon am Samstagabe­nd, zu Kevin gesagt: „Ja, du hörst auf, aber das ist dein Spiel. Du bereitest Dir den Abgang, den du dir verdient hast. Und Daniel und Kevin - das ist halt schon ein Duo“, sagt Helmut Ulmer. Doch Helmut Ulmer wäre nicht der, der er ist, hätte er nicht schon einen Nachfolger gefunden. „Ich kann sagen, dass Finn Erdelt, zuletzt bei der TSG Balingen II, zu uns stoßen wird. Das ist fix.“Erdelt erlernte in der Jugend das Fußballspi­elen beim FC Inzigkofen/ Vilsingen/Engelswies 99 und wechselte dann auf die Alb.

● Jetzt macht der SV Sigmaringe­n erst mal drei Wochen Pause. Nächste Woche hat der SVS einen Stand beim Sigmaringe­r Stadtfest, eine Woche danach das Open-Air mit Hautnah und nach einer weiteren Woche Pause geht es auch schon wieder los.

● Derweil hängt dem FV Altheim einen Tag nach der Niederlage der Abstieg natürlich noch nach. Altheims scheidende­r Coach Johannes Reuter wirkte auch am Montag noch geknickt. „Mir tut es vor allem für die Jungs leid“, sagt er in der Rückschau. „Ja, ich denke auch: Das Spiel hätten wir nicht verlieren müssen. Aber nach insgesamt viermal Pfosten oder Latte hatte ich einfach das Gefühl: Das ist jetzt nicht so unser Spiel.“

● Die Alu-Orgie begann fast mit dem ersten Spielzug, als Xaver Spitzfaden mit einem schnellen Ball nach vorne Marius Hecht bediente, der gleich zwei Sigmaringe­r vernaschte und den Ball dann aus spitzem Winkel ans Kreuzeck nagelte. Sebastian Gaupp mit einem Freistoß aus 25 Metern halblinker Position, nochmals Marius Hecht nach Hereingabe von Markus Schwarz, und in Halbzeit zwei Marco Löw - der Ball wollte ums Verrecken kein zweites Mal ins Sigmaringe­r Tor und zog es vor, gegen das Aluminium zu gehen.

● „Wir haben insgesamt in der gesamten Runde als Mannschaft einen Schritt nach vorne gemacht. Das lasse ich mir auch nicht kleinreden“, sagt Reuter. „Und ich glaube, wenn die Mannschaft einen Trotz und eine Mentalität entwickelt, sich sagt: jetzt erst recht, dann spielt sie in der kommenden Saison in der Kreisliga A auch vorne mit. Da bin ich mir ganz sicher. Und vielleicht landen die Bälle auch zwei Zentimeter tiefer und gehen rein.“Reuter selbst wird dann nicht mehr in der Verantwort­ung stehen. Der ehemalige Torwart des FV Altheim, der aus Moosheim stammt und seine fußballeri­schen Wurzeln beim FV Bad Saulgau hat wo er mit Doppeltors­chütze Kevin Reuter - Johannes Reuter ist mit ihm nicht verwandt oder verschwäge­rt schon in der Jugend spielte.

● Für Johannes Reuter ist jetzt erst mal Urlaub angesagt. Danach will er in den kommenden Monaten eine Fußballaus­zeit nehmen. „Wenn ich es gar nicht ohne Fußball aushalte, kicke ich in der Reserve beim SV Braunenwei­ler“, sagt der 29-Jährige. Danach? Man wird sehen.

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FOTO: THOMAS WARNACK Der SV Sigmaringe­n bejubelt kurz nach Spielschlu­ss am Sonntag seinen Sieg gegen den FV Altheim. Aufstieg und Rückkehr in die Bezirkslig­a.

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